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Wexford Festival Opera
23.10.2013 - 03.11.2013


La Traviata

Melodramma in drei Akten
Libretto von Francesco Maria Piave nach dem Drama La dame aux camélias von Alexandre Dumas d. J.
Musik von Giuseppe Verdi

In italienischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h 35' (keine Pause)

Premiere im Jerome Hynes Theatre im Wexford Opera House am 24. Oktober 2013



 

 

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Traviata im Spinnennetz

Von Thomas Molke / Fotos von Paula Malone-Carty


Dass man Verdis wohl erfolgreichste Oper der Musikgeschichte auch ohne Pause spielen und auf gut 105 Minuten kürzen kann, hatte man bereits vor zwei Spielzeiten im Essener Aalto Theater gesehen (siehe auch unsere Rezension). Folglich stand auch beim Wexford Festival Opera nichts dem Plan entgegen, im Rahmen der "Short Works" ebenfalls einen Beitrag zum Verdi-Jubiläum zu leisten und das 2010 vom Deutschen Fernsehen zur "beliebtesten Oper aller Zeiten" gekürte Werk in einer Kurzfassung zu präsentieren. Warum man hierbei allerdings nicht wie bei den anderen "Short Works" auf das Auditorium der Presentation Secondary School zurückgegriffen hat, sondern auf das relativ kleine Jerome Hynes Theatre im Wexford Opera House ausgewichen ist, wo sich die enorme Kartennachfrage bei gerade mal 170 Plätzen kaum bewältigen lässt, bleibt unverständlich. Wahrscheinlich hätte man diese Produktion auch im O'Reilly Theatre spielen können und ein ausverkauftes Haus gehabt. So konnte man sich glücklich schätzen, wenn man noch eines der sehr begehrten Tickets für diese Nachmittagsveranstaltung erhalten konnte.

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Violetta (Anna Jeruc-Kopec) im Netz der weißen Bänder

Ob die hohen Erwartungen, die man an diese Aufführung gestellt hat, allerdings befriedigt werden konnten, ist Ansichtssache, zumal gerade Verdis Traviata nicht geeignet erscheint, musikalisch auf eine Begleitung mit Piano reduziert zu werden. Natürlich gibt es zahlreiche Arien in diesem Werk, die bei Konzerten in kleinerem Rahmen auch zur Klavierbegleitung bei entsprechender Begabung der Solisten zu einer musikalischen Sternstunde avancieren können, aber bezogen auf das ganze Stück reicht das Piano nicht für alle Stellen aus. Zu nennen ist hier bereits die Ouvertüre. Das Sirren der Geigen, das direkt zu Beginn eine Gänsehaut zu bescheren vermag, kann Greg Ritchey bei aller Raffinesse in seinem Spiel und besonderer Betonung der Tempi nicht einfangen. So hat man direkt zu Beginn Schwierigkeiten, zumindest musikalisch in das Stück hineinzufinden. Fehlt bei der Ouvertüre der feine Klang der Geigen, so kann im berühmten "Libiamo", das in der "Short Work" - Fassung direkt auf die Ouvertüre folgt, auch die oberflächliche Lebensfreude der Pariser Gesellschaft nicht eingefangen werden, zumal der Chor auf nur vier Sänger reduziert wird.

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Alfredo (Daniel Szeili) scheint, Violetta (Anna Jeruc-Kopec) neuen Lebensmut zu geben. Aber der Käfig bleibt.

Stefania Panighini reduziert das Stück in ihrer Inszenierung auf die drei Hauptfiguren Violetta, Alfredo und Germont und fasst die anderen Partien in vier Solisten zusammen, die jeweils als Sopran, Mezzo, Tenor und Bariton Ensemble aufgeführt werden. Mit den weiß geschminkten Gesichtern bleiben diese vier "Ensembles" allerdings recht konturlos, auch wenn die Rolle von Violettas Dienerin Annina oder einer ihrer zahlreichen Geliebten der Pariser Gesellschaft übernommen werden. Überhaupt ist in Panighinis Inszenierung alles recht farblos in Schwarz und Weiß gehalten, was zum einen durch die Lichtregie von John Crudden, zum anderen durch die Kostüme und die Bühnenelemente von Sarah Hearnden, einem schwarzen Tisch und weißen Bändern, die teilweise zu Blumenblüten geformt sind, zum Ausdruck kommt. Da wirkt Violettas ständiger Einsatz eines roten Lippenstiftes als ein verzweifelter Versuch, dieser gewissermaßen blutlosen Leere zu entfliehen.

