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Veranstaltungen & Kritiken Musikfestspiele |
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Klangvokal Musikfestival Dortmund 22.05.2014 - 22.06.2014
I Capuleti e i Montecchi
in italienischer Sprache Aufführungsdauer: ca. 2 h 50' (eine Pause) Konzertante Aufführung im Konzerthaus Dortmund am 6. Juni 2014 |
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Belcanto in traumhafter Besetzung Von Thomas Molke / Fotos: © Bülent Kirschbaum und Sandra Spitzner Mit I Capuleti e i Montecchi gelang Vincenzo Bellini in Venedig endgültig der internationaler Durchbruch, obwohl diese Komposition eher einem Zufall zu verdanken war. Bellini war nämlich in diesem Winter eigentlich nach Venedig gekommen, um seinen bis dahin größten Opernerfolg Il pirata für das La Fenice mit einer neuen Sängerbesetzung einzustudieren. Als Uraufführung der Karnevalssaison war eigentlich eine Uraufführung des zur damaligen Zeit viel gespielten Komponisten Giovanni Pacini geplant, der vom Vertrag allerdings zurücktreten musste, da er sich mit drei parallelen Aufträgen für Turin, Neapel und Venedig absolut übernommen hatte. So erklärte sich Bellini bereit, neben der umfangreichen Umarbeitung von Il pirata innerhalb von sechs Wochen auch noch eine neue Oper zu komponieren. Dabei griff er auf ein Libretto von Felice Romani zurück, das 1825 von Nicola Vaccaj unter dem Titel Giulietta e Romeo erstmals vertont worden war. Da sich Vaccajs Fassung zur damaligen Zeit großer Beliebtheit erfreute und auf zahlreichen Bühnen gespielt wurde, wurde der Titel allerdings abgeändert, um eine Verwechslung zu vermeiden. Dennoch kam es später bei einigen Aufführungen zu einer Mischform, da Bellinis zweiter Akt häufig durch die "schmissigere" Fassung von Vaccaj ersetzt wurde. Jana Kurucová (links) als Romeo und Elena Gorshunova (rechts) als Giulietta mit dem WDR Rundfunkorchester Köln im Hintergrund (© Bülent Kirschbaum) Bellinis Oper folgt in der Struktur weniger Shakespeares berühmtem Drama, als vielmehr den ursprünglichen Renaissance-Vorlagen von Luigi da Porto und Matteo Bandello, wobei, wie der Titel des Stückes auch zeigt, der Fokus vielmehr auf die verfeindeten Familien, die Capuleti als kaisertreue Guelfen und die Montecchi als papsttreue Ghibellinen, gelegt wird. So behandelt die Oper nicht die aufkeimende Liebe zwischen Romeo und Giulietta, sondern zeigt ihren aussichtslosen Kampf gegen eine sinnlose Fehde, die nur von familiären Interessen bestimmt wird. Lorenzo ist in dieser Variante kein Pater, sondern ein Arzt, der Giulietta den Schlaftrunk verabreicht. Tebaldo übernimmt die Rolle des auserwählten Bräutigams, der nicht von Romeo im Duell getötet wird, da die Nachricht vom Tod Giuliettas die beiden Streithähne innehalten lässt. Romeo nimmt das Gift, aber stirbt erst, nachdem Giulietta erwacht ist, in ihren Armen. Giulietta erdolcht sich daraufhin nicht, sondern bricht einfach tot über Romeo zusammen. Am Ende der Oper steht keine Versöhnung der beiden Familien, sondern Lorenzo und der Chor machen Giuliettas Vater Capellio für den Tod der Kinder verantwortlich. Im Gegensatz zu den literarischen Vorlagen und Vaccajs Vertonung verzichtet Bellinis Variante auf Schlachtszenen, konzentriert sich stets nur auf eine oder zwei Personen und ist in der musikalischen Form sehr kontemplativ und nach innen gekehrt. Giorgio Berrugi (links) als Tebaldo, Wenwei Zhang (Mitte) als Lorenzo und Thomas Laske (rechts) als Capellio mit dem WDR Rundfunkorchester Köln im Hintergrund (© Bülent Kirschbaum) Bei der Wahl des Stoffes mag für Bellini auch die damalige Sängerbesetzung in Venedig eine nicht unbedeutende Rolle gespielt haben. Mit der hervorragenden Mezzosopranistin Giuditta Grisi verfügte das La Fenice nämlich über eine Hosenrollenspezialistin, die für die sensibel-heroische Partie des Romeo prädestiniert war. Für das Klangvokal Musikfestival hatte man Vivica Genaux angekündigt, die bereits vor zwei Jahren in Vivaldis Oratorium