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Kissinger Sommer 2018

Bad Kissingen, Rossini-Saal, 26. Juni 2018



Menahem Pressler, Klavier


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Kissinger Sommer

Perlende Läufe, Mut und Lebensfreude

Von Hiltrut Böhm

Wenn ein 94-Jähriger auf dem Konzertpodium am Flügel sitzt, ja schon, wenn er an das Instrument geführt wird, bleibt es nicht aus, dass man sich Gedanken macht über die Fülle eines so langen bewegten Lebens, wie auch über die nicht wegzuleugnenden Lasten eines so hohen Alters.

Dann jedoch zählt nur noch, was zu hören ist. Menahem Pressler, der nach Jahrzehnten als Pianist des weltberühmten Beaux-Arts-Trios sich seinen Traum erfüllen und eine Solokarriere anschließen konnte, der sein Debüt mit den Berliner Philharmonikern vor vier Jahren gab und 2015 mit dem Echo Klassik für sein Lebenswerk geehrt wurde, dieser Pianist versetzt mit den ersten Tönen, die er dem Instrument entlockt, das Publikum in gespannte, fast atemlose Aufmerksamkeit.

Foto kommt später

Es ist Wohlbekanntes, das auf dem Programm steht und er spielt es bedächtig. Er zelebriert jeden Ton wie eine Kostbarkeit, behutsam und allemal liebevoll und gleicht auf unnachahmliche Weise aus, was an Kraft und letzter Präzision fehlt. Und immer wieder leuchtet er auf, dieser wundervoll perlende Anschlag, der schon dem Trio seinen unverwechselbaren Charakter verliehen hat.

Pressler beginnt den Abend mit zwei Werken von Wolfgang Amadeus Mozart, die einen Wendepunkt im Leben des Komponisten markieren und durch einen ganz neuen, in die Romantik weisenden Ausbruch persönlicher Gefühle schon zur Zeit ihrer Entstehung tiefen Eindruck hinterließen: Die Fantasie KV 475 und die Sonate KV457. Beide sind, obschon Mozart sich gerade damals auf der Höhe seines Erfolges befand, in der "tragischen" Tonart c-Moll geschrieben, beide seiner ehemaligen Schülerin Therese von Trattner gewidmet, mit der ihn möglicherweise eine unglückliche Liebe verband, beide von Leidenschaft, Schmerz und Verzweiflung des knapp Dreißigjährigen geprägt. Man spürt bei Pressler diese Dramatik, aber sie klingt abgeklärt wie eine Erinnerung an vergangene Zeiten.

Die folgenden Kinderszenen op. 15 von Robert Schumann, dreizehn "kleine putzige Dinger", wie der Komponist sie in einem Brief an seine Braut Clara Wieck selbst nannte, spiegeln die optimistische Stimmung wider, in der er sich 1838 kurz vor der Gründung seiner Familie befand. Man könnte sie durchaus als "vertonte Gedichte" bezeichnen, zumal Schumann zeitlebens die Verknüpfung von Poesie und Musik zum Ausdruck romantischer Gefühle anstrebte. Diese Empfindungen bringt Pressler vor allem in den getragenen Teilen zum Klingen, er filtert die Melodien in beispielhafter Weise heraus und beendet fast andachtsvoll die Kinderszenen mit dem choralartigen Der Dichter spricht.

"Lente e grave", "Modere´", "Tres calme et doucement expressif", "Profondiment calme"....... Pressler verzichtet auch im Folgenden weitgehend auf Virtuoses und wählt aus den Preludes Pour Piano Bd. 1 von Claude Debussy eben jene Teile, die seiner innigen, kontemplativen Interpretationsweise entgegenkommen.

Nationalstolz, Heimatverbundenheit und zweifellos auch Heimweh lassen sich in den Mazurkas Frederik Chopins, der fern von Zuhause in Paris als hoch geachteter Künstler lebte, unschwer nachvollziehen, schwebt doch trotz aller tänzerischen Ausgelassenheit, aller Dynamik eine wehmütige Stimmung über dem Ganzen. Pressler schwelgt in dieser Stimmung, er lässt polnisches Temperament und Chopins Gefühlswelt durch das charakteristische, lang gedehnte Rubato und durch seinen nuancenreichen Anschlag lebendig werden.

Begeisterter Applaus, Bravorufe und Standing Ovation würdigen die bewundernswerte Leistung dieses Mannes. Und er? Menahem Pressler lässt sich nicht lange bitten. Mit Chopins Nocturne cis-Moll beschenkt er das Publikum in besonderer Weise. Hier ist jeder Ton eine Offenbarung. Wen kümmert das Alter dieses Künstlers, der so viel zu sagen, so viel auszudrücken im Stande ist und mit Mut und offensichtlicher Lebensfreude allen Widrigkeiten begegnet. Er findet noch Kraft für eine zweite Zugabe (Debussys Clair de Lune) und beschließt damit einen Konzertabend, dessen Zauber sich wohl niemand entziehen konnte.




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Kissinger Sommer 2018

Solorecital Menahem Pressler

Rossini-Saal Bad Kissingen
26. Juni 2018


Ausführende

Menahem Pressler, Klavier


Programm

Wolfgang Amadeus Mozart
Fantasie c-moll KV 475
Sonate c-moll KV 457

Robert Schumann
Kinderszenen op.15

Claude Debussy
aus Préludes pour piano, Heft 1:
Danseuses de Delphes
Voiles
La fille aux cheveux de lin
La cathédrale engloutie
Minstrels

Claude Debussy
La Plus que Lente

Claude Debussy
Rêverie

Frederic Chopin
Mazurka h-Moll op. 33
Mazurka fis-Moll op. 59/3
Mazurka a-Moll op. 67/4
Mazurka B-Dur op. 7/1
Mazurka f-Moll op. 7/3
Mazurka a-Moll op. 17/4


Zugaben:

Frederic Chopin
Nocturne cis-Moll

Claude Debussy


Clair de lune



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