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Musikfestspiele
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44. Tage Alter Musik in Herne

14.11.2019 - 17.11.2019

Les Voyages de l'Amour

Ballettoper in einem Prolog und vier Akten
Text von Charles-Antoine le Clerc de la Bruère
Musik von Joseph Bodin de Boismortier


In französischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h' 40 (eine Pause)

Koproduktion mit dem Zsolnay Heritage Management Non-profit Ltd., dem Centre de musique baroque de Versailles und
der Orfeo Music Foundation

Konzertante Aufführung im Kulturzentrum in Herne am 17. November 2019

 

 

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Auf der Suche nach der Liebe

Von Thomas Molke / Fotos: © Thomas Kost / WDR

Joseph Bodin de Boismortier teilt heute das Schicksal zahlreicher in Vergessenheit geratener Komponisten des 18. Jahrhunderts. Dabei bediente er im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts die Pariser Musikszene rund drei Jahrzehnte mit zahlreichen Kompositionen des galant-eingängigen Spielrepertoires für die musikalischen Salons. Einen großen Umfang unter seinen mehr als 100 mit Opuszahlen versehenen Kompositionen bildet die Kammermusik mit besonderem Augenmerk auf die Traversflöte. Der Oper wandte sich Boismortier erst relativ spät zu. Nachdem er bereits ein Jahrzehnt in Paris lebte, schuf er 1736 mit Les Voyages de l'Amour seine erste Oper. Um dem Streit zwischen den traditionellen Anhängern Lullys und den Verfechtern des modernen Stils Rameaus aus dem Weg zu gehen, schuf er eine Ballettoper, die sich in Gesang, Instrumentalspiel und Tanz entfaltete. Zum Abschluss der diesjährigen Tage Alter Musik in Herne ist dieses Werk nun als Koproduktion mit dem Zsolnay Heritage Management Non-profit Ltd., dem Centre de musique baroque de Versailles und der Orfeo Music Foundation im Kulturzentrum zu erleben.

Erzählt wird eine Geschichte des Liebesgottes Amor (Amour), der seine Heimat, die Insel Kythera, verlässt, um die wahre Liebe zu finden. Dazu begibt er sich zunächst in ein Dorf, wo er sich als Schäfer Sylvandre in die schöne Schäferin Daphné verliebt, die ihn allerdings zunächst zurückweist, da sie die Gefahren der Liebe fürchtet. Als der König Thersandre einen Gesangswettstreit zu Gunsten Amors ausruft, tritt Amor als Sylvandre gegen den Schäfer Hylas an und trägt den Sieg davon. Daphné überreicht ihm die Siegeskrone und gesteht ihm ihre Liebe. Doch Amor zieht weiter in die Stadt. Hier gibt er sich als Alcidon aus und verliebt sich in die schöne Lucile, die seine Liebe zwar erwidert, sich aber eine bessere Partie wünscht. Als ein Wahrsager ihr prophezeit, dass sie die Liebe Amors gewinnen werde, weist sie Alcidon zurück und erkennt zu spät, dass es sich bei Alcidon in Wirklichkeit um Amor handelt. Amor begibt sich anschließend an den Hof des römischen Kaisers Augustus, wo er sich unter dem Namen Aemilius der schönen Julia (Julie) nähert. Diese kann jedoch den Poeten Ovid nicht vergessen und entscheidet sich gegen Aemilius. Amor sehnt sich nach der Schäferin Daphné zurück und lässt sie schlummernd auf einer Wolke nach Kythera bringen, wo er sich mit ihr vermählt.

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Amour (Chantal Santon-Jeffery, rechts, mit Adriána Kalafszky als Zéphyre) will auf der Suche nach der wahren Liebe die Welt bereisen.

Während bei der Uraufführung die Partie des Amor von einem "Haute-contre", einem sehr hohen Tenor, und die Rolle seines Begleiters Zéphyre ebenfalls von einem Tenor gesungen wurden, besetzt man nun beide Partien mit einem Sopran. Boismortier selbst hat beide Rollen in der Partitur, die er kurz nach der Uraufführung veröffentlichte, eine Oktave höher im Violin- bzw. Sopran-Schlüssel notiert. Die hohen Stimmen passen sehr gut zum jugendlichen Charakter des Liebesgottes und seines Begleiters, des milden Westwindes und Frühlingsboten. Die übrigen Solisten übernehmen mit Ausnahme der Daphné mehrere Rollen, wobei die beiden übrigen Sängerinnen jeweils in einem Akt die Angebetete des Liebesgottes darstellen. Auch wenn es sich um eine konzertante Aufführung handelt, werden durch die Kleider der Solistinnen leichte szenische Akzente gesetzt. So tragen Judith van Wanroij, als Daphné, Katia Velletaz als Lucile und Eszter Balogh als Julie jeweils ein blaues Kleid, während Velletaz als Schäfer Hylas und als Bewohner Kytheras in einer dunklen Hose auftritt. Balogh trägt in den übrigen Rollen eine schwarze Jacke über dem Kleid, so dass die drei Geliebten jeweils durch das blaue Kleid deutlich hervorgehoben werden. Da Julie Amor zunächst maskiert erscheint, tritt Balogh in dieser Szene auch mit einer blauen Maske auf.

Boismortiers Musikstil lässt sich als galant und leicht beschreiben und entspricht in seinem frischen Tonfall der nicht sehr tiefgründigen Geschichte. Die Auftritte der einzelnen Figuren werden meistens von kleinen Tanzeinlagen begleitet, wobei den Holzbläsern häufig eine besondere Rolle zukommt, was wohl auch darauf zurückzuführen ist, dass Boismortier selbst Flötist war. Für die einzelnen Akte findet Boismortier jeweils eine unterschiedliche Farbe, die einmal die pastorale Atmosphäre des Dorfes einfängt, dann nahezu gespenstische Züge annimmt, wenn man sich in der Stadt bei dem Wahrsager befindet, und am Kaiserhof recht erhaben klingt. Eingerahmt werden diese drei Akte von Amors Insel Kythera, die wie ein verträumter "locus amoenus" wirkt. György Vashegyi fängt mit dem Orfeo Orchestra die unterschiedlichen Farben der Musik wunderbar ein, so dass die Reise durch die verschiedenen Gegenden recht leichtfüßig klingt. Der Purcell Choir unterstützt diesen Ansatz durch homogenen und kräftigen Klang.

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Schlussapplaus: von links: Lóránt Najbauer, Lucile (Katia Velletaz), Julie (Eszter Balogh), Daphné (Judith van Wanroij), György Vashegyi, Amour (Chantal Santon-Jeffery) und Zéphyre (Adriána Kalafszky), dahinter: Orfeo Orchestra und Purcell Choir

Auch die Solisten des Abends lassen keine Wünsche offen. Chantal Santon-Jeffery gestaltet die Partie des Amor mit leuchtendem Sopran. Dabei nimmt man ihr die Liebesleiden des Gottes in jedem Moment ab. Adriána Kalafszky ist als Zéphyre ein treuer Begleiter und überzeugt mit hellem Sopran. Judith van Wanroij punktet als zauberhafte Nymphe Daphné mit weichem Sopran und macht stimmlich deutlich, dass sie die wahre Liebe des Gottes ist. Besonders eindrucksvoll gelingt ihr die Sorge im letzten Akt, wenn sie sich nach ihrem geliebten Schäfer Sylvandre sehnt. Katia Velletaz stattet Amors Rivalen Hylas mit hellem Sopran aus und gibt sich als Lucile absolut flatterhaft. Eszter Balogh setzt mit warmem Mezzosopran Akzente. Als Julie zeigt sie sich im dritten Akt sehr verführerisch, entscheidet sich aber schließlich gegen Amor. Als Béroé gestaltet sie Luciles Vertraute mit viel Spielwitz, wenn sie Lucile rät, sich doch für einen einflussreicheren Mann aufzusparen. Lóránt Najbauer punktet als König Thersandre, Wahrsager und Dichter Ovid mit profundem Bariton. So gibt es für alle Beteiligten verdienten Applaus.

FAZIT

Die Wiederentdeckung von Boismortier als Opernkomponist ist zwar durchaus interessant. Für das Repertoire empfiehlt sich aber zumindest diese Oper nicht.

 Weitere Rezensionen zu den Tagen Alter Musik in Herne 2019

Produktionsteam

Musikalische Leitung und Cembalo
György Vashegyi



Orfeo Orchestra

Purcell Choir

 

Solisten

L'Amour
Chantal Santon-Jeffery

Zéphyre
Adriána Kalafszky

Daphné
Judith van Wanroij

Lucile / Hylas / Un Habitant de Cythère
Katia Velletaz

Béroé / Julie / Une Bergère
Eszter Balogh

Thersandre / Un Devin / Ovide
Lóránt Najbauer

 

Weitere
Informationen

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Tage Alter Musik in Herne
(Homepage)



Da capo al Fine

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