Einer besonderen Bedeutung kommen in Panighinis Inszenierung die weißen Bänder zu. Wenn Violetta zu Beginn auf dem Tisch unter einem weißen Tuch auf die Bühne getragen worden ist - soll hier die Geschichte in Retrospektive erzählt werden? -, spannen die vier "Ensembles" die Bänder zwischen Tisch und Bühnenboden zunächst durcheinander, so dass der Eindruck eines Spinnennetzes entsteht. Diese wild durcheinander laufenden Bänder versinnbildlichen allerdings auch Violettas Irritation, die sich von einem Rausch in den nächsten begibt, um einer grausamen und kalten Realität zu entfliehen. Mit Alfredos Auftritt scheint Violetta einen Rettungsanker gefunden zu haben. Er versieht den Tisch mit weißen Blüten und bringt die Bänder in Ordnung, so dass sie nicht mehr kreuz und quer verlaufen. Aber auch dieser Aufbau eines scheinbar geordneten Lebens erweist sich als trügerisch. Die wunderschönen Blüten zerfallen in weitere Bänder, die nur zu einer Blume geformt worden sind, und Violetta hat gewissermaßen nur den Käfig gewechselt und ist von ihrer erstrebten Freiheit immer noch meilenweit entfernt. Diese erreicht sie erst am Ende, wenn die Bänder vom Tisch gelöst werden. Doch nun ist es zu spät. Ihr Lebensfaden ist gerissen und ihr bleibt nur noch der Tod.

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Germont (Jonathan Sells) fordert Violetta (Anna Jeruc-Kopec) auf, seinen Sohn freizugeben.

Während dieser Ansatz szenisch eigentlich sehr gut aufgeht, hat die musikalische Gestaltung Licht- und Schattenseiten. Daniel Szeili ist zumindest zumindest in dieser Vorstellung mit der Partie des Alfredo maßlos überfordert, so dass er seiner Stimme gewiss keinen Gefallen tut, sich jetzt schon an dieser Partie zu versuchen. Seine große Arie "Un di felice, eterea" im ersten Akt wird zu einer regelrechten Zitterpartie, weil er die Höhen nicht sauber erreicht. Jonathan Sells Bariton ist für die Partie des Germont noch ein bisschen zu jung und verfügt noch nicht über die sonore Tiefe, die man sich für Alfredos Vater wünscht. Anna Jeruc-Kopec meistert die Titelpartie mit einem kräftigen und höhensicheren Sopran und geht dabei in einigen Koloraturen durchaus ihre eigenen Wege, die von der gängigen Interpretation abweichen. Ihre großen Arien meistert sie allerdings mit minimalen Abstrichen hervorragend. Rachel Croash, Alexandra Cassidy, Leonel Pinheiro und Ashley Mercer finden sich als "Ensembles" stimmlich und darstellerisch gut in die Inszenierung ein.

FAZIT

Stefania Panighini findet einen interessanten psychologischen Zugang zu dem Stück, der auch mit wenigen Requisiten auf einer kleinen Bühne auskommt. Leider kann die musikalische Umsetzung nicht durchgängig überzeugen.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Greg Ritchey

Regie
Stefania Panighini

Bühne und Kostüme
Sarah Hearnden

Licht
John Crudden


Solisten

Violetta
Anna Jeruc-Kopec

Alfredo
Daniel Szeili

Germont
Jonathan Sells

Soprano Ensemble
Rachel Croash

Mezzo Ensemble
Alexandra Cassidy

Tenor Ensemble
Leonel Pinheiro

Bariton Ensemble
Ashley Mercer

 


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