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Klassik-Rezensionen

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Logo: Triennale Samstag, 29.05.2000, 20.00 Uhr
Christuskirche, Köln

Voices of the World:
Yungchen Lhamo

Im Rahmen der MusikTriennale Köln





Traurige Lieder voller Hoffnung

Mit dem Konzert, das die Tibetanerin Yungchen Lhamo in der Christuskirche gab, wurde ein erster Abend der Reihe Voices of the World im Rahmen der Musiktriennale in Köln gegeben. Es war dies sozusagen ein Vorkonzert zu der Eröffnung dieser Reihe am folgenden Samstag. In diesem Programm werden noch einige sehr bekannte Sänger, wie beispielsweise Caetano Veloso, aber ebenso hierzulande noch unbekannte Sänger aus fernen Ländern ihre Lieder vortragen. Das Konzert der Tibetanerin in der Christuskirche war restlos ausverkauft, schwierig war es bereits eine halbe Stunde vor Beginn überhaupt noch einen Platz zu finden. Die Sängerin trat allein auf, entgegen der Ankündigung im Programm war Joji Hirota mit Percussion und Flöte nicht vertreten.

Es ist aber ohnedies üblich, daß die Sängerin Yungchen Lhamo ganz alleine auf der Bühne steht. Solo zu singen hat für sie eine besondere Bedeutung, davon berichtet Lhamo auch in diesem Konzert in Köln in einem fast gehauchten Englisch. Sie erzählt, wie sie unter schwierigsten Bedingungen aus Tibet flüchtete. Sie kam schließlich in Indien an und das einzige was sie hatte, war die Kleidung, die sie trug. Alles hatte sie verloren, ihr Haus, ihre Familie, ihre Heimat. Auf sich selbst zurückgeworfen, spürte sie aber schließlich das, was ihr geblieben war: ihre starke innere Kraft, ihre Stimme, als einen immensen Reichtum, den ihr niemand nehmen kann. Es ist dies der Reichtum, aus dem sie lebt und auf den allein sie vertraut. Um daran zu erinnern, singt sie allein, nur auf sich gestellt, wie sie es als Flüchtling erlebt hat. Wer sie einmal gehört hat, weiß, mit ihrer ausdrucksstarken Stimme ist in der Tat genug gegeben, um ein intensives Konzert zu gestalten.

Mit großem Ernst und beeindruckender Ruhe, mit absoluter Konzentration trägt Lhamo ihre Lieder vor. Sie läßt dabei den Ton aus sich strömen, läßt sich von ihm tragen. Mit fast geschlossenen Mund, oben im Gaumen den Klang produzierend, entwickeln sich Gesänge von unglaublicher Schönheit. Getragene Vokalismen, hohe starke Töne blühen auf. Ihr Klang erinnert an den einer besonderen Orgel, an feine Flöten. Beeindruckend ist auch ihre Körperhaltung bei diesem Gesang: die linke Hand liegt zumeist auf ihrem Bauch, damit Kontakt zu ihrem Kraftzentrum suchend, mit der rechten Hand führt sie langsame, geschmeidige Bewegungen aus, die der Musik nachfühlen.

Natürlich sieht man bei diesen Klängen sogleich die Landschaft Tibets vor sich, dazu regt die Herkunft der Sängerin an. Bilder entstehen vor dem geistigen Auge des Zuhörers, romantische Bilder von der einsamen Hochebene, wie man sie hierzulande so aus den zahlreichen Tibet-Filmen kennt. Stärker wird das Erlebnis des Konzertes aber dann, wenn man diese bestimmten Vorstellungen wieder hinter sich läßt und allein dem ätherischen Klang dieser Töne folgt, die so überirdisch rein klingen, und dann doch wieder ganz menschlich erzählen und auch klagen.

Denn es sind traurige Lieder, die Lhamo vorträgt. In ihren kleinen englischen Einleitungen, die sie genauso gemessen und ruhig vorträgt wie ihren Gesang, spricht sie von vielerlei Dingen die traurig sind. Da ist vor allem das Leiden der Menschen in Tibet, das sie in ihren Liedern bedenkt. Voll Mitgefühl erzählen die Lieder von diesen Menschen, aber auch voll von Bewunderung, denn sie tönen auch von dem Stolz der Tibeter. Und immer wieder geht es der Sängerin um die Hoffnung. Sie spricht von einer starken Hoffnung, und tut dies, nicht ohne das Leid wirklich zu kennen. Das beeindruckt so an dieser zierlichen Frau mit ihrer starken Ausstrahlung: sie ist Flüchtling und doch voller Hoffnung und Kraft.
Es geht der Sängerin aber nicht nur um die Menschen in Tibet, sondern auch um Trauriges, das alle Menschen betrifft: zum Beispiel wenn Menschen nur an sich selbst denken. Und bewegt fügt sie hinzu: "Time pass so quickly and we have done nothing - and that is sad" - das ist richtig, aber so zu singen wie sie, wieviel ist damit getan, denn es läßt die Zeit für einen Augenblick stille stehen.

Von Meike Nordmeyer



Da capo al Fine

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