Juditha triumphans als Vagaus mit koloraturgespickten Arien brillierte (siehe auch unsere Rezension). Erst zwei Tage vor der Aufführung stand leider endgültig fest, dass Genaux die Partie aus gesundheitlichen Gründen nicht singen könne. Es galt also, kurzfristig einen adäquaten Ersatz zu finden, was mit der jungen Mezzosopranistin Jana Kurucová in jeder Hinsicht gelungen ist. Schon in ihrer ersten Arie "Se Romeo t'uccise un figlio", in der sie unerkannt für Frieden zwischen den Capuleti und Montecchi wirbt, der durch eine Hochzeit zwischen Giulietta und Romeo besiegelt werden könne, stellt Kurucová ihren satten Mezzo gepaart mit dramatischen Höhen exzellent unter Beweis und bringt das Publikum regelrecht zum Toben. Auch in den leisen Tönen geht ihr Gesang unter die Haut, was sie in ihrer großen Arie im zweiten Akt "Deh! tu, bell'anima" zeigt, wenn Romeo auf die vermeintlich tote Giulietta trifft. Trotz des konzertanten Charakters des Aufführung setzt sie Romeos Tod regelrecht in Szene, da man zunächst den Eindruck hat, dass ihre Stimme versagt, was sich dann aber als Inszenierung des eingenommenen Giftes herausstellt. von links: Wenwei Zhang als Lorenzo, Elena Gorshunova als Giulietta, Jana Kurucová als Romeo, Friedrich Haider, Giorgio Berrugi als Tebaldo und Thomas Laske als Capellio, dahinter: WDR Rundfunkorchester und WDR Rundfunkchor Köln (© Sandra Spitzner) In Elena Gorshunova als Giulietta findet sie eine kongeniale Partnerin. Gorschunova stattet die Giulietta mit einem mädchenhaften Sopran aus, der in den lyrischen Passagen scheinbar schwerelos in schwindelerregende Höhen abhebt. Ihre von der Harfe begleitete Auftrittsarie "Oh! quante volte", in der sie sehnsüchtig von ihrem Geliebten Romeo träumt, geht aufgrund der eindringlichen Gestaltung unter die Haut. In den Duetten mit Kurucová findet sie zu einer Innigkeit, die die Liebe zwischen den beiden Titelpartien regelrecht spürbar macht. Auch beim Schlussduett erreichen die beiden Frauen eine emotionale Tiefe, die das Publikum den Atem stocken lässt. Giorgio Berrugi kommt die undankbare Aufgabe ihres Verlobten Tebaldo zu. Mit einer kräftigen Mittellage lässt sein Tenor in seiner ersten Kavatine "E serbato a questo acciaro" aufhorchen, wenn er an den Montecchi Rache nehmen will. In den extremen Höhen wird seine Stimme allerdings ein wenig dünn, und Berrugi muss etwas pressen, um die hohen Töne zu treffen. Im Duett mit Kurucová im zweiten Akt, wenn Romeo und Tebaldo aufeinander treffen, präsentiert er sich jedoch wieder absolut souverän und punktet mit tenoralem Glanz. Wenwei Zhang, noch Ensemble-Mitglied der Oper Dortmund, begeistert als Lorenzo mit markantem Bass, während Thomas Laskes Bariton für Giuliettas Vater Capellio ein wenig zu leicht klingt und im fulminant aufspielenden Orchester leicht untergeht. So nimmt man ihm leider die väterliche Autorität nicht immer ab. Das WDR Rundfunkorchester findet unter der Leitung von Friedrich Haider nach anfänglichen kleineren Ungenauigkeiten in den Tempi zu einem schwelgerischen Klang und begeistert mit schmissigem Belcanto vom Feinsten. Der von David Marlow einstudierte WDR Rundfunkchor Köln präsentiert sich im Konzerthaus als fulminanter Klangkörper, der die kriegerische Auseinandersetzung zwischen den beiden Familienclans deutlich hörbar macht. So gibt es am Ende großen Applaus für alle Beteiligten. FAZIT Wie in den vergangenen Jahren bietet auch dieses Jahr die konzertante Opernaufführung im Rahmen des Klangvokal Musikfestivals für Belcanto-Fans einen Hörgenuss erster Güte. Weitere Rezensionen zum Klangvokal Festival Dortmund 2014.
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ProduktionsteamMusikalische Leitung
WDR Rundfunkorchester Köln WDR Rundfunkchor Köln Einstudierung
Solisten
Capellio, Haupt der Capuleti und Vater der Giulietta
Giulietta, Geliebte von Romeo
Romeo, Haupt der Montecchi
Tebaldo, Gefolgsmann der Capuleti
Lorenzo, Arzt der Capuleti
Weitere |
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