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Rossini Opera Festival

Pesaro
10.08.2015 - 22.08.2015


L'inganno felice

Farsa in un atto
Libretto von Giuseppe Foppa
Musik von Gioachino Rossini

In italienischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h 40' (keine Pause)

Wiederaufnahme-Premiere im Teatro Rossini in Pesaro am 12. August 2015 (Produktion aus dem Jahr 1994)
(rezensierte Aufführung: 15.08.2015)


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Rossini Opera Festival

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Rossinis Farsa in pittoreskem Bühnenbild

Von Thomas Molke / Fotos vom Rossini Opera Festival


Bereits 2013 hatten Rossini-Fans, die im Sommer von Bad Wildbad nach Pesaro pilgern, die Möglichkeit, innerhalb kürzester Zeit zwei unterschiedliche Produktionen einer Rossini-Oper zu sehen und somit einen direkten Vergleich zu ziehen. Während es damals Guillaume Tell war, der sich in den letzten Jahren allmählich seinen Weg ins Repertoire zurückerobert hat, handelt es sich in diesem Jahr um ein Stück, das eigentlich komplett von den Spielplänen verschwunden ist: L'inganno felice. Dabei kommt dieser zweiten Farsa, die Rossini zu Beginn seiner Karriere für Venedig komponierte, durchaus ein besonderer Stellenwert zu. Dieser Einakter erfreute sich nämlich nicht nur in ganz Italien großer Beliebtheit und wurde bereits ein Jahr nach der Uraufführung an zahlreichen Bühnen herausgebracht, sondern feierte auch europaweit einen riesigen Erfolg, so dass es bereits 1816 in München die erste deutschsprachige Aufführung gab und das Werk in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts sogar in Süd- und Nordamerika gespielt wurde. Ein Grund für die große Begeisterung des damaligen Publikums mag neben der großartigen Musik auch die Tatsache gewesen sein, dass Rossini ein Sujet vertonte, dass eine eigentlich ernste Handlung mit komischen Momenten unterlegte und damit zu seiner ersten Opera semiseria wurde. Während in Bad Wildbad der Intendant Jochen Schönleber eine Neuinszenierung präsentiert, die genau auf die Gegebenheiten des im letzten Jahr wiedereröffneten Königlichen Kurtheaters angepasst ist (siehe auch unsere Rezension), greift man in Pesaro auf eine Inszenierung von Graham Vick zurück, die bereits 1994 im Rahmen des Festivals ihre Premiere feierte.

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Erstes Wiedersehen nach zehn Jahren am Strand: Isabella (Mariangela Sicilia) und Bertrando (Vassilis Kavayas, Mitte) (rechts: Tarabotto (Carlo Lepore))

Die Handlung steht in der Tradition einer ganzen Reihe von Dramen des 18. Jahrhunderts, in der eine junge Frau zu Unrecht verstoßen, dabei allerdings auf wundersame Weise gerettet wird. Bei Rossini ist es Isabella, die Frau des Herzogs Bertrando. Ormondo, ein Vertrauter des Herzogs, hat selbst ein Auge auf die Herzogin geworfen, wird von dieser allerdings abgewiesen. Aus Rache bezichtigt er sie der Untreue und überzeugt ihren Mann, sie auf einem Boot auf offener See auszusetzen. Anders als erwartet kentert das Boot aber nicht, sondern strandet an der benachbarten Küste, wo der Vorarbeiter einer Eisenmine, Tarabotto, die junge Frau rettet und als seine Nichte "Nisa" aufnimmt. Zehn Jahre später rüstet der Herzog zum Krieg und gelangt genau an diese Küste, weil die Eisenminen für seine Kriegsführung eine wichtige Rolle spielen. Dabei trifft er auf Isabella, die sich allerdings nicht sofort zu erkennen gibt. Fatalerweise ist auch Ormondo im Gefolge des Herzogs. Da er fürchtet, dass sein Betrug von damals auffliegen könne, befiehlt er seinem Diener Batone, die junge Frau zu entführen und zu töten. Tarabotto hat allerdings die Szene belauscht und plant eine Intrige. Er bittet den Herzog um Schutz für seine Nichte und rät ihm, heimlich die Gründe zu erkunden, wieso Ormondo Nisa entführen will. So erfährt der Herzog, dass er seine Frau zu Unrecht verurteilt hat. Verzweifelt will er sich das Leben nehmen. Doch jetzt gibt sich Nisa als Isabella zu erkennen und verzeiht ihrem Gemahl. Batone wird begnadigt, Ormondo hingegen bestraft.

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Tarabotto (Carlo Lepore, links) und Batone (Davide Luciano, rechts) versuchen, sich gegenseitig auszuhorchen.

Während das Bühnenbild in Bad Wildbad aufgrund der beschränkten Möglichkeiten im Königlichen Kurtheater größtenteils nur mit Stellwänden und einigen wenigen Requisiten angedeutet wird, entwirft Richard Hudson eine nahezu schon pittoreske Felsenlandschaft mit Blick auf das Meer. Die Eisenmine befindet sich hier unter den Felsen. Ein kleines Schiff fährt im Laufe der Aufführung im Hintergrund von links nach rechts über das angedeutete Meer. Die Kostüme, für die ebenfalls Hudson verantwortlich zeichnet, muten mit Blick auf Bertrando und seine Soldaten in den blauen Uniformen schon nahezu kitschig an, bilden allerdings einen guten Kontrast zu der einfach gehaltenen Kleidung der Minenarbeiter. Wenn Isabella am Ende in einem mondänen grünen Kleid, mit dem sie einst auf dem Boot ausgesetzt worden ist, ihrem Mann entgegentritt, verwundert es schon ein wenig, dass es den Schiffbruch so unbeschadet überstanden haben soll. Da wirkte das leicht zerrissene Kostüm in Bad Wildbad schon glaubwürdiger. Der Auftritt der Soldaten wirkt mit dem improvisierten Stechschritt auf der unebenen Bühne eher lächerlich. Großen Eindruck hingegen hinterlässt die Lichtregie von Matthew Richardson, der mit großartigen Einstellungen einen fließenden Übergang vom Tag zur Nacht erzeugt und nach Aufdeckung der Intrige die Bühne langsam wieder in hellerem Licht erstrahlen lässt. So mögen Anhänger einer traditionellen Inszenierung der Aufführung in Pesaro im Vergleich zu Bad Wildbad vielleicht einen leichten Vorzug geben.

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Der Bösewicht Ormondo (Giulio Mastrototaro) wird überführt.

Wenn man Lorenzo Regazzo in der Partie des Tarabotto in Bad Wildbad erlebt hat, fällt es schwer, bei einer anderen Besetzung unvoreingenommen zu sein. Aber auch Carlo Lepore gelingt es, ohne komplette eigene Arie als Drahtzieher die Szene zu beherrschen und mit enormer Bühnenpräsenz und komödiantischem Spiel zum Publikumsliebling zu avancieren. Wenn er sich unter einer Bank versteckt und verzweifelt versucht, Ormondo und Batone zu belauschen, setzt Lepore die Szene mit herrlichem Witz um. Als ein musikalischer Höhepunkt kann dass sicherlich auch das Buffo-Duett mit Batone, "Va taluno mormorando", bezeichnet werden, in dem Tarabotto und Batone sich gegenseitig zu überlisten versuchen und dabei die Motive des anderen ergründen wollen. Lepore begeistert dabei mit kräftigem Bass und wunderbarem Parlando-Ton, wobei er das hohe Tempo, das Denis Vlasenko am Pult des Orchesters Sinfonica G. Rossini vorgibt, geradezu spielerisch hält. Davide Luciano bewegt sich als Batone stimmlich und darstellerisch auf dem gleichen Niveau, wobei Tiziano Bracci in Bad Wildbad die Komik der Figur vielleicht noch ein bisschen deutlicher herausgearbeitet hat. Luciano stattet den Batone mit profunden Tiefen und einer beweglichen Stimmführung aus, so dass auch seine Arie "Una voce m'ha colpito", in der er fürchtet, in Nisa Bertrandos tot geglaubte Gattin Isabella wiederzuerkennen, vom Publikum frenetisch gefeiert wird. Giulio Mastrototaro bleibt in der Partie des Bösewichts Ormondo hingegen stimmlich und darstellerisch etwas blass.

Vassilis Kavayas verfügt als Bertrando über einen sehr hellen Tenor, der in der Auftrittskavatine stellenweise ein wenig angestrengt klingt und zum Forcieren neigt. Bleiben die Höhen auch im weiteren Verlauf bisweilen ein wenig wackelig, überzeugt Kavayas aber dennoch im weiteren Verlauf mit einer beweglichen Stimmführung. Mariangela Sicilia hat sich seit ihrem Auftritt als Corinna in Il viaggio a Reims bei der Accademia Belcanto 2012 mittlerweile zu einer festen Größe in Pesaro entwickelt. Begeisterte sie bereits vor zwei Jahren als Elvira in L'Italiana in Algeri mit leuchtendem Sopran, setzt sie auch als Isabella an diesem Abend besondere Akzente. So macht sie stimmlich und darstellerisch eine glaubhafte Wandlung von der melancholischen Frau zu Beginn der Oper, der Tarabotto mit viel Mühe das Geheimnis ihrer Herkunft entlockt, über eine leicht verunsicherte, dabei aber dennoch zornige  Frau, die dem ehemaligen Gatten im großen Terzett entgegentritt, hin zu dem großmütigen Wesen, das dem reuigen Gatten verzeiht. Beeindruckend gelingt die Schilderung ihres Schicksals in ihrer großen Arie kurz vor Ende des Stückes. Das Orchester Sinfonica G. Rossini setzt unter der Leitung von Denis Vlasenko Rossinis Partitur leichtfüßig um, so dass es am Ende großen Applaus für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Vergleicht man die beiden Aufführungen in Bad Wildbad und Pesaro, ist es schwer einer der beiden den Vorzug zu geben. Wahrscheinlich sollte man beide gesehen haben, um den Wert dieses zu Unrecht vernachlässigten Werkes wirklich schätzen zu können.

Weitere Rezensionen zu dem Rossini Opera Festival 2015



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Denis Vlasenko

Regie
Graham Vick

Bühne und Kostüme
Richard Hudson

Licht
Matthew Richardson



Orchester Sinfonica G. Rossini


Solisten

Isabella
Mariangela Sicilia

Bertrando
Vassilis Kavayas

Ormondo
Giulio Mastrototaro

Tarabotto
Carlo Lepore

Batone
Davide Luciano

 


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