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Osterfestspiele der Berliner Philharmoniker 2014

Yefim Bronfman & Zubin Mehta

 

 

Am 14. April 2014 im Festspielhaus Baden-Baden


 


Festspielhaus Baden-Baden
(Homepage)


Helden unter sich

Von Christoph Wurzel / Fotos: Monika Rittershaus

Beethovens fünftes Klavierkonzert: Welch ein glanzvoller Auftritt! Ein Akkord des ganzen Orchesters in strahlendem Es-Dur, dann im Fortissimo die rauschenden Arpeggien des Klaviers, erneut der Akkord und nochmals die mitreißende Solokadenz und alles ein drittes Mal – erst dann setzt das Hauptthema in den Geigen ein. Ein Konzertbeginn wie er nachdrücklicher nicht sein kann. Das könnte eine glänzende Eröffnung für ein Sinfoniekonzert werden. Doch Zubin Mehta und die Philharmoniker hatten sich für eine andere Lösung entschieden. Anton Weberns Sechs Stücke für Orchester op. 6 standen am Anfang dieses ersten Konzerts der Osterfestspiele, fragile Musik in differenzierter Farbigkeit und maximal reduzierter Form. Rund dreizehn Minuten zum höchst konzentrierten Zuhören. So schön die Philharmoniker diese Musik auch spielten, als Einstieg in das Konzert eignete sie sich wenig, denn mindestens die ersten beiden Stücke, jeweils nur kaum mehr als eine Minute lang, litten doch noch sehr unter dem Geraschel und Gehuste des Anfangs. So ein großes Publikum wie jenes im gut besetzten Festspielhaus sammelt sich eben nicht so schnell zu innerer Ruhe.

Wer seinen Hörsinn bereits geschärft hatte, konnte in Weberns sechs Miniaturen stärkste Kontraste auf engstem Raum vernehmen, von den kammermusikalisch transparent spielenden Philharmonikern mit feinstem Gespür teilweise nur hingetupfte Farbvaleurs wie das pointillistische Farbenspiel im lyrischen dritten Stücks oder im vierten Stück ein sich dramatisch düster auftürmender Rausch aus Glocken, Trommel, Tamtam und Becken. Ätherisch flirrten die Klänge im fünften Stück, um die musikalische Form am Schluss des letzten völlig in reinen Klang aufzulösen. Ein Hörerlebnis von exquisiter Schönheit durch höchste meisterlicher Kunst der Instrumentalisten.

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Yefim Bronfman mit den Berliner Philharmonikern

Dann folgte nach der notwenigen Umbaupause Beethovens 5. Klavierkonzert mit dem Beinamen „The Emperor“, ein Konzert, das als  musikalischer Gegenentwurf zu Napoleons wüstem, zerstörerischen Treiben in Wien 1805 das Ideal eines positiven, edlen Helden verherrlicht. Zudem ein Konzert, das auf perfekte Weise sein ideelles Ideal verkörpert: den Antagonismus von Soloinstrument und Orchester auszuspielen und zugleich triumphal zu einer Synthese zu führen. Gerade dieses Prinzip fand sich in den Haltungen Yefim Bronfmans und Zubin Mehtas an diesem Abend aufs Schönste verwirklicht. Klavier und Orchester spielten hier gleichberechtigte Parts, wechselten die musikalischen Gedanken Zug um Zug auf gleich intensive Weise und fanden sich im Schlusssatz zu einem furiosen Rondo zusammen. Auch hier belebte das präsente Spiel der Philharmoniker den musikalischen Fluss auf besondere Weise und vollends polierte die stupende Virtuosität des Solisten, seine energische Attacke ebenso wie seine souveräne Leichtigkeit und Klarheit des Anschlags den Glanz dieser Musik. Im Adagio mischte sich Bronfmans völlig unsentimentale Ruhe, sein entspannt fließendes Legato mit dem satten Klangstrom der Philharmoniker (dem „dolce“ der Hörner!) zu Augenblicken erfüllten Musizierens.

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Zubin Mehta mit den Berliner Philharmonikern

Noch eine Heroengeschichte folgte im zweiten Programmteil, Richard Strauss’ Heldenleben. Strawinsky verhängte über diese Sinfonische Dichtung ein hartes Urteil und nannte sie eine „triumphierende Banalität“. Sicher ein ungerechtes Verdikt, denn die kompositorischen Raffinessen dieser ausladenden Tondichtung, einer der letzten großen aus der Reihe spätromantischer Programmmusiken, sind unverkennbar und Zubin Mehta und die Philharmoniker stellten sie selbstredend eindrucksvoll aus, besonders auch die überreiche Palette der Klangfarben, etwa der Holzbläser („Des Helden Widersacher“) wie aber auch aller Gruppen. Traumwandlerisch sicher tänzelte, keifte, schmeichelte und säuselte sich Andreas Buschatz in seinem ausgedehnten Violinsolo als „Gefährtin des Helden“ durch die vertrackten Noten. Gerade noch im Zaum halten konnte Mehta das martialische Getümmel der „Walstatt“ des Helden, die er dann in den „Friedenswerken“ des Helden und schließlich seiner „Weltflucht“ in ganz ruhige Bahnen zu lenken verstand, bevor die Solovioline am Schluss noch einmal träumend im großen Ganzen und im Fortissimo aufgeht. Da beschleicht einen dann doch, trotz aller Kunstfertigkeit der Musik und ihrer überragenden Präsentation, ein wenig Missmut angesichts derart aufdringlich zur Schau gestellten Selbstbewusstseins, denn erklärtermaßen meinte der 34jährige Komponist sich weitgehend selbst mit dieser Heldenverehrung.

FAZIT

Insgesamt ein Konzert der Sonderklasse wegen des überragend spielenden Orchesters wie auch des souveränen Dirigats von Zubin Mehta (gentlemanlike von Statur und   konzentriert das ganze Programm auswendig beherrschend). Aber auch wegen des strahlenden Virtuosen Yefim Bronfman. Die Programmdramaturgie aber führte dazu, dass nach der sensiblen Musik von Anton Webern das ganze Heldengetöse leider wieder die Ohren verstopfte.

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Programm

Anton Webern
Sechs Stücke für Orchester op. 6

Ludwig van Beethoven
Klavierkonzert Nr. 5 Es-Dur op. 73

Richard Strauss
Ein Heldenleben op. 40

 

Berliner Philharmoniker

Yefim Bronfman, Klavier

Zubin Mehta, Dirigent







Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Festspielhaus Baden-Baden
(Homepage)









Da capo al Fine

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