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Traviata im SpinnennetzVon Thomas Molke / Fotos von Paula Malone-Carty
Violetta (Anna Jeruc-Kopec) im Netz der weißen Bänder Ob die hohen Erwartungen, die man an diese Aufführung gestellt hat, allerdings befriedigt werden konnten, ist Ansichtssache, zumal gerade Verdis Traviata nicht geeignet erscheint, musikalisch auf eine Begleitung mit Piano reduziert zu werden. Natürlich gibt es zahlreiche Arien in diesem Werk, die bei Konzerten in kleinerem Rahmen auch zur Klavierbegleitung bei entsprechender Begabung der Solisten zu einer musikalischen Sternstunde avancieren können, aber bezogen auf das ganze Stück reicht das Piano nicht für alle Stellen aus. Zu nennen ist hier bereits die Ouvertüre. Das Sirren der Geigen, das direkt zu Beginn eine Gänsehaut zu bescheren vermag, kann Greg Ritchey bei aller Raffinesse in seinem Spiel und besonderer Betonung der Tempi nicht einfangen. So hat man direkt zu Beginn Schwierigkeiten, zumindest musikalisch in das Stück hineinzufinden. Fehlt bei der Ouvertüre der feine Klang der Geigen, so kann im berühmten "Libiamo", das in der "Short Work" - Fassung direkt auf die Ouvertüre folgt, auch die oberflächliche Lebensfreude der Pariser Gesellschaft nicht eingefangen werden, zumal der Chor auf nur vier Sänger reduziert wird. Alfredo (Daniel Szeili) scheint, Violetta (Anna Jeruc-Kopec) neuen Lebensmut zu geben. Aber der Käfig bleibt. Stefania Panighini reduziert das Stück in ihrer Inszenierung auf die drei Hauptfiguren Violetta, Alfredo und Germont und fasst die anderen Partien in vier Solisten zusammen, die jeweils als Sopran, Mezzo, Tenor und Bariton Ensemble aufgeführt werden. Mit den weiß geschminkten Gesichtern bleiben diese vier "Ensembles" allerdings recht konturlos, auch wenn die Rolle von Violettas Dienerin Annina oder einer ihrer zahlreichen Geliebten der Pariser Gesellschaft übernommen werden. Überhaupt ist in Panighinis Inszenierung alles recht farblos in Schwarz und Weiß gehalten, was zum einen durch die Lichtregie von John Crudden, zum anderen durch die Kostüme und die Bühnenelemente von Sarah Hearnden, einem schwarzen Tisch und weißen Bändern, die teilweise zu Blumenblüten geformt sind, zum Ausdruck kommt. Da wirkt Violettas ständiger Einsatz eines roten Lippenstiftes als ein verzweifelter Versuch, dieser gewissermaßen blutlosen Leere zu entfliehen. Einer besonderen Bedeutung kommen in Panighinis Inszenierung die weißen Bänder zu. Wenn Violetta zu Beginn auf dem Tisch unter einem weißen Tuch auf die Bühne getragen worden ist - soll hier die Geschichte in Retrospektive erzählt werden? -, spannen die vier "Ensembles" die Bänder zwischen Tisch und Bühnenboden zunächst durcheinander, so dass der Eindruck eines Spinnennetzes entsteht. Diese wild durcheinander laufenden Bänder versinnbildlichen allerdings auch Violettas Irritation, die sich von einem Rausch in den nächsten begibt, um einer grausamen und kalten Realität zu entfliehen. Mit Alfredos Auftritt scheint Violetta einen Rettungsanker gefunden zu haben. Er versieht den Tisch mit weißen Blüten und bringt die Bänder in Ordnung, so dass sie nicht mehr kreuz und quer verlaufen. Aber auch dieser Aufbau eines scheinbar geordneten Lebens erweist sich als trügerisch. Die wunderschönen Blüten zerfallen in weitere Bänder, die nur zu einer Blume geformt worden sind, und Violetta hat gewissermaßen nur den Käfig gewechselt und ist von ihrer erstrebten Freiheit immer noch meilenweit entfernt. Diese erreicht sie erst am Ende, wenn die Bänder vom Tisch gelöst werden. Doch nun ist es zu spät. Ihr Lebensfaden ist gerissen und ihr bleibt nur noch der Tod. Germont (Jonathan Sells) fordert Violetta (Anna Jeruc-Kopec) auf, seinen Sohn freizugeben. Während dieser Ansatz szenisch eigentlich sehr gut aufgeht, hat die musikalische Gestaltung Licht- und Schattenseiten. Daniel Szeili ist zumindest zumindest in dieser Vorstellung mit der Partie des Alfredo maßlos überfordert, so dass er seiner Stimme gewiss keinen Gefallen tut, sich jetzt schon an dieser Partie zu versuchen. Seine große Arie "Un di felice, eterea" im ersten Akt wird zu einer regelrechten Zitterpartie, weil er die Höhen nicht sauber erreicht. Jonathan Sells Bariton ist für die Partie des Germont noch ein bisschen zu jung und verfügt noch nicht über die sonore Tiefe, die man sich für Alfredos Vater wünscht. Anna Jeruc-Kopec meistert die Titelpartie mit einem kräftigen und höhensicheren Sopran und geht dabei in einigen Koloraturen durchaus ihre eigenen Wege, die von der gängigen Interpretation abweichen. Ihre großen Arien meistert sie allerdings mit minimalen Abstrichen hervorragend. Rachel Croash, Alexandra Cassidy, Leonel Pinheiro und Ashley Mercer finden sich als "Ensembles" stimmlich und darstellerisch gut in die Inszenierung ein.
FAZIT Stefania Panighini findet einen interessanten psychologischen Zugang zu dem Stück, der auch mit wenigen Requisiten auf einer kleinen Bühne auskommt. Leider kann die musikalische Umsetzung nicht durchgängig überzeugen.
Weitere Rezensionen zum
Wexford Festival Opera 2013 |
ProduktionsteamMusikalische LeitungGreg Ritchey Regie Bühne und Kostüme Licht Solisten
Violetta
Alfredo
Germont
Soprano Ensemble
Mezzo Ensemble Tenor Ensemble Bariton Ensemble
|
- Fine -