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Musikfestspiele
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Wexford Festival Opera
19.10.2018 - 04.11.2018


Bernstein à la carte

Musik von Leonard Bernstein

In englischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h 20' (keine Pause)

Premiere im Whites Hotel in Wexford am 21. Oktober 2018
(rezensierte Aufführung: 25.10.2018)



 

 

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Happy Birthday, "Lenny"

Von Thomas Molke / Fotos: © Paula Malone Carty

Am 25. August 2018 wäre Leonard Bernstein 100 Jahre alt geworden. Das ist Grund genug für zahlreiche Bühnen, sich neben der berühmten West Side Story auch mit anderen Werken dieses bedeutenden Dirigenten, Komponisten und Pianisten des 20. Jahrhunderts zu beschäftigen. Während beispielsweise das Musiktheater im Revier die neue Spielzeit mit dem in Europa relativ unbekannten Bühnenwerk Mass eröffnet hat (siehe auch unsere Rezension), soll auch beim Wexford Festival Opera dieses Jubiläum angemessen gefeiert werden, und was bietet sich da mehr an, als "Lenny" ein "Short Work" zu widmen? Dabei hat man sich aber entschieden, kein komplettes Stück von Bernstein in einer gekürzten Fassung zu spielen, sondern eigens eine Art Geburtstagsrevue zusammenzustellen, für die kein geringerer als der italienische Regisseur Roberto Recchia verantwortlich zeichnet, der seit einigen Jahren mit seinen zahlreichen Inszenierungen von "Short Works" und seinen unterhaltsamen Einführungsvorträgen zu einzelnen Hauptproduktionen im National Opera House  große Popularität erlangt hat und zu einem festen, bedeutenden Bestandteil des Festivals geworden ist.

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Sieben Solisten (von links: Owain Browne, Gemma Summerfield, Jevan McAuley, Emma Nash, Rosemary Clifford, Ranald McCusker und James Liu) planen eine Party anlässlich des 100. Geburtstags von Leonard Bernstein.

Auf einer mit Luftballons zu einer Party ausgestatteten Bühne lässt er drei Sängerinnen und vier Sänger zusammenkommen, die gemeinsam eine Geburtstagsparty für Bernstein organisieren und dabei zur Klavierbegleitung von Tina Chang zahlreiche Songs aus bekannten oder unbekannten Werken des großen US-amerikanischen Komponisten vortragen. Dazwischen werden auch einzelne Briefe zitiert, die auf die Entstehung von Bernsteins West Side Story und Candide Bezug nehmen oder das Verhältnis zu seiner Ehefrau Felicia Montealegre beschreiben, mit der er drei Kinder hatte und die sich von ihm trennte, als seine homosexuellen Beziehungen bekannt wurden. Auf einer Leinwand im Hintergrund werden Informationen eingeblendet, aus welchem Werk die jeweils präsentierten Stücke stammen. Den Anfang macht dabei "Tonight" aus West Side Story, bei dem den sieben Solisten ein großartiger Einstand als Jets, Anita, Tony und Maria gelingt. Doch auf der Bühne geht es im Anschluss mit "Tonight" nicht um den Kampf zwischen zwei verfeindeten Jugendbanden, sondern um das Treffen, zu dem Gemma Summerfield ihre zwei Kolleginnen und vier Kollegen eingeladen hat, um eine Revue mit Songs von Leonard Bernstein zusammenzustellen. Dafür soll jeder einen Vorschlag mitbringen, aber Summerfield stellt ganz klare Regeln auf: keine Choreographien und kein Bühnengeschehen. Nur Bernsteins Musik soll dabei im Vordergrund stehen.

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Rosemary Clifford verführt als resolute Taxifahrerin Hildy aus dem Musical On the Town Jevan McAuley als unbedarften Matrosen Chip.

Das lässt sich allerdings schwerlich umsetzen, da Bernsteins Musik einfach zu sehr mit dem Bühnengeschehen und Choreographien verbunden ist. Deswegen sitzen die sieben zunächst etwas unbeholfen im Kreis und schweigen sich an. Einzelne Versuche, das Eis mit lustigen Geschichten zu brechen, sind nicht von Erfolg gekrönt, bis das "Conversation Piece" aus Bernsteins 1953 für den Broadway produziertem Musical Wonderful Town das Eis bricht und in dem Gespräch zwischen Eileen, Frank, Ruth, Chick und Bob genau die Atmosphäre beschreibt, die unter den Solisten gerade herrscht. Jevan McAuley macht dann mit Bobs Song aus dem gleichen Musical im Anschluss klar, was er von Summerfields Vorgabe hält: "What a Waste". Immer mehr wird im weiteren Verlauf auch Summerfield klar, dass man auf Choreographien und Szenen nicht verzichten kann, und so wird im folgenden eine wunderbar aufeinander abgestimmte Reihe von Stücken aus West Side Story, Candide und On the Town präsentiert. Dabei erhält jeder Solist seine Chance zu glänzen.

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Emma Nash als Cunegonde aus Candide mit "Glitter and be Gay"

Emma Nash begeistert in der Arie der Cunegonde aus Candide, "Glitter and be Gay", in der die junge Frau den Reiz des Goldes in exorbitanten Koloraturen beschreibt, mit strahlenden Höhen und überzeugend dargestellter Launenhaftigkeit zwischen purer Verzweiflung und Trost durch den Glanz des Goldes. Dabei wird sie von Owain Browne mit einer Kiste voller Schmuck entlohnt. Nachdem die Perlenkette entsprechend der gesungenen Koloraturen zunächst kein Ende zu nehmen scheint, ist es schließlich der empfundene Schmerz beim Anlegen eines Ohrringes, mit dem Nash die letzte hohe Koloratur in Szene setzt. Rosemary Clifford mimt aus dem gleichen Werk die alte Dame mit der unterhaltsamen Nummer "I am easily assimilated, in der die Lady sich als absolute Lebenskünstlerin präsentiert. Als Taxifahrerin Hildy aus dem 1944 uraufgeführten Musical On the Town will sie anschließend McAuley als Chip überreden, doch mit ihr nach Hause zu kommen. Summerfield begeistert mit einem eindringlichen "Somewhere" aus West Side Story, nachdem  sie vorher ebenfalls in die Rolle der Hildy geschlüpft ist und den anderen ihre Kochkünste erklärt hat.

Hildys Kochkünste leiten dann zu einem weniger bekannten Song-Zyklus über, der unter dem Titel La Bonne Cuisine in vier Liedern für Klavier und Gesang nicht ganz ernst zu nehmende Rezepte erläutert, die von den Solisten mit großem Spielwitz auf der Bühne entsprechend umgesetzt werden. Später gibt es dann auch fünf Songs, die Bernstein unter dem Titel I Hate Music zusammengefasst hat und ebenfalls für Schmunzeln beim Publikum sorgen, besonders wenn Summerfield im dritten Song erklärt, dass sie zwar Musik hasse, aber sehr gerne singe. So nimmt die Party immer mehr Schwung auf. Auch die Pianistin Tina Chang wird in das Spiel mit einbezogen, wenn sie einerseits deutlich macht, dass sie niemanden an ihr Klavier lassen will, und dann dem wehrigen Tenor James Liu Hilfestellungen bei Tonys berühmtem Song "Maria" gibt, die Liu zunächst mit sehr schief angesetzten Tönen äußerst witzig zurückweist. Dass sein Tenor bei dem anschließenden Song nur bedingte Strahlkraft aufweist, liegt daran, dass er an diesem Tag leicht indisponiert ist und deshalb bei den Höhen kleinere Probleme hat.

Als alle in bester Feierlaune sind, kommt die Nachricht, dass die zusammengestellte Show abgelehnt worden sei. Grund dafür sei genau das, was Summerfield zu Beginn moniert hatte: zu viel Choreographie und Bühnengeschehen. Wie in Candide ziehen sich die Solisten leicht frustriert zurück, um nun "ihren Garten zu bestellen". Das Publikum bedankt sich für diese kurzweilige Unterhaltung mit großem Applaus und erhält noch "Bon Voyage" aus Candide als Zugabe.

FAZIT

Roberto Recchia gelingt mit dieser Produktion eine wunderbare Hommage an den großen US-amerikanischen Komponisten Leonard Bernstein, die in diesem Jahr als Höhepunkt der drei "Short Works" bezeichnet werden kann.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Tina Chang

Regie
Roberto Recchia

Bühne und Kostüme
Angela Giulia Toso

Licht
Johann Fitzpatrick


Solisten

Soprano
Gemma Summerfield

Soprano
Emma Nash

Mezzo-soprano
Rosemary Clifford

Tenor
James Liu

Tenor
Ranald McCusker

Bass
Jevan McAuley

Bass
Owain Browne

 


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