Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musikfestspiele
Zur
                  OMM-Homepage Zur Festspiel-Startseite E-mail Impressum




Salzburger Festspiele 2018

Les Pêcheurs de perles

Oper in drei Akten (1863)
Libretto von Eugène Cormon und Michel Carré
Musik Georges Bizet

In französischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 Stunden 30 Minuten (eine Pause)

Konzertante Aufführung im Großen Festspielhaus am 26.08.2018




Homepage


Salzburger Festspiele
(Homepage)

Stimmen, in denen man Baden möchte


Von Bernd Stopka / Fotos: © Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

Georges Bizets Les Pêcheurs de perles (Die Perlenfischer) haben es neben seinem Welterfolg Carmen schwer, zumal dieser Oper der Hauch der Süßlichkeit, des gewollt exotisch-fernöstlichen Kolorits anhaftet und sie entsprechend abgestempelt wird. Eines der schönsten Männerstimmen-Duette „Au fond du temple saint“ und die Romanze „Je crois entendre encore“ stehen in der ersten Reihe der beliebtesten Wunschkonzertnummern und geraten leicht an die Grenze zum Gefühligen, wenn sie, aus dem Gesamtzusammenhang der Oper gerissen, entsprechend interpretiert werden. Aber wie das mit den Stempeln so ist – es steckt sowohl Wahrheit in ihnen also auch ungerechte Vereinfachung. In Les Pêcheurs de perles gibt es viele Feinheiten und Farbenreichtum zu entdecken – und ja, es ist auch Musik zum darin Baden, als konzertante Aufführung sowieso. Und warum auch nicht? Mit herausfordernden Inszenierungen, musikalischen Experimenten und agogischen Verrenkungen setzt sich der fleißige Opern- und Konzertbesucher eh schon ausgiebig auseinander. Heuer in Salzburg insbesondere.

Bild zum Vergrößern
Plácido Domingo (Zurga), Javier Camarena (Nadir), Riccardo Minasi (Musikalische Leitung), Mozarteumorchester Salzburg

Die Geschichte spielt „in alten Zeiten“ auf Ceylon: Die Perlenfischer wählen zum Saisonbeginn Zurga zu ihrem König. Sein alter Freund Nadir, der lange in der Ferne weilte, kommt dazu. Sie erneuern ihre Freundschaft, die sie einst sogar so weit gebracht hat, dass jeder auf die Frau verzichtet hat, die sie beide geliebt haben, um ihre Freundschaft nicht zu gefährden. Nun wird genau diese Frau, Leila, zur keuschen Priesterin erwählt, die für die Perlenfischer schützend singen und beten soll. Leila und Nadir erkennen sich und können nicht voneinander lassen. Als die Liebestat durch den Oberpriester Nourabad aufgedeckt wird, pocht König Zurga vor der lynchen wollenden Menge auf sein Recht, über sie zu urteilen. Zunächst ist er gnädig gestimmt, doch verdammt er sie zum Tod auf dem Scheiterhaufen, als er die ebenfalls von ihm geliebte Leila erkennt und sieht, dass Nadir Verrat an ihrer Freundschaft begangen und den so leidenschaftlich besungenen Freundschafts- und Treueschwur gebrochen hat. Ein Gewitter zwingt alle, den Gott Brahma anbetend, auf die Knie. Zurga bereut sein Urteil, betrauert die Lage und besinnt sich auf die große Freundschaft – und doch bittet Leila vergebens um Gnade für Nadir.  Aber als sie auf dem Weg zum Scheiterhaufen einem Fischer ihre Kette gibt, der sie ihrer Mutter geben soll, erkennt Zurga diese als die Kette, die er einst einem jungen Mädchen als Dank dafür gab, dass sie ihm das Leben gerettet hat. Er setzt das Zeltlager in Brand und im entstehenden Tumult können die beiden Verurteilten fliehen. Für den Schluss der Oper liegen mehrere Varianten vor: Nachdem Zurga den beiden Liebenden auf diese Weise zur Flucht verholfen hat, wird er entweder selbst auf dem eigentlich für sie errichteten Scheiterhaufen verbrannt, erstochen oder begeht Selbstmord. Oder der Schluss wird offengelassen und wie hier in der konzertanten Fassung einfach nur musikalisch zelebriert – mit Zurgas finaler Erkenntnis: „Brahmas weiser Rat bestraft meine Tat mit Tod und Verderben!“

Die Charakterisierung des exotischen Volkes ist zwar haarsträubend, aber die Handlung ist auch nicht konstruierter als die anderer Opern. Liebe, Freundschaft, Treue – die üblichen Verdächtigen einer Opernhandlung – werden von Bizet mit hochleidenschaftlicher, sehr emotionaler Musik erfüllt. Die Melodie des Duetts durchzieht die Oper leitmotivisch und stellt so die Freundschaft, die Ehrenhaftigkeit und Treue der beiden Männer in den Vordergrund (Don Carlo und Posa lassen grüßen). Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf Zurgas Seelenleben, der hin- und hergerissen zwischen seiner freundschaftlichen Liebe zu Nadir und seinen verletzten Gefühlen steht. Erst voller Verständnis und Verzeihen und dann gleich wieder voller Wut nach dem Motto, „wenn ich nicht lieben darf, darfst Du das auch nicht!“. Das Ganze noch einmal hin und wieder zurück und wieder hin...

Vergrößerung in neuem
                        Fenster Aida Garifullina (Leïla), Riccardo Minasi (Musikalische Leitung), Mozarteumorchester Salzburg

Dass die Liebesgeschichte zwischen Leila und Nadir in Salzburg dennoch den intensivsten Eindruck hinterlässt, liegt an der Sängerbesetzung, die glücklicher nicht hätte gewählt werden können. Das Duett im zweiten Akt mit einem geradezu himmlisch ausschwebenden Schlusston wird zu einem Höhepunkt der Aufführung. Aida Garifullina singt die Leila zum Niederknien mit ausdrucksvollem, hochkultiviertem geradezu schwebend schlank klingendem Sopran. Die Koloraturen klingen geradezu engelhaft – wie hell glänzende Perlen reiht sie die Töne mit hoher Legatokultur aneinander und erreicht den Eindruck, dass es sich um eine Ausdrucksform, nicht um die bloße Darstellung von Gesangskunst handelt. Javier Camarena ist ein wundervoller Nadir. Mit seinem geradlinig geführten hellem und leichtklingendem, aber nicht zu leichtem Tenor erreicht er wie selbstverständlich sanft strahlende Spitzentöne von warmem Glanz. Die Romanze im ersten Akt schwebt federleicht und doch stimmvoll durch den Saal. Zusammen mit einer vorbildlichen Artikulation gelingt ihm eine geradezu natürlich wirkende, ausdrucksstarke Interpretation, die er mit kurzen Gängen und kleinen Gesten (ohne auch nur einen Blick in den Klavierauszug) anreichert. Im allerbesten Sinne ein „Gänsehaut-Tenor“, wie es meine Sitznachbarin treffend ausdrückte und mir den Beweis auf ihrem Unterarm nicht schuldig blieb. Stanislav Trofimov lässt in der kleinen Partie des Priesters Nourabad (die man sich bei diesem volltönendem, großartigen Bass sehr viel umfangsreicher wünschen möchte) eine eindrucksvolle Kombination von Stimmgewalt und Stimmkultur hören.
Placido Domingo hat in früheren (Tenor-)Jahren im Duett mit diversen Kollegen die Partie des Nadir gesungen. Nun singt er (mit 77) den Zurga. Nach einem etwas verhaltenem Beginn, der doch ein wenig das gewohnte Stimmvolumen, den Schmelz und die Wärme der Stimme vermissen ließ, steigerte er sich im Laufe der Aufführung und ließ in der großen Szene zu Beginn des dritten Aktes dem strömenden Wohlklang seiner Stimme freien Lauf. Die Stimme sitzt, wenn auch nicht ohne leichte Ermüdungserscheinungen, und das größer gewordene Vibrato hält sich in wohltönenden Grenzen. Als einziger im Ensemble scheint er nicht über seiner Partie zu stehen: Er singt nicht nur aus, sondern vor allem ständig in die Noten. Der dennoch hörbare Ausdruckswille wirkt aber doch sehr künstlich und nicht besonders überzeugend, wenn man ein so inniges Verhältnis zum Notentext pflegt. Dass man auch ohne Kostüm und Bühnenbild mit wenigen Bewegungen und Blicken, aber ausdrucksvoller gesanglicher Gestaltung ein unglaublich intensives Opernerlebnis erreichen kann, beweisen die anderen Sänger ausgiebig. Domingo hat sich als Tenor längst einen Platz in den ersten Reihen der größten Opernsänger aller Zeiten verdient – und auch einen Ehrengastplatz in den ersten Parkettreihen. Seine ehemalige Kollegin Christa Ludwig mutmaßte kürzlich, er werde auch noch einmal den Sarastro singen, aber anlässlich seines Walküre-Dirigats in Bayreuth diesen Sommer war zu lesen, dass er mit Amfortas und Wolfram liebäugelt.

Foto folgt
Walter Zeh (Choreinstudierung), Stanislav Trofimov (Nourabad), Javier Camarena (Nadir), Aida Garifullina (Leïla), Plácido Domingo (Zurga), Riccardo Minasi (Musikalische Leitung), Mozarteumorchester Salzburg, Philharmonia Chor Wien

Riccardo Minasi, Chefdirigent des Mozarteumorchesters Salzburg, lotet die vielfältigen Farben der Partitur sorgfältig aus, spannt große Bögen und lässt mit dem bestens disponierten Orchester (mit eindrucksvollen solistischen Leistungen) eine große Bandbreite zwischen fein-zarten Pianissimi und gewaltigen Ausbrüchen hören. Die eine und andere Schlusssteigerung gerät dabei allerdings etwas zu effektheischend. Der Philharmonia Chor Wien wurde von Walter Zeh bestens einstudiert und klingt homogen und kraftvoll, für die Solisten manchmal etwas zu kraftvoll.

FAZIT

Eine beglückende konzertante Aufführung auf sehr hohem Niveau.

Ihre Meinung ?
Schreiben Sie uns einen Leserbrief

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Riccardo Minasi

Choreinstudierung
Walter Zeh

 

Philharmonia Chor Wien

Mozarteumorchester Salzburg

 

Solisten

Leïla
Aida Garifullina

Nadir
Javier Camarena

Zurga
Plácido Domingo

Nourabad
Stanislav Trofimov



weitere Berichte von den
Salzburger Festspielen 2018


Zur Homepage der
Salzburger Festspiele




Da capo al Fine

Zur OMM-HomepageZur Festspiel-StartseiteE-mailImpressum

© 2018 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -