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Das Geheimnis um den BondocanVon Thomas Molke / Fotos von © Neuburger Kammeroper
Sharafat (Ulrich Löns) rät seiner Schwägerin Lemide (Regine Gebhardt, rechts), ihre Tochter mit dem reichen Mufti zu verheiraten (in der Mitte: Aisha (El žběta Laabs)Die Geschichte basiert auf einem Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Die junge Yamina hat sich in einen Unbekannten verliebt, der sie vor einiger Zeit vor einer Räuberbande gerettet hat und seitdem jeden Abend unter ihrem Fenster erscheint. Der große Unbekannte ist niemand anderes als Isoun, der Kalif von Bagdad, der sich allerdings erst nach einem Monat zu erkennen geben will, um vorher das Herz der Geliebten zu prüfen. Yaminas Mutter Lemide, die vom Kadi wegen ihrer Schulden bedrängt wird, ist dem jungen Mann gegenüber sehr skeptisch. Als er ihr anbietet, die Schulden beim Kadi zu bezahlen, und ihre Tochter mit kostbaren Geschenken überhäuft, hält sie ihn sogar für den Kopf einer Räuberbande. Umso überraschter ist sie, dass der Polizeichef nicht bereit ist, ihn zu verhaften, als dieser hört, dass er der Bondocan sei, ein Codename, der nur den Angestellten des Kalifen bekannt ist und dem Kalifen die Möglichkeit bietet, sich inkognito unter sein Volk zu mischen. Auch als Lemides Schwager Sharafat zum Emir ernannt wird, bleibt Lemide skeptisch und willigt erst in die Ehe ihrer Tochter ein, als der Kalif sich zu erkennen gibt. Lemide (Regine Gebhardt) hat Probleme mit dem Kadi (Michael Hoffmann). Horst Vladar verzichtet in seiner Inszenierung auf eine moderne Umdeutung der Vorlage und lässt in Michele Lorenzinis Bühnenbild, das den Innenhof von Lemides Haus zeigt, mit relativ einfachen Mitteln, einem sandfarbenen zweitürigen Tor im Hintergrund und einer Wendeltreppe auf der linken Seite, die zu einem Balkon emporführt, ein pittoreskes Bild vom Orient entstehen. Unterstützt wird dies auch noch durch die märchenhaften Kostüme, in die die Protagonisten und der Chor gekleidet sind. Die Musik hingegen vermittelt im Gegensatz zu den zur damaligen Zeit beliebten "Türken"-Opern keinerlei "orientalisches Flair" und erinnert schon bei der Ouvertüre in ihren romantischen Strukturen eher an Louis Spohr oder einen Vorläufer von Carl Maria von Weber. Auch bei den Arien, Duetten und Terzetten hat man keineswegs den Eindruck, dass hier ein spanischer Komponist am Werk gewesen ist. Allerdings muss man auch bemerken, dass Annette und Horst Vladar eine deutsche Übersetzung gelungen ist, die mit der Musik eine authentische Einheit bildet. Isoun (Manuel Ried) bietet sehr zur Freude von Yamina (Yvonne Steiner, rechts) seine Hilfe an, doch Mama Lemide (Regine Gebhardt, links) bleibt trotz guten Zuredens von Aisha (Elžběta Laabs) hart. Musikalisch wird den drei weiblichen Protagonistinnen wesentlich mehr Entfaltungsmöglichkeit gegeben als ihren männlichen Gegenparts. Da ist zunächst einmal Yvonne Steiner zu nennen, die in der Partie der Yamina mit leuchtendem Sopran und mädchenhaftem Spiel begeistert. Ein Höhepunkt des Abends dürfte ihre Arie sein, in der sie ihre Kenntnis der europäischen Sitten besingt und zunächst die Französin mit kokettem Charme, dann die Spanierin mit temperamentvoller Leidenschaft und schließlich die Deutsche im seligen Walzerschritt karikiert. Steiner überzeugt dabei mit sauberen Koloraturen und enormer Textverständlichkeit. Ihr zur Seite steht mit El žběta Laabs als Dienerin Aisha eine Vollblutkomödiantin, die mit vollem Mezzo und enormer Bühnenpräsenz punktet. Ihre Partie erinnert darstellerisch an Mozarts Pedrillo oder Leporello. Auch Regine Gebhardt nimmt als Witwe Lemide eine zentrale Rolle ein und punktet mit einem kräftigen Mezzosopran und energischem Spiel. Da hat es Manuel Ried als Kalif Isoun wirklich nicht leicht, die Mama seiner zukünftigen Braut zu erobern, obwohl Ried optisch und im Spiel durchaus als Traum einer jeden Schwiegermutter bezeichnet kann. Auch stimmlich kann er mit frischem Tenor in der Titelpartie überzeugen.Aisha (Elžběta Laabs), Lemide (Regine Gebhardt) und Yamina (Yvonne Steiner) (von links) sind verwirrt: Wieso kuscht der Polizeichef (Horst Vladar, rechte Seite) vor dem "Bondocan" (Manuel Ried, Mitte) (im Hintergrund: Chor)? Michael Hoffmann, seit vielen Jahren Garant für Komik an der Neuburger Kammeroper, hat als Kadi dieses Mal eine relativ kleine Rolle, stattet aber auch diese Partie mit dem ihm üblichen Spielwitz aus. Mit großem Turban tritt er der Witwe Lemide zunächst absolut selbstgefällig entgegen, wenn er bei ihr die Schulden eintreiben will, und wird sehr schnell absolut kleinlaut, wenn er in dem vorlauten jungen Mann den Kalifen von Bagdad erkennt. Wie demütig er sich bei seinem zweiten Auftritt Lemide gegenüber präsentiert, wenn er sie bittet, ein gutes Wort für ihn beim Bondocan einzulegen und ihr sogar ihre Schulden erlässt, wird von Hoffmann mit großem komödiantischem Talent umgesetzt. Auch stimmlich überzeugt er mit kräftigem Bariton. Horst Vladar lässt es sich natürlich nicht nehmen, in seinen Produktionen selbst in einer kleinen Rolle aufzutreten. Dieses Mal ist er der Polizeichef, der mit polterndem Bass in Lemides Haus für Ordnung sorgen will und dann vor dem Bondocan aber doch kleinlaut beigeben muss. Ulrich Löns als Lemides Schwager und der Chor überzeugen ebenfalls musikalisch und darstellerisch. Alois Rottenaicher rundet mit dem Orchester des Akademischen Orchesterverbandes München den Abend musikalisch wunderbar ab, so dass es am Ende lang anhaltenden Applaus für alle Beteiligten gibt.
FAZIT Mit der Ausgrabung von Garcías Oper hat die Neuburger Kammeroper einen Beitrag dazu geleistet, das musikalische Schaffen dieses nicht unbedeutenden spanischen Komponisten in Erinnerung zu rufen. Vladars Inszenierung führt dazu, dass man das Gefühl hat, dieses Werk trotz der deutschen Übersetzung dennoch in einer gewissen Ursprünglichkeit kennen zu lernen.
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ProduktionsteamMusikalische LeitungAlois Rottenaicher Inszenierung Bühnenbild
Orchester des Akademischen
SolistenIsoun, Kalif von Bagdad
Lemide, Witwe
Yamina, ihre Tochter
Sharafat, Lemides Schwager Aisha
Der Kadi Der Polizeichef Gefolge des Kalifen, Nachbarn Lemides,
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