![]() ![]() |
Veranstaltungen & Kritiken Musikfestspiele |
![]() ![]() ![]() ![]() |
|
Mittelalterlicher Stoff in zeitloser InszenierungVon Thomas Molke / Fotos von Patrick Pfeiffer
Adelaide (Ekaterina Sadovnikova, Mitte hinten in der Projektion) zwischen Ottone (Margarita Gritskova, rechts) und Adelberto (Gheorghe Vlad, links) Die Oper handelt von Adelheid von Burgund (Adelaide) und hält sich ziemlich genau an die historischen Ereignisse, die 947 bei Canossa stattfanden. Adelaides Ehemann Lotario, der König von Italien, ist von Berengario ermordet worden. Dieser erhofft sich durch eine Hochzeit seines Sohnes Adelberto mit der verwitweten Adelaide die Königskrone. Adelaide hingegen will Rache für den Mord an ihrem Gatten und sucht Hilfe bei Otto I. (Ottone), dem König des Ostfrankenreichs, der sofort nach Canossa aufbricht. Berengario erkennt, dass er den aufmarschierenden deutschen Truppen unterlegen ist, und plant eine Intrige. Zum Schein lädt er Ottone nach Canossa ein und willigt sogar in eine Hochzeit zwischen Ottone und Adelaide ein. Kurz vor der Hochzeit überfällt er mit seinen Truppen allerdings Ottone und nimmt Adelaide gefangen. Doch Ottone entkommt dem Attentat. Im folgenden Gefecht gerät Berengario in deutsche Gefangenschaft und Ottone bietet einen Gefangenenaustausch zwischen Berengario und Adelaide aus. Während Adelberto noch zwischen seinen Gefühlen für Adelaide und dem Pflichtgefühl dem Vater gegenüber schwankt, befreit seine Mutter Eurice Adelaide. Nach Berengarios Freilassung suchen Adelberto und sein Vater allerdings erneut den Kampf gegen Ottone, unterliegen jedoch, so dass einer glücklichen Hochzeit zwischen Ottone und Adelaide und der Verbindung des deutsch-italienischen Reiches nichts mehr im Wege steht. Ottone (Margarita Gritskova, mit dem Camerata Bach Chor Posen) will Adelaide gegen Berengario und Adelberto unterstützen. Antonio Petris verzichtet in seiner Inszenierung, sowohl was das Bühnenbild als auch die Kostüme betrifft, auf eine Historisierung der Ereignisse und zeichnet die Figuren recht modern. Die Bühne zeigt ein großes Schachbrett, in dessen Mitte ein weißes Bett steht, was wohl die Liebe in einer politisch verzwickten Situation zum Ausdruck bringen soll. Wenn Adelberto, Adelaide oder Ottone in ihren großen Arien ihre Liebesgefühle besingen, erfolgt dies meistens von diesem Bett aus. Um das Bett herum stehen weiße Stühle an weißen Tischen, deren Sinn sich in der Inszenierung nicht erschließt, erst recht nicht, wenn der Chor in einer Kampfszene diese Stühle statt irgendwelcher Schwerter als Waffen verwendet. Genauso unklar bleiben die Kostüme des Herrenchors, die nur aus einer halben Anzugsjacke bestehen. Soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass der Chor musikalisch beide Lager vertritt oder dass die Soldaten womöglich selbst zwischen deutschen und italienischen Interessen hin- und hergerissen sind? Einzelne Szenen werden auch durch Videoprojektionen im Hintergrund unterlegt. So sieht man während der Ouvertüre ein Staatsbegräbnis, bei dem immer wieder der Fokus auf die trauernde Witwe gelenkt wird. Wahrscheinlich dürfte es sich hierbei um Adelaide bei der Beerdigung Lotarios handeln. Wenn Adelaide ihren Wunsch nach Rache besingt, werden lodernde Flammen sichtbar, vor denen ein Kreuz mit einer Anzugsjacke steht. Adelbertos Zweifel in seiner großen Arie im zweiten Akt werden durch die unvollständige Büste eine leidenden Mannes untermalt, und wenn Adelaide und Ottone am Ende der Oper endlich glücklich zusammenfinden, verbreitet ein traumhafter Sonnenuntergang im Hintergrund eine rührende Portion Kitsch, die allerdings keineswegs störend ist. Liebe auf den ersten Blick: Adelaide (Ekaterina Sadovnikova) und Ottone (Margarita Gritskova) Musikalisch ist es wirklich bedauerlich, dass diese Oper so selten aufgeführt ist, da die zahlreichen Arien und Duette durchaus Hitcharakter haben. Aufhorchen lässt vor allem Margarita Gritskova in der Hosenrolle des Ottone. Mit samtigem und voluminösem Mezzo begeistert sie direkt in ihrer Auftrittskavatine "Soffri la tua sventura", in der der König beschließt, Adelaides Hilferuf zu folgen. Auch in dem wunderbaren Duett am Ende des ersten Aktes "Mi dai corona e vita", in dem Ottone und Adelaide ihre gegenseitige Zuneigung bekennen, findet sie mit Ekaterina Sadovnikova in der Titelpartie zu einer Innigkeit, die unter die Haut geht. Da stört es auch keineswegs, dass die Personenregie nicht zu verheimlichen versucht, dass Ottone von einer Frau gesungen wird und Gritskova optisch abgesehen von ihrer Uniform nicht sehr maskulin dargestellt wird. In Ottones Schlussarie "Vieni: tuo sposo e amante" im Finale des zweiten Aktes, mit der Ottone einer glücklichen Zukunft mit Adelaide entgegensieht, stellt Gritskova mit ihrem beweglichen Mezzo, der auch in den dramatischen Höhen punkten kann, heraus, dass man von dieser Sängerin in Zukunft noch einiges erwarten kann. Sadovnikova steht ihr als Adelaide mit einem warmen Sopran zur Seite und begeistert mit leuchtenden Koloraturen und großer Beweglichkeit. Leider kann Gheorghe Vlad als Adelberto bei dem vorgelegten hohen Niveau der beiden Protagonistinnen mit seinem Tenor nicht ganz mithalten. Zwar verfügt seine Stimme über eine schöne und weiche Mittellage, klingt in den Höhen allerdings arg angestrengt und in den Läufen noch nicht ganz so beweglich. Trotzdem macht er die kleinen stimmlichen Mängel durch eine intensive Darstellung wett, so dass man ihm den Bösewicht durchaus abnimmt. Eurice (Miriam Zubieta) sorgt sich um ihren Machtanspruch. Durchweg gut sind auch die kleineren Partien besetzt, die bei diesem Festival ein enormes Pensum in Bad Wildbad absolvieren, da sie alle auch in der anderen szenischen Oper Il viaggio a Reims einen nicht unbedeutenden Part spielen. Baurzhan Anderzhanov stattet den Bösewicht Berengario mit einem schwarzen Bass aus und macht die relativ kleine Arie des Berengario im ersten Akt "Se protegge amica sorte", mit der er Ottones Vernichtung plant, zu einem weiteren Höhepunkt des Abends. Auch darstellerisch weiß Anderzhanov zu überzeugen und wirkt nach dem sanft leidenden Lord Sidney in Il viaggio a Reims auch als intriganter Charakter absolut glaubhaft. Aufhorchen lässt auch Miriam Zubieta als seine Gattin Eurice mit kräftigem Sopran. Für sie ist in der Inszenierung eine Arie eingefügt worden, die erst zwei Jahre nach der Uraufführung in Florenz im Anschluss an Berengarios Arie gespielt wurde und in der Eurice zwischen ihrem Wunsch, selbst zu herrschen, und dem Liebesglück ihres Sohnes mit Adelaide schwankt. Auch Yasushi Watanabe und Cornelius Lewenberg überzeugen als Iroldo und Ernesto. Gleiches gilt für den Camerata Bach Chor Posen unter der Leitung von Ania Michalak. Luciano Acocella führt die Virtuosi Brunenses mit leichter Hand durch die Partitur, so dass es am Ende großen Applaus für alle Beteiligten gibt.
FAZIT Es bleibt zu hoffen, dass dieser selten gespielten Oper in den folgenden Jahren mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Wer nicht nach Bad Wildbad kommen kann, hat die Möglichkeit, sich am 26. Juli 2014 um 19.05 Uhr im Deutschlandradio von den Qualitäten dieses Werkes zu überzeugen.
Weitere Rezensionen zu Rossini in
Wildbad 2014 |
ProduktionsteamMusikalische LeitungLuciano Acocella Inszenierung, Bühnenbild und Kostüme Mitarbeit Kostüme Licht Chor
Camerata Bach Chor Posen Virtuosi Brunenses
SolistenOttone, deutscher Kaiser
Adelaide, Witwe von Lothar
Berengario, Vater von Adelberto
Adelberto
Eurice, Gattin von Berengario
Iroldo, vormals Staathalter von Canossa Ernesto,
Offizier von Ottone
|
- Fine -