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Liebestrank in Adinas BarVon Thomas Molke / Fotos von Paula Malone-Carty
Belcore (Ian Beadle) macht der schönen Adina (Jennifer Davis) den Hof. Aus heutiger Sicht ist es kaum vorstellbar, dass das Werk über 30 Jahre vor Richard Wagners Tristan und Isolde entstand, da sich die Geschichte um den Trank, den sich der naive Nemorino von dem Quacksalber Dulcamara mit dem Versprechen aufschwatzen lässt, durch den Genuss dieses Trankes für die angebetete Adina absolut begehrenswert und unwiderstehlich zu werden, nahezu wie eine Parodie auf den fatalen Liebestrank in Wagners Musikdrama liest. Doch auch vor Richard Wagners großem Musikdrama erfreute sich der Tristan-Stoff, dessen Urfassung in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstanden war, mit der schicksalhaften Liebe, die der Trank auslöst und Tristan seine Vasallentreue und Isolde ihre Ehe vergessen lässt, einer so großen Beliebtheit, dass Donizettis Zeitgenossen die Ironie vollkommen bewusst gewesen sein dürfte. Dass es somit bei Donizetti letztendlich auch nicht der Trank ist, der Nemorino und Adina zusammenführt, sondern die aufopfernde Liebe Nemorinos, die Adina schlussendlich dann doch noch zu schätzen weiß, macht deutlich, dass man in dieser Oper bereits durchaus in der Realität angekommen ist, wobei die Komik am Ende gerade darin besteht, dass sich Dulcamara scheinbar nun zurecht als Wunderheiler feiern lässt. Roberto Recchia konzentriert seine auf nahezu 90 Minuten verkürzte Fassung des Stücks auf die fünf Hauptcharaktere Nemorino, Adina, Belcore, Dulcamara, Gianetta und vier weitere Solisten, die als Sopran, Mezzo, Tenor und Bariton Ensemble die Funktion des Chors übernehmen. Dabei führt Adina in Recchias Inszenierung kein Landgut, sondern ist Besitzerin einer kleinen Bar, in der die jungen Leute des Dorfes zusammenkommen, um ihre Freizeit zu verbringen. Gleich zu Beginn gibt es einen Karaoke-Abend, bei dem Gianetta gemeinsam mit dem Chor die Eröffnungsnummer der Oper anstimmt. Nemorino ist in dieser Bar als Kellner tätig, wobei seine Bewunderung für die schöne Barbesitzerin niemandem entgehen kann. Belcore tritt hier als Sergeant auf, der scheinbar auf die Einhaltung der Sperrstunde zu achten hat, und präsentiert sich dabei als selbstverliebter Geck mit Macho-Allüren. Die Bar ist dabei von der Bühnenbildnerin Sarah Bacon mit großer Detailverliebtheit ausgestattet worden. Nemorino (Patrick Hyland, links) sucht Hilfe bei dem Wunderheiler Dulcamara (Tom Faulkner, rechts). Bei dem ersten Auftritt Dulcamaras beweist Recchia eine gewisse Vorliebe für Video-Projektionen, die bereits bei seiner Inszenierung der Zauberflöte im letzten Jahr am gleichen Ort einen wichtigen Bestandteil darstellten. Dabei nutzt er diese Projektionen allerdings nicht zum Selbstzweck, sondern setzt sie zielgerichtet und bezogen auf die jeweilige Szene ein. So ist es in der heutigen multimedialen Zeit absolut glaubhaft, dass ein Quacksalber wie Dulcamara die Wirksamkeit seiner diversen Heilmittel mit einer Flut von Bildern anpreist. Den leicht respektlosen Umgang mit Politikern wie Angela Merkel, die er einmal vor der Einnahme eines Verjüngungsmittels und einmal danach darstellt, verzeiht man Recchia bei diesem Gag-Feuerwerk während Dulcamaras Auftrittsarie "Udite, udite, o rustici" mit Blick auf die zahlreichen komischen Einfälle gerne. Im weiteren Verlauf setzt er nur noch ein einziges Mal auf eine Videoeinspielung, dieses Mal allerdings wesentlich dezenter. Über der Bar läuft die ganze Zeit ein Fernseher, dem eigentlich keinerlei Bedeutung zukommt. Erst wenn die Frauen im zweiten Akt die Nachricht verbreiten, dass Nemorino nun durch eine Erbschaft zu Geld gekommen sei, was allerdings auf keinen Fall weitererzählt werden soll, bekommt diese Nachricht, wenn sie anschließend auf dem Bildschirm eingeblendet wird, eine ganz neue Dimension. Wirkung des Liebestrankes? Nemorino (Patrick Hyland) wird von den Frauen (Hannah Sawle, Samantha Hay und Emma Watkinson) begehrt. Neben den in jeder Hinsicht gelungenen Regie-Einfällen begeistert die Inszenierung durch die große Spielfreude des Ensembles, das auch stimmlich überzeugen kann. Samantha Hay, Emma Watkinson, Raffaele d'Ascanio und Jamie Rock stellen, unterstützt von Hannah Sawle als Gianetta, als Barbesucher einen adäquaten Chor dar, der stimmlich sehr gut an Richard Barkers Begleitung am Piano angepasst ist. Hay, Watkinson und Sawle erhalten darüber hinaus die Möglichkeit, zu Beginn des zweiten Aktes ihr komisches Talent zu präsentieren, wenn sie Nemorino aufgrund seiner kürzlich erworbenen Erbschaft umgarnen. Thomas Faulkner gibt den Dulcamara mit solidem Bariton, dem in den Tiefen noch ein wenig die für eine Buffo-Partie erforderliche Beweglichkeit fehlt, und großartigem Spiel. Wie er Flaschen aus Adinas Bar entwendet, um sie mit seinem eigenen Label zu versehen, beweist, mit welchen Tricks dieser vermeintliche Wunderheiler arbeitet. Ian Beadle stattet den Belcore mit profunden Tiefen als Testosteron gesteuerten Macho aus und begeistert ebenfalls mit komödiantischem Spiel. Jennifer Davis präsentiert die Adina mit höhensicherem Sopran und wunderbarem Charme. Man kann gut nachvollziehen, dass sich Nemorino nach ihr verzehrt. Patrick Hyland glänzt als Nemorino mit klarem Tenor, der auch in den Höhen punkten kann, und erfüllt auch bei der berühmten Arie "Una furtiva lagrima" alle Erwartungen. So gibt es für alle Beteiligten am Ende der Vorstellung großen Beifall.
FAZIT Roberto Recchia hat erneut bewiesen, wie man ein beliebtes Repertoire-Stück auf ein "Short Work" konzentrieren kann, ohne dabei das Gefühl zu haben, vom eigentlichen Werk viel zu verpassen.
Weitere Rezensionen zum
Wexford Festival Opera 2013 |
ProduktionsteamMusikalische LeitungRichard Barker Regie Bühne und Kostüme Licht Solisten
Nemorino
Adina
Belcore
Dulcamara
Gianetta Soprano
Ensemble Mezzo Ensemble Tenor Ensemble Bariton Ensemble
|
- Fine -