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Wexford Festival Opera
22.10.2014 - 02.11.2014


The Wandering Scholar

Kammeroper in einem Akt
Libretto von Clifford Bax nach der Erzählung The Wandering Scholars von Helen Waddell
Musik von Gustav Holst

Trial by Jury

Comic Opera in einem Akt
Libretto von W. S. Gilbert
Musik von Arthur Sullivan

In englischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h (keine Pause)

Premiere im Whites Hotel in Wexford am 23. Oktober 2014



 

 

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Zwei kurze Einakter über die Moral

Von Thomas Molke / Fotos von Paula Malone Carty


Die "Short Works" bieten im Rahmen des Festivals die Möglichkeit, auch kürzere Opern in kammermusikalischem Rahmen zu präsentieren. Nachdem diese in den letzten beiden Jahren im Auditorium der Presentation Secondary School stattgefunden haben, ist man nun wieder ins Whites Hotel zurückgekehrt, wo der Saal ungefähr einer vergleichbar großen Zuschauerzahl Platz bieten dürfte. Den Anfang machen in diesem Jahr gleich zwei Operneinakter, die so kurz sind, dass sie beide zusammen gerade einmal auf die für die "Short Works" übliche Länge kommen. Obwohl zwischen der Entstehungszeit dieser beiden Teile fast 60 Jahre liegen und die Stücke sich auch musikalisch stark unterscheiden, gehen sie inhaltlich trotzdem in gewissem Sinne eine Einheit ein, da sie beide mit typisch englischem Sprachwitz einen satirischen Blick auf die Gesellschaft werfen und dabei zu einem vergleichbaren Ergebnis kommen. Trotzdem unternimmt das Regieteam um Conor Hanratty nicht den Versuch, die beiden Einakter miteinander zu verweben, sondern präsentiert sie mit einer kurzen Lichtpause voneinander losgelöst.

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Father Philippe (Gavan Ring) hat ein Auge auf die schöne Alison (Chloë Morgan) geworfen.

The Wandering Scholar ist die letzte Oper von Gustav Holst, die am 31. Januar 1934 kurz vor seinem Tod ihre Uraufführung in Liverpool erlebte. Sie spielt im 13. Jahrhundert in Frankreich auf einem Bauernhof. Alison, die lebenslustige Ehefrau von Louis, nutzt die Abwesenheit ihres Ehemanns Louis, um Pater Philippe zu empfangen, dem sie nicht nur ein delikates Essen zubereitet hat, sondern von dem sie sich auch gerne Mal den "bösen Teufel der Lust" auf dem Dachboden austreiben lässt. Doch dieses Mal platzt der hungrige Wanderprediger Pierre herein. Alison scheint auch diesem jungen Mann gegenüber nicht abgeneigt zu sein und will ihn zum Essen einladen, doch der Pater treibt ihn mit harschen Flüchen aus dem Haus. Schließlich möchte er Alison und das Essen für sich haben. Doch Pierre ist keineswegs so harmlos, wie er aussieht, und holt stattdessen Alisons Mann Louis nach Hause. Der Pater muss sich verstecken, während Pierre Louis eine allegorische Geschichte erzählt, die Parallelen dazu aufweist, was in Louis' Abwesenheit im Haus eigentlich passieren sollte. Alison macht gute Miene zum bösen Spiel. Pierre bekommt das für den Pater vorbereitete Essen, und der Pater wird von Louis aus dem Haus getrieben, bevor er dann anschließend selbst seine Ehefrau auf den Dachboden "bestrafen" will.

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Der Wanderprediger Pierre (Peter Davoren) tischt Louis (Jamie Rock) eine seltsame Geschichte auf.

Die Inszenierung von Conor Hanratty kommt mit wenigen Requisiten aus. Ein Tisch und zwei Stühle deuten die Stube des Ehepaars Louis und Alison an. Dahinter befindet sich ein kleines Schränkchen, in dem Alison das gute Essen für den Pater vor ihrem Mann versteckt hat. Der Dachboden befindet sich auf einem erhöhten Podest darüber hinter einer Art spanischen Wand. In diesem Ambiente lässt Hanratty die vier Protagonisten mit großem Spielwitz agieren. Jamie Rock mimt dabei den Ehemann Louis als leicht naiven Langweiler, so dass man es seiner Ehefrau beinahe nicht verdenken kann, dass sie ein wenig Abwechslung sucht. Wenn er mit sauberem Bariton zu Beginn in monotonem Singsang von seinem treuen Hund erzählt, wird es schon plausibel, dass seine Frau ihn endlich aus dem Haus haben will. Chloë Morgan glänzt als Alison mit leuchtenden Koloraturen und kokettem Spiel, das zwischen vorgetäuschter Naivität und Keckheit changiert. Gavan Ring begeistert als lüsterner Pater, der seine Absichten mehr als deutlich durchblicken lässt. Besonders komisch gelingt ihm die Szene, in der er sich vor dem zurückkehrenden Ehemann unter einem Teppich verstecken muss. Stimmlich glänzt er mit markantem Bariton. Abgerundet wird das Ensemble durch Peter Davoren in der Titelpartie, der es mit seinem weichen Tenor versteht, zunächst sehr unterwürfig und demütig zu klingen. Bei seiner Rückkehr zeigt er allerdings sein wahres Gesicht und kostet seine Rache genüsslich aus.

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Die Jury (Ensemble, rechts) hat Edwin (Riccardo Iannello, links) gewissermaßen schon vor der Verhandlung verurteilt.

Nicht weniger verlogen geht es in der zweiten Kurzoper zu, die von dem berühmten Duo Gilbert & Sullivan stammt, deren Stücke im englischsprachigen Raum zum Standardrepertoire gehören, in Deutschland allerdings relativ selten auf den Spielplänen stehen, da sich der spezielle englische Sprachwitz gerade in den berühmten Patter Songs schwer ins Deutsch übersetzen lässt (und wegen der Masse des gesungenen Textes auch kaum in Übertiteln einzufangen ist). Während man bei Holst auf sein letztes Werk zurückgegriffen hat, wählt man bei Gilbert & Sullivan die komische Oper, die den späteren Ruhm des Duos begründet haben soll. Eigentlich sollte Trial by Jury nur als kurzes Werk nach Offenbachs Operette La Périchole gegeben werden, wurde bei seiner Premiere im März 1875 aber so ein großer Erfolg, dass es allein bis Dezember des gleichen Jahres insgesamt 131 Aufführungen erlebte und bereits nach zwei Jahren fast 300 Mal gespielt worden war. In diesem kurzen Stück wird Edwin (The Defendant) angeklagt, dass er Angelina (The Plaintiff) ein Eheversprechen gegeben habe, was er jetzt aber nicht mehr einhalten wolle, da sie ihm ein bisschen zu langweilig und anstrengend sei. Von einer Jury, die zwar angewiesen wird, nach bestem Wissen und Gewissen zu entscheiden, soll er verurteilt werden, sein Eheversprechen einzuhalten oder eine Strafe zu zahlen. Im Verlauf des Stückes stellt sich allerdings heraus, dass gerade die männlichen Jurymitglieder das ehrlose Verhalten des Beklagten gut nachvollziehen können. Selbst der Richter hat in jungen Jahren einmal ähnlich gehandelt. Da der Prozess aber dennoch für alle Beteiligten zufriedenstellend ausgehen soll, beschließt der Richter kurzerhand, selbst Angelina zu heiraten, damit Edwin frei für seine neue Geliebte ist. Damit erklärt sich die Jury unter großem Jubel einverstanden.

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Wie kann man auch eine so entzückende Braut (Johane Ansell, Mitte, mit den Brautjungfern (hinten links Jennifer Davis und hinten rechts Leila Moreso)) sitzen lassen?

Nach der ersten Kurzoper werden lediglich der kleine Schrank und die spanische Wand entfernt, so dass sich die Bühne mit weiteren Stühlen, die das Ensemble auf der Bühne aufbaut, in Windeseile in einen Gerichtssaal verwandelt. Auf dem Podest ist ein Pult zu sehen, hinter dem der Richter später Recht sprechen kann. Die Jury besteht aus jungen Männern, die auf der rechten Seite der Bühne Platz nehmen, und einigen Brautjungfern in blauen Cocktailkleidern, die mit ihrer Feder im Haar ein wenig an die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts erinnern. Die Frauen nehmen auf der linken Seite der Bühne Platz, um direkt die verhärteten Fronten zwischen Männern und Frauen auch optisch zum Ausdruck zu bringen. Der hochgewachsene Ashley Mercer weist mit überzeugend ernstem Spiel des Öfteren die Jury-Mitglieder zu Disziplin an. Sein jugendlicher Bass muss noch etwas reifen, zeigt aber vielversprechendes Potenzial. Riccardo Iannello gibt mit warm strömendem Tenor den Angeklagten Edwin als einen Herzensbrecher, der heftig mit den weiblichen Jury-Mitgliedern flirtet. Johane Ansell mimt eine etwas spröde Angelina und gestaltet die Klägerin mit sauberen Höhen. Die Paraderolle kommt Nicholas Morris als Richter zu, der in dem obligatorischen Patter Song, in dem er der Jury berichtet, wie er überhaupt Richter geworden sei, anklingen lässt, dass es wahrscheinlich keine Bestrafung des Angeklagten geben wird. Der Richter hat nämlich als junger Mann selbst eine Frau umworben, die die Tochter eines angesehenen Richters war und ihm damit den Weg in die entsprechenden Kreise ebnen konnte. Als Dank dafür hat er sie allerdings sitzen lassen, weil sie ja "so hässlich" gewesen sei. Morris glänzt mit beweglichem Bariton und einer für den Patter Song erforderlichen sauberen Diktion.

Den allgemeinen Jubel des Endes unterstreicht Hanratty, indem er nicht nur aus dem Richter und der Klägerin ein Paar macht, sondern sich auch die anderen Anwesenden des Gerichts einen Partner beziehungsweise Partnerin suchen lässt. So bekommen der Beklagte und die anderen Herren der Jury jeweils eine Brautjungfer. Da allerdings zwei Männer übrig bleiben würden - der Gerichtsdiener wird hier nicht mitgerechnet, da er sich als einziger aus der allgemeinen Pärchenbildung heraushält, - müssen eben zwei Männer miteinander vorlieb nehmen, was in der heutigen Zeit ja bereits auch nichts Außergewöhnliches mehr ist. Janet Haney begleitet beide Opern mit leichtem Spiel am Flügel, so dass es am Ende für alle Beteiligten großen Applaus gibt.

FAZIT

Das Wexford Festival Opera wird mit diesem "Double Bill" dem besonderen Stellenwert der "Short Works" im Rahmen des Festivals wieder einmal mehr als gerecht.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Janet Haney

Regie
Conor Hanratty

Licht
John Crudden


Solisten

The Wandering Scholar

Pierre
Peter Davoren

Father Philippe
Gavan Ring

Louis
Jamie Rock

Alison
Chloë Morgan

 

Trial by Jury

The Learned Judge
Nicholas Morris

The Plaintiff
Johane Ansell

The Defendant
Riccardo Iannello

Council for the Plaintiff
Ryan Ross

Usher
Ashley Mercer

Foreman of the Jury
Koji Terada

First Bridesmaid
Jennifer Davis

Bridesmaid # 1
Rachel Croash

Bridesmaid # 2
Chloë Morgan

Bridesmaid # 3
Leila Moreso

Bridesmaid # 4
Natalie Sinnott

Gentleman of the Jury # 1
Richard Shaffrey

Gentleman of the Jury # 2
Richard Hansen

Gentleman of the Jury # 3
David Howes

Gentleman of the Jury # 4
Matthew Wright


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