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Klavierfestival Ruhr 2018

Duisburg, Mercatorhalle im CityPalais, 19. April 2018



Eröffnungskonzert des Klavierfestival Ruhr 2018


Pierre-Laurent Aimard
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Klavierfestival Ruhr

Impressionismus als Klangarchitektur

Von Stefan Schmöe / Fotos: Peter Wieler

Es ist wohl das erste Mal in 30 Jahren Klavierfestival, dass der Pianist barfuß spielt - das befand auch der Stiftungsratsvorsitzende Thomas Lange in seiner kurzen Ansprache zu diesem Eröffnungskonzert des Klavierfestivals. Und nicht nur barfuß, auch noch mit einer aufgesetzten Clown-Nase. An einem vermeintlichen Seriösitätsverlust liegt das nicht, keine Sorge, sondern der Auftakt gehört dem Education-Programm des Festivals, und da passt sich der Starpianist den Kindern der Grundschule Sandstraße aus Duisburg-Marxloh an, die - ebenfalls barfuß, in schwarzer Kleidung und mit roter Nase - zu Debussys Golliwogg's cake walk einen hübschen Tanz einstudiert haben. Wirkung zeigt die Zusammenarbeit mit Aimard durchaus: Von Lange befragt, gaben gleich mehrere Kinder als Berufswunsch "Pianist" an.

Foto kommt später

Pierre-Laurent Aimard mit den Kindern der Grundschule Sandstraße, Duisburg-Marxloh

Auch danach drehte sich das Programm um Claude Debussy, dessen 100. Todestag in diesem Jahr der Auslöser für das Festivalmotto "Vive la France!" ist. Unter dem Titel "Le Tombeau de Debussy" haben verschiedene Komponisten nach einem Aufruf durch den Herausgeber der Zeitschrift "La Revue Musicale" im Jahr 1920 Kompositionen in einen Sammelband veröffentlicht, und einige davon stellte Aimard an den Beginn des Hauptteils dieses Konzerts. Indem er die kurzen Werke von Gian Francesco Malipiero, Béla Bartók, Eugène Goossens, Igor Strawinsky und Paul Dukas fast nahtlos ineinander übergehen lässt, entsteht der Eindruck einer Suite, allerdings verschwimmen dadurch die stilistischen Unterschiede. Aimard interpretiert die Werke wie durch die Brille Debussys, wobei es nicht geschadet hätte, die Eigenheiten dieser durchweg reizvollen kurzen Stücke stärker zu betonen und weniger das Verbinde. Als Hommage an Debussy aber war das ein origineller Einstieg.

Der weitere Abend gehörte ohnehin ganz dem "originalen" Debussy, vor der Pause mit beiden Bänden der Images. Aimard verfügt über eine enorme Bandbreite an Differenzierung im Anschlag, womit er verschiedene Schichten nebeneinander setzt. Der "Impressionismus" dieser Musik (ursprünglich durchaus nicht freundlich gegenüber Debussys vermeintlich unklaren Kompositionen gedacht) zeigt sich in einer Farbigkeit, die keineswegs undeutlich oder verschwommen ist. Aimards Interpretationen der mit programmatischen Titeln versehenen Sätze (wie z.B. "Poissons d'or" - "Goldfische") verlieren sich nicht in Natur- oder Stimmungszeichnungen, sondern behalten immer klare Konturen, auch wenn die sehr zart werden. Das kompositorische Problem - und dessen Lösung - steht im Vordergrund, und es bleibt im Spiel von Aimard ein Rest an intellektueller Distanz, ohne "akademisch" zu werden. Gleichzeitig erreicht Aimard betörende Klangwirkungen, so in den erwähnten Poissons d'or oder in der flächenhaften Bewegung im dritten Satz des ersten Image-Heftes (Mouvement). Das zeigt wunderbar, wie sehr Debussy eben doch Klang-Architekt gewesen ist.

Foto kommt später

Pierre-Laurent Aimard

In den nach der Pause gespielten zwölf Etüden aus dem Jahr 1916 setzt sich dies noch verstärkt fort. Debussy gab die Stücke in zwei Heften mit bewusstem Bezug auf die Konzert-Etüden Chopins heraus, dessen op. 10 und op. 25 ebenfalls jeweils zwölf Etüden umfassen. Dabei spielt Debussy nicht ohne Ironie mit der Gattung "Etüde", die - jenseits von Chopin - ja auch als Inbegriff des unkreativen Übens verstanden werden kann. So gibt Debussy jedem der Stücke im Titel mit, was hier geübt werden soll, und im Titel des allerersten steht ein boshafter Verweis an Carl Czerny und dessen entsprechende Werke: "Für die fünf Finger - nach Monsieur Czerny". Die Musik beginnt mit einer mehrfach wiederholten simplen Tonleiterfigur bis zur Quint, wie sie Klavieranfänger hassen - von Aimard mit einer abgründigen Mischung aus Ironie und heiligem Ernst gespielt. Unvermittelt wird es dann doch sehr virtuos, wobei das Motiv durch die Noten geistert. Ähnlich geht es weiter, eine durchaus "verkopfte" Musik von großer Raffinesse mit faszinierenden Wendungen. Aimard macht mit Witz und Charme, aber eben auch mit unbedingtem Formwillen (und überragender Technik), hörbar (und da schließt sich der Bogen zum Tombeau de Claude Debussy vom Anfang des Konzerts), welche Querbezüge es etwa zwischen dem Franzosen und Strawinsky gibt. Das ist ein anderes, kraftvolleres Debussy-Bild, als man es meistens vorgesetzt bekommt.

Ein ziemlich anspruchsvolles Programm also, insbesondere für das Eröffnungskonzert des diesjährigen Klavierfestival Ruhr, und gleichzeitig das 25. Konzert, das Aimard im Rahmen dieses Festivals gibt. Das "traditionelle" Debussy-Bild kam dann immerhin in der Zugabe zum Klingen, im zehnten Stück des ersten Bandes der im Vergleich zu den Etudes ungleich populäreren Prelude, dem der Titel La cathédrale engloutie (Die versunkene Kathedrale) nachgestellt ist. Natürlich auch hier streng kontrolliert interpretiert mit der für Aimard bezeichnenden großen Klarheit.




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Klavierfestival Ruhr 2018
Eröffnungskonzert
Duisburg, Mercatorhalle im CityPalais
19. April 2018


Ausführende

Pierre-Laurent Aimard, Klavier


Programm

"Le Tombeau de Claude Debussy"

Gian Francesco Malipiero:
A Claude Debussy

Béla Bartók:
Sostenuto, rubato
(aus: Acht Improvisationen über
ungarische Volkslieder op. 20)

Eugène Goosens:
Hommage à Debussy op. 28

Igor Strawinsky:
Aus: Symphonies d'instruments à vent
à la mémoire de C. A. Debussy

Paul Dukas:
La plainte, au loin, du faune
(Ferne Wehklage eines Fauns)

Claude Debussy:
Images, Heft I und II

- Pause -

Claude Debussy:
Douze Études, Heft I und II

Zugabe:

Claude Debussy:
Prélude Buch I Nr.10
... La cathédrale engloutie



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