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Innsbrucker Festwochen der Alten Musik
16.07.2019 - 27.08.2019


Farinelli und andere Helden

Konzert mit Valer Sabadus
Musik von Antonio Vivaldi, Antonio Caldara, Nicola Porpora, Giovanni Battista Bononcini,
Georg Friedrich Händel und Luca Antonio Predieri

In italienischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 40' (eine Pause)

Hofburg in Innsbruck, Riesensaal
Samstag, 10. August 2019, 20.00 Uhr




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Perlen des Countergesangs

Von Thomas Molke / Fotos: © Innsbrucker Festwochen / Rupert Larl

Valer Sabadus gehört mittlerweile zu den gefragtesten Countertenören unserer Zeit. Seit seinem Debüt 2009 bei den Salzburger Pfingstfestspielen als Adrasto in Jommellis Demofoonte unter der Leitung von Riccardo Muti hat der junge im rumänischen Arad geborene Countertenor eine regelrechte Bilderbuchkarriere absolviert. Erwähnt seien seine Interpretation der Semira in Leonardo Vincis Oper Artaserse, die in einer Produktion von Parnassus mit insgesamt fünf Countertenören europaweit riesige Erfolge feierte, sein großer Erfolg als Menelao in Francesco Cavallis wiederentdeckter Oper Elena beim Festival d'Aix-en-Provence, sein fulminantes Debüt als Händels Serse in der Inszenierung von Stefan Herheim in Düsseldorf, seine Darstellung des Teseo in Händels gleichnamiger Oper bei den Händel-Festspielen in Karlsruhe oder seine Interpretation des Annio bei der Ersteinspielung von Glucks La clemenza di Tito. In einem Konzert im Riesensaal der Hofburg in Innsbruck widmet er sich nun dem wohl berühmtesten Starkastraten der Barockoper: Farinelli. Gemeinsam mit einem Ensemble aus sieben Musikerinnen und Musikern hat er ein Programm mit Arien zusammengestellt, in denen Farinelli und andere Kastraten vor fast 300 Jahren die Herzen des Publikums gewannen und dem Begriff "Belcanto" eine ganz besondere Note verliehen.

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Valer Sabadus präsentiert Arien von Farinelli und anderen Kastraten des 18. Jahrhunderts.

Der Abend ist dabei thematisch in vier Blöcke unterteilt, die jeweils um Instrumentalstücke von Antonio Vivaldi, Giovanni Battista Bononcini und Antonio Caldara ergänzt werden. Im ersten Block präsentiert Sabadus zwei Arien, mit denen Farinelli glänzte, bevor er Nicola Porpora nach London an die Opera of the Nobility folgte. Die Arie des Schäfers Tirsi aus Porporas L'Angelica nimmt dabei eine ganz besondere Stellung ein. Mit dieser Partie debütierte Farinelli 1720 im zarten Alter von 15 Jahren in Neapel. Auch markierte diese Oper den Beginn einer jahrelangen Freundschaft und Zusammenarbeit mit Pietro Metastasio, der mit diesem Libretto sein erstes explizit musikdramatisches Werk schuf. Sabadus begeistert als Tirsi mit runden, strahlenden Höhen, die von der leicht hallenden Akustik des Riesensaals noch gesteigert werden und eine gewisse Schwerelosigkeit ausstrahlen. Ein Genuss ist auch die Arie des Abel aus Caldaras Azione sacra La morte d'Abel, die Farinelli bei der Uraufführung im April 1732 in der Wiener Hofkapelle interpretierte. Sabadus' Countertenor lässt mit seinem leichten, luziden Klang die Reinheit und Unschuld Abels regelrecht spürbar werden.

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Valer Sabadus mit den Musikerinnen und Musikern (von links: Mayumi Hirasaki, Anna Dmitrieva, Luca Quintavalle, Corina Golomoz, Leonhard Bartussek und Makiko Kurabayashi)

Im zweiten Block widmet sich Sabadus einem Komponisten, der immer wieder erfolglos versucht hat, Farinelli für sein Opernunternehmen zu gewinnen, und nicht zuletzt durch ihn in ständig währender Rivalität mit der Opera of the Nobility um die Gunst des Publikums stand: Georg Friedrich Händel. Hier präsentiert Sabadus zunächst die melancholische Arie "Scherza infida" aus Ariodante, in der der Titelheld die vermeintliche Untreue seiner geliebten Ginevra beklagt. Sabadus findet hier sehr weiche Töne, die die Leiden Ariodantes glaubhaft unterstreichen. Mit "Venti, turbini" aus Rinaldo entlässt Sabadus das Publikum anschließend fulminant in die Pause. Mit stupenden Koloraturen und extrem schnellen, beweglichen Läufen ruft Sabadus einen Sturm der Begeisterung beim Publikum hervor.

In den beiden Blöcken nach der Pause stellt Sabadus jeweils eine Arie aus Porporas Polifemo, in dem Farinelli den Schäfer Aci interpretierte, zwei Stücken gegenüber, die bei der Uraufführung nicht von Farinelli gesungen wurden. Die Partie des Sesto aus Händels Giulio Cesare in Egitto wurde bei der Uraufführung für die Sopranistin Margherita Durastanti komponiert und kann als erste Hosenrolle der Musikgeschichte betrachtet werden. Hier schafft Sabadus gemeinsam mit dem großartigen Ensemble einen fließenden Übergang von Caldaras Chaconne zu Händels Arie. Die berühmte Arie "Alto Giove" aus Porporas Polifemo hat nicht zuletzt seit dem Film Farinelli eine ganz besondere Geschichte. König Philipp V. von Spanien, der an chronischen Depressionen litt, soll diese Arie immer wieder von Farinelli eingefordert haben, um sich seiner Melancholie hinzugeben. Einmal soll Farinelli diese Arie sogar in einem Moment der Sonnenfinsternis angestimmt haben, um "die Sonne herbeizusingen". Bei Sabadus' leuchtendem Gesang vernimmt man zumindest lautmalerisch, wie die Sonne allmählich zum Vorschein kommt.

Relativ unbekannt ist die Arie des Amor aus La Pace fra la virtù e la Bellezza von Luca Antonio Predieri. Hier kokettiert der Liebesgott mit seinen Fähigkeiten, die von Sabadus mit beweglicher Leichtigkeit umgesetzt werden. Zum Abschluss des offiziellen Programms zeigt sich Sabadus erneut sehr virtuos mit der Schlussarie des Aci aus Porporas Polifemo, in dem der Schäfer dem mittlerweile toten Zyklopen Polifemo eine finstere Zukunft in der Unterwelt prophezeit. Wie in der letzten Arie vor der Pause begeistert Sabadus erneut mit flexiblen Läufen und macht mit gewaltigen Oktavsprüngen die Entfernung zwischen Himmel und Hölle spürbar. Natürlich lässt das restlos begeisterte Publikum Sabadus nicht ohne Zugaben gehen. Den Anfang macht die melancholische Arie des Sesto aus Händels Giulio Cesare in Egitto, "Cara speme, questo core", in der Sabadus gemeinsam mit dem Basso continuo sehr leise Töne findet. Es folgt die Arie des Anastasio aus Antonio Vivaldis Giustino, "Vedrò con mio diletto". Zum fulminanten Abschluss gibt es dann noch Serses berühmte Arie "Crude furie degli orridi abissi". Mit halsbrecherischen Koloraturen reißt Sabadus das Publikum regelrecht von den Sitzen.

FAZIT

Valer Sabadus macht mit einem breiten Spektrum von Barockarien deutlich, dass er in der obersten Liga der Countertenöre spielt.

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Ausführende

Valer Sabadus, Countertenor

Mayumi Hirasaki, Violine

Anna Dmitrieva, Violine

Corina Golomoz, Viola & Violine

Leonhard Bartussek, Violoncello

Makiko Kurabayashi, Fagott

Luca Quintavalle, Cembalo

Michael Dücker, Laute & Mandoline


Werke

Antonio Vivaldi
Sinfonia C-Dur aus der Opera seria
L'Olimpiade
RV 725
Allegro - Andante sempre piano - Allegro

Antonio Caldara
"Quel buon pastor son io"
Arie des Abel aus der Azione sacra
La morte d'Abel

Nicola Porpora
"Il pie s'allontana"
Arie des Tirsi aus der Festa teatrale L'Angelica

Giovanni Battista Bononcini
Concerto F-Dur für Violine, Violoncello,
Streicher und Basso continuo
Adagio - Allegro - Adagio - Gigue

Georg Friedrich Händel
"Scherza infida"
Arie des Ariodante aus dem
Dramma per musica Ariodante

"Venti, turbini"
Arie des Rinaldo aus der Opera seria Rinaldo

Antonio Caldara
Chaconne d-Moll aus dem Dramma per musica
Ifigenia in Aulide

Georg Friedrich Händel
"L'angue offeso"
Arie des Sesto aus dem Dramma per musica
Giulio Cesare in Egitto

Nicola Porpora
"Alto Giove"
Arie des Aci aus der Opera seria Polifemo

Antonio Vivaldi
Concerto B-Dur für Mandoline, Violine,
Streicher und Basso continuo RV 764/548
Allegro - Largo - Allegro

Luca Antonio Predieri
"Cieco ciascun mi crede"
Arie des Amor aus der Festa di camera per musica
La Pace fra la virtù e la Bellezza

Nicola Porpora
"Senti il fato"
Arie des Aci aus der Opera seria Polifemo
 


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