Klassik - Rezensionen | |
Das Alexanderfest oder Die Macht der Musik
Sicherlich ist es eine Frage des Geschmacks, ob man sich einer 'authentischen' barocken Aufführungspraxis verpflichtet fühlt oder eher einen Ausgleich zwischen verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten sucht. Wenn man wie Blankenburg letztere Möglichkeit wählt, sollte dies jedoch nicht zu einem spannungslosen Musizieren führen, das fast durchgängig die Ouvertüre und weite Strecken des ersten Teils auszeichnete.
Vielleicht lag es auch an der relativ frühen Stunde, denn Chor, Orchester und vor allem die Solisten steigerten sich im Laufe des Vormittags. Insbesondere die Sopranistin Marietta Lentz, die zunächst in den höheren Lagen ihren Stimmsitz nicht fand und flach, fast heiser sang, überzeugte im Accompagnato 'Er wählt ein Lied voll Schmerz' und der nachfolgenden Arie durch eine treffliche Darstellung des Affekts der Trauer und des Schmerzes wie auch im Arioso 'Hold ertönt, gedämpft und leise' der musikalische Affekt der Liebe deutlich wurde.
Die Kurrende zeigte erst im Schlußchor des ersten Teils ihr gewohntes musikalisches Können: spannungsreiches Musizieren, durchhörbare Fugati und einen homogenen Chorklang.
Höhepunkt vor der Pause war aber zweifelsfrei das Harfenspiel der kurzfristig eingesprungenen Solo-Harfenistin des WDR-Rundfunkorchesters, das vom Publikum mit spontanem Applaus bedacht wurde. Ulla van Daelen brillierte mit dem Harfenkonzert B-Dur op. 4 Nr. 6, das Händel nachträglich in sein Oratorium eingefügte.
Im zweiten Teil war das musikalische Niveau fast durchgängig hoch. Schon der Eingangschor wurde in einem fließenden Tempo vorgetragen, Pauken und Trompeten brachten den nötigen Glanz. Die Gesangsolisten und der Chor fanden zu einer lockeren, leichten Musizierweise. Wie im ersten Teil die Harfenistin herausragte so im zweiten der Bassist Phillip Langshaw. Langshaw überzeugte mit einer ausdrucksstarken, fast bildlichen Interpretation seiner Arie 'Nimm Rach'. Solist und Instrumentalisten präsentierten