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Mozartfest Würzburg
23.5. - 29.6.2014


Mozart - trazoM
Musik im Spiegel
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Mozartfest Würzburg
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Durchreise mit Spätfolgen

Eindrücke vom Mozartfest in Würzburg, das diesmal auch mit einem "Mozart-Labor" aufwartet

Von Joachim Lange

Würzburg hat durchaus eine gewisse Ähnlichkeit mit Salzburg. Wer vorbeifährt, muss hinschauen, wer Station macht, bliebe gerne länger. Eine eindrucksvolle Festung thront über der Stadt. Unten beherrschen die Kirchtürme das Bild. Die gewaltige, von Balthasar Neumann gebaute barocke Residenz der einst regierenden Erzbischöfe rahmt die Stadt von der anderen Seite her ein. Das klingt nicht nur wie die deutsche Ausgabe einer Mozart-Stadt - das ist auch eine. Zumindest im Juni, wenn überall die Fahnen des Mozartfestes wehen, das hier seit 1921 stattfindet. In Bayern gibt's eben nicht nur Bayreuth mit seinen Wagner-Festspielen.

Während dieses deutsche Familienunternehmen quasi von selbst läuft, muss sich Intendantin Evelyn Meining mit ihrem Miniteam in Würzburg schon etwas einfallen lassen und mächtig ins Zeug legen, um knapp die Hälfte des Budgets von 1,7 Millionen Euro, das der Freistaat Bayern eher symbolisch unterstützt, über den Kartenverkauf einzuspielen. Der Intendantin und der Geschäftsführerin Karin Rawe stehen für die Organisation anderthalb Vollzeitstellen, für den Kartenverkauf und das Büro-Management eine Stelle und zwei Volontäre jeweils für ein Jahr zur Seite. Schlanker geht Organisation kaum. Wobei das Mozartfest mit 25.000 angebotenen Karten für über 60 Veranstaltungen, Konzerte, Familienkonzerte, Musik und Literatur, Festgottesdienste, Kinoprogramm etc. bis Ende Juni durchaus einen ansehnliche Größe hat.

Der Gesamt-Etat umfasst die Künstlergagen, Personalkosten, Technik, Sachkosten, Mieten für Instrumente, Mieten für Räume. Dem gegenüber stehen Karteneinnahmen in Höhe 810.000 € und ein Zuschuss der Stadt Würzburg von 440.000 €. Der Freistaat Bayern beteiligt sich durch den Erlass der Miete für die Nutzung der Residenz und erstmals in diesem Jahr mit 50.000 €. Dazu kommen 25.000 € aus dem Kulturfonds Bayern 2014 für das MozartLabor. 280.000 € steuern Freudeskreis, Sponsoren, Stiftungen und Mäzene bei. Schließlich kommen aus dem Verkauf Anzeigen im Programmbuch, Verkauf von Programmheften, Vermietung von Inventar etc. weitere: 95.000 € hinzu.

Für die heuer erstmals als Intendantin berufene, langjährige Musikdirektorin des Rheingau-Musikfestivals ist das Mozartfest ausdrücklich kein klingendes Museum. Nicht nur, dass im laufenden Programm Mozart bewusst mit der Moderne konfrontiert wird. Sie hat dem Konzertprogramm für vier Tage ein "Mozart-Labor" hinzugefügt, das diesen Namen tatsächlich verdient. In den dafür idealen Räumen des Exerzitienhauses im Kloster Himmelspforten. Hinter den hohen, gleichwohl offenen Mauern tagt sonst die Deutsche Bischofskonferenz. Das ist alles nobel gemacht, aber nicht nur für einen Bischof wie in Limburg, sondern als Begegnungsstätte - der ideale Ort für das Zusammentreffen junger Musiker mit Komponisten-Größen wie Wolfgang Rihm und Jörg Widmann (als Laborleiter) oder renommierten Musikwissenschaftlern. Die musizieren nicht nur zusammen, sondern widerlegen in obendrein unterhaltsamer Weise bei Podiums-Diskussionen aufs Schönste selbst die eigene These, dass man über Musik eigentlich nicht reden kann. Auch Philosoph Peter Sloterdijk wird sich am Mozartdiskurs beteiligen. Für ein verbales Crescendo beim Reden über Mozart und sein Bild in den Spieglungen der Zeitgenossen und der Nachwelt ist also gesorgt.

Wolfgang Rihm, dem bei den Salzburger Festspielen einer der "Kontinente" gewidmet war, als bedeutendsten lebenden deutschen Komponisten anzukündigen ist zulässig, selbst wenn einem da noch ein paar andere Namen einfallen würden. Einer davon ist er sicherlich. Wird der Bariton Christian Gerhaher als der beste Liedinterpret der Gegenwart begrüßt, dann ist die Zustimmung allgemein. In Wien weiß man seit seinem Prinzen von Homburg im Theater an der Wien und seinem Wolfram im Haus am Ring, dass diese außerordentlichen Qualitäten auch seine Büheninterpretationen zu etwas ganz Besonderem machen. In Frankfurt setzte er auch als Eisenstein in der Fledermaus und jüngst als Don Giovanni Maßstäbe.

In Würzburg krönte er das Mozartfest mit einem Liederabend im Prunksaal der Residenz. Den man über das Stiegenhaus mit dem grandiosen Tiepolo-Deckenfresko erreicht. Wenn hier mit diesem Ausnahmesänger und seinem kongenialen Begleiter Gerold Huber eine Auswahl von Schubert-Liedern zu Goethe-Texten auf dem Programm steht, in die eine Uraufführung der Wolfgang Rihm-Vertonung der sperrigen "Harzreise im Winter" integriert ist, dann sind alle Voraussetzungen beisammen, dass ein magischer Moment entsteht, in dem sich alle Künste vereinen, das Erbe der Vergangenheit lebendig wird und in die Zukunft weist.

Schubert so mit Rihm zu kombinieren hat nichts von einer Anmaßung. Rihms Komposition fühlt sich nicht nur in den Ausnahmetext ein und folgt seiner Sprache. Er serviert Goethes Selbsterforschung, die bei seiner abenteuerlichen und gefährlichen Brockenbesteigung im Winter 1777 entstand, ohne jede Verschreckungsattitüde als eine dezidiert klassische Komposition eines freien Gesangs von heute. Und Gerhaher, der sich das gewünscht hatte, ist der denkbar beste Interpret. Er erweist sich erneut als der Glücksfall für den Liedgesang nach Fischer-Dieskau schlechthin. Neu und frisch, intelligent und durchreflektiert, mit betörendem Timbre und technischer Virtuosität, dabei ohne jede Manieriertheit. So überstrahlt denn ein Abend im Weltklasseformat den aktuellen Jahrgang eines traditionsreichen Festivals, das aus Würzburg nicht wegzudenken ist und jede Aufmerksamkeit darüber hinaus verdient.




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Konzert am 1. Juni
Kaisersaal der Residenz
Liederabend
Christian Gerhaher (Bariton
Gerold Huber (Klavier)

Goethe-Vertonungen von F. Schubert und W. Rihm
Harzreise im Winter von Wolfgang Rihm
(Uraufführung)


am 2. Juni, Kloster Himmelspforten
Mozart-Labor
Seminare und Podiumsdiskussionen
mit Wolfgang Rihm und Jörg Widmann
und dem Musikwissenschaftlicher und
Mozartforscher Ulrich Konrad


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Würzburger Mozartfest




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