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Veranstaltungen & Kritiken Musikfestspiele |
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Klangvokal Musikfestival Dortmund 22.05.2014 - 22.06.2014
L'Orfeo
in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln Aufführungsdauer: ca. 2 h (keine Pause) Konzertante Aufführung in der St. Reinoldikirche Dortmund am 22. Mai 2014 |
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Großartiger Auftakt in der St. Reinoldikirche Von Thomas Molke / Fotos: © Bülent Kirschbaum Auch wenn Claudio Monteverdis L'Orfeo nicht den Beginn des Musiktheaters der Neuzeit im eigentlichen Sinne markiert, gilt seine am 24. Februar 1607 anlässlich der Geburtstagsfeierlichkeiten eines Förderers der Accademia degli Invaghiti, Francesco IV. Gonzaga, uraufgeführte Favola in musica als die "Ur-Oper aller Opern". Während nämlich in Jacopo Peris sieben Jahre zuvor entstandenen L'Euridice die Allegorie der Tragödie das Stück als eine "neue Art von Schauspiel" ankündigt, übernimmt bei L'Orfeo La Musica als allegorische Figur diese Funktion und leitet ein Werk ein, in dem es keine Sprechtexte mehr gibt. Folglich bietet dieses erste wichtige Werk der Opernliteratur einen geeigneten Einstieg in das mittlerweile sechste Klangvokal - Musikfestival, das sich dank zahlreicher Sponsoren und der unermüdlichen Arbeit des Festivaldirektors Torsten Mosgraber und seines kompletten Teams mittlerweile zum festen Bestandteil der Kulturlandschaft in Dortmund entwickelt hat und in 30 Veranstaltungen Vokalmusik aus Klassik, Jazz und Pop an unterschiedlichen Aufführungsorten in der ganzen Stadt präsentiert. Für die Eröffnungsveranstaltung ist die St. Reinoldikirche als Spielstätte ausgewählt worden, die mit ihrer leicht hallenden Akustik einen geeigneten Raum für Monteverdis Musik schafft. Die Blechbläser des Ensembles La Venexiana bei der "Toccata" Die Handlung basiert auf dem berühmten in Ovids Metamorphosen überlieferten Mythos über den thrakischen Sänger Orpheus, der seine bei der Hochzeit verstorbene Frau Eurydice aus der Unterwelt zurückholt, sie allerdings erneut verliert, weil er dem Verbot des Unterweltgottes Pluto, sich bis zum Erreichen der Oberwelt nicht nach seiner Gattin umzudrehen, nicht Folge leistet. Während allerdings bei Ovid der thrakische Sänger nach dem erneuten Verlust Eurydices der Liebe abschwört und von zahlreichen Verehrerinnen aus verschmähter Liebe umgebracht wird, so dass er als Schatten nun erneut mit seiner Eurydice im Elysium wandeln kann, und sich in der bekanntesten Fassung von Christoph Willibald Gluck die Götter durch Orpheus' Klagegesang schließlich erweichen lassen und ihm seine geliebte Eurydice zurückgeben, unterscheidet sich Monteverdis Fassung in einigen Punkten von den beiden anderen Varianten. Zum einen gibt es bei Monteverdi noch eine Vorgeschichte, in der die Hirten und Nymphen von Orpheus' Qualen berichten, die er erlitten hat, bevor er Eurydices Herz gewinnen konnte. Zum anderen wird bei Monteverdi die Begegnung mit dem Fährmann Charon ausführlich beschrieben, der Orpheus eigentlich nicht in sein Boot einsteigen lassen will, von Orpheus' Gesang allerdings eingeschläfert wird. Auch tritt am Ende Apollo auf, der seinen Sohn Orpheus zum Himmel emporsteigen lässt, von wo aus er zukünftig Eurydices Ebenbild in der Sonne und den Sternen erblicken kann. Marina de Liso als Speranza und Anicio Zorzi Giustiniani als Orfeo Obwohl es sich in der St. Reinoldikirche um eine konzertante Aufführung handelt, setzen die Solisten teilweise szenische Akzente. So tritt beispielsweise Emanuela Galli im Prolog als La Musica ohne Textbuch vor das Orchester und lässt bei ihrer Interpretation den konzertanten Aspekt der Aufführung vergessen. Mit leuchtendem Sopran und passender Gestik gestaltet sie den Monolog, in dem La Musica zum Publikum vom Helikon, der Heimat der Musen, herabsteigt, um von Orpheus zu berichten. Auch Antonio Abete präsentiert den Fährmann Caronte und später den Gott der Unterwelt, Plutone, regelrecht szenisch ohne Textbuch. Mit überkreuzten Armen, unerbittlicher Mimik und markantem Bass macht er als Caronte deutlich, dass dieser Fährmann nicht gewillt ist, Orpheus über den Fluss Lethe in die Unterwelt zu transportieren. Auch als Plutone beweist er stimmlich mit schwarzen Tiefen die Härte des Gottes der Unterwelt. Einen starken Kontrast bildet daneben Monica Piccinini als seine Gattin Proserpina, die sich mit weichem Sopran von Orpheus' Gesang regelrecht einlullen lässt und durch deren Bitten sich Pluto schlussendlich bewegen lässt, Eurydice erneut aus der Unterwelt freizugeben. Neben diesen szenischen Einlagen wird der restliche Abend konzertant vom Blatt abgesungen, auch wenn sich Orpheus (Anicio Zorzi Giustiniani) auf seinem Weg aus der Unterwelt dann wirklich zu Eurydice (Emanuela Galli) umdreht und diese erneut in den Tartarus verschwindet. Ihre letzten Sätze singt Galli hinter dem Orchester, um anzudeuten, dass sie bereits von ihrem Mann getrennt ist. Schlussapplaus: von links: Emanuela Galli, Raffaele Pé, Alessio Tosi, Luca Cervoni, Anicio Zorzi Giustiniani, Marina de Liso, Antonio Abete, Monica Piccinini und Mauro Borgioni, dahinter: Claudia Cavina mit La Venexiana Bewegend gelingen die Lichteinstellungen, die das hinter dem Orchester befindliche Kirchenschiff bei Orpheus' Abstieg in die Unterwelt in einem rötlichen, teils bedrohlich wirkenden Licht erscheinen lassen, während bei seiner Rückkehr in die Oberwelt der hintere Raum im gelben Schein an das Sonnenlicht erinnert. Auch die klanglichen Möglichkeiten der Kirche werden musikalisch hervorragend ausgenutzt. Zu Beginn der Ouvertüre befinden sich die Blechbläser hinter den Zuschauern und schaffen bei der eröffnenden "Toccata" gemeinsam mit den Musikern auf der Bühne einen großartigen Rundumklang, indem sie gewissermaßen mit den Streichinstrumenten und den Holzbläsern in einen musikalischen Dialog treten. Auch der Einsatz des Echos im letzten Akt kommt wunderbar zur Geltung, obwohl die deutsche Übersetzung den Nachhall der Worte des Original-Librettos nicht adäquat einfängt. Wenn Alessio Tosi im Kirchenschiff hinter dem Orchester verschwindet und seine Stimme als Echo gewissermaßen aus dem Off im Hall der Kirche durch den Raum getragen wird, erzeugt dies ein Klangerlebnis, was so in einem Konzertsaal vielleicht nicht hätte erzielt werden können. Musikalisch setzen neben Antonio Abete und Emanuela Galli vor allem Marina de Liso als Messaggiera und Speranza und Anicio Zorzi Giustiniani in der Titelpartie Akzente. De Liso begeistert bei ihrem ersten Auftritt als Botin Silvia mit sattem, dramatischem Mezzo und verkündet regelrecht schmerzerfüllt von Eurydices Ableben. Der Klagegesang, in dem sie ihre Trauer vorträgt, geht dabei unter die Haut. Auch als Speranza begeistert sie mit wohl timbriertem Mezzo, wenn sie Orpheus zur Unterwelt begleitet, ihm dann allerdings am Tor zur Unterwelt klar machen muss, dass er den weiteren Weg allein gehen muss. Giustiniani stattet die Titelpartie zunächst mit frischem Tenor aus, der sein anfängliches Glück absolut glaubhaft macht, und wechselt dann in einen lyrisch-tragischen Tonfall, der die Leiden des Orpheus nachempfinden lässt. Besonders bewegend gelingt ihm dabei seine Szene "Tu se' morta, mia vita, ed io respiro?", wenn er seine geliebte Eurydice zum ersten Mal verloren hat und beschließt, ihretwegen in die Unterwelt hinabzusteigen. Mauro Borgioni gefällt als Apollo mit kräftigem Bariton. Das barockerprobte Ensemble La Venexiana präsentiert sich unter der Leitung von Claudio Cavina als perfekter Klangkörper und lässt diese Auftaktveranstaltung musikalisch direkt zum ersten Höhepunkt des Festivals werden. FAZIT Das Klangvokal Musikfestival liefert mit Monteverdis L'Orfeo einen musikalisch gelungenen Einstieg in das diesjährige Festival. Weitere Rezensionen zum Klangvokal Festival Dortmund 2014.
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ProduktionsteamMusikalische Leitung und Cembalo
La Venexiana
Solisten
Orfeo
La Musica / Euridice
Messagiera / Speranza
Proserpina / Ninfa
Caronte / Plutone
Apollo / Pastore IV / Spirito
III
Pastore I / Spirito I / Echo
Pastore II / Spirito II
Pastore III
Weitere |
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