Sieger ist der Tanz
Von Thomas Molke
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Der 300. Geburtstag von
Christoph Willibald Gluck hat für Berching eine ganz besondere Bedeutung, rühmt
man sich doch, dass der Komponist hier am 2. Juli 1714 das Licht der Welt
erblickt hat. Aus diesem Grund feiert man dieses Jubiläum mit einem dreitägigen
Barockfest vom 25. bis zum 27. Juli 2014 unter dem Titel Glucksmomente,
als dessen Höhepunkt der Freundeskreis Christoph Willibald Gluck e. V. es
ermöglicht hat, Glucks einaktige Opernserenade Le Cinesi szenisch zu
präsentieren. In Ermangelung eines Konzerthauses oder Theaters hat man als
Aufführungsort im Pfarrgarten der St. Lorenzkirche eine Bühne aufgebaut und
folgt somit der barocken Tradition, eine Serenade unter freiem Himmel zu
präsentieren. Auch das selten gespielte Werk passt sehr gut zum Anlass der
Aufführung, da Gluck Le Cinesi ebenfalls für ein Barockfest komponierte,
das der Prinz von Hildburghausen auf seinem Landgut Schloss Hof zur Einladung
der Kaiserin Maria Theresia im September 1754 feierte. Wie bei der damaligen
Uraufführung die Politprominenz anwesend war, so hielt auch in Berching der
bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer mit seinem Stab Einzug in den
Pfarrgarten und wurde als Schirmherr des Barockfestes von der Vorsitzenden des
Freundeskreises vor der Vorstellung herzlich begrüßt.
Die Serenade spielt in einem fiktiven China. Die drei Chinesinnen Lisinga,
Sivene und Tangia sitzen beim Tee zusammen und langweilen sich, als plötzlich
Lisingas Bruder Silango auftaucht, der gerade aus Europa zurückgekehrt ist, um
seiner angebeteten Sivene den Hof zu machen. Die Damen sind entsetzt, da es für
Männer in China unter Todesstrafe verboten ist, in die Frauengemächer
einzudringen. Dennoch wollen sie den jungen Mann nicht den Wachen übergeben,
sondern ihn bis zum nächsten Tag verstecken. Um sich die Zeit zu vertreiben,
schlägt Silango vor, Theater zu spielen. Jede der drei Damen wählt ein Thema
auf, das sie in einer opulenten Arie präsentiert, Lisinga eine Tragödie, Sivene
eine Pastorale und Tangia eine Komödie. Im Anschluss daran soll entschieden
werden, welche Gattung am meisten überzeugen kann. Doch die Damen werden sich
nicht einig. Da schlägt Silingo den Tanz als Alternative vor, da es dabei kein
Weinen wie in der Tragödie, keine Langeweile wie in der Pastorale und keine
Kränkung wie in der Komödie gebe. Das Stück schließt mit einem gemeinsamen Tanz
der vier Protagonisten.Andreas Wiedermann
bettet die Handlung der Serenade in einen festlichen Rahmen ein und lässt zu
Beginn einen ganzen Hofstaat von Chinesen aufmarschieren, die als Gefolge des
"bayerisch-chinesischen" Kaisers angekündigt werden und hinter denen sich
Statisten aus dem benachbarten Dietfurt verbergen, die in bunten asiatischen
Kostümen in großem Pomp durch den Zuschauerraum marschieren. Da darf auch ein
großer chinesischer Drachen nicht fehlen, der von mehreren Personen an langen
Stangen getragen wird, und sich gewissermaßen durch die Reihen schlängelt. Der
"Kaiser" nimmt dann in einem großen rot ausgepolsterten Holzsessel auf der linken
Seite Platz, um im Folgenden die Serenade zu verfolgen. Mit dem Stück hat das
zwar eigentlich nichts zu tun, mag aber vielleicht als Anspielung auf den Anlass
dieser Serenade gedacht sein und ist in jedem Fall nett anzusehen. Die
eigentliche Geschichte findet dann unter einem Zelt in einem relativ einfach
gehaltenen Bühnenbild statt. Große weiße Papierlampions unter der Decke deuten
hierbei den asiatischen Rahmen an. Witzig ist, dass alle vier Partien mit
Asiaten besetzt sind, was dem Stück trotz der europäischen Musik dennoch einen
Hauch von chinesischem Flair verleiht. So achten die Protagonisten auch darauf,
zwischen den Musikstücken in ihrer Muttersprache zu kommunizieren.
Musikalisch spielt Gluck in diesem Einakter bei den vier großen Arien der
Protagonisten mit den unterschiedlichen Gattungen. Den Anfang macht Yeonjin Choi
als Gastgeberin Lisinga, die eine Szene der Andromache ausgewählt hat, die nach
dem Trojanischen Krieg in die Hände des Pyrrhus gefallen ist und nun vor der
Wahl steht, den griechischen König zu heiraten und damit ihrem verstorbenen Mann Hektor untreu zu werden oder ihren geliebten Sohn Astyanax zu opfern. Choi
interpretiert die Arie mit dramatischem Mezzo und macht stimmlich und
darstellerisch die innere Zerrissenheit der Andromache deutlich spürbar.
Unterstützt wird sie dabei von zwei Tänzern, die mit bewegendem Ausdruckstanz
Andromaches Leid und Pyrrhus' heftiges Drängen verbildlichen. Es folgt eine
Pastorale, die Sivene und Silango nutzen, um ihre Gefühle füreinander zu
bekunden. Sangkyu Lee übernimmt als Silango die Rolle des Hirten Tirsis, der
unnachgiebig um die schöne Nymphe Licoris wirbt. Mit weichem Tenor verleiht er
dem Leiden des jungen Hirten wunderbar Ausdruck, wobei er in den Höhen leicht an
seine Grenzen stößt und ein bisschen zu stark forciert. Namyoung Kim begeistert
mit soubrettenhaftem Sopran als Sivene, die als Licoris dem jungen Schäfer zwar
bescheinigt, ihn zu lieben, sich aber nicht seinen übertriebenen
Gefühlswallungen hingeben will. Auch diese Geschichte wird von den beiden
Tänzern mit koketter Leichtigkeit der Tänzerin (Manuela Calleja
Valderrama) und mit
leidenschaftlichen Bewegungen des Tänzers (Yali Rivlin) untermalt.
Minjung Yoon kommt als Tangia die Aufgabe zu, die Komödie zu vertreten, und
macht dies nicht nur in ihrer Arie, sondern auch im restlichen Verlauf des
Stückes. Immer wieder setzt sie an, mit einer Idee, den Mädchen die Langeweile
zu vertreiben, um dann doch wieder abzubrechen. Auch ihre Eifersucht auf Sivene
spielt Yoon als Tangia mit großer Komik aus. Immer wieder versucht sie Silangos
Aufmerksamkeit zu erlangen und zeigt sich bei den Zurückweisungen äußerst
ungnädig. Am Ende geht sie sogar so weit, die Palastwachen herbeizurufen und Silango abführen zu lassen, was zwar so nicht im Libretto steht, inhaltlich in
der Inszenierung allerdings durchaus aufgeht. Das Orchester Opera incognita
setzt unter der Leitung von Ernst Bartmann Glucks Musik differenziert um, so
dass es am Ende lang anhaltenden Applaus für alle Beteiligten gibt.
FAZIT
Glucks Opernserenade ist im Rahmen des Berchinger Barockfestes durchaus als
musikalischer Höhepunkt zu bezeichnen und bietet gute Unterhaltung. Für das
Repertoire taugt dieses Werk trotz einzelner schöner Arien aber wohl eher nicht.
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Internationalen Gluck-Opern-Festspielen 2014
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Produktionsteam
Musikalische Leitung
Ernst Bartmann Inszenierung
Andreas Wiedermann Choreographie
Julia Schwarzbach Kostüme
Bianca Schmid-Hedwig Licht
Jan-Robert Sutter
Orchester Opera Incognita
Solisten
Sivene
Namyoung Kim
Lisinga
Yeonjin Choi
Tangia
Minjung Yoon
Silango
Sangkyu Lee Tänzer
Manuela Calleja Valderrama
Yali Rivlin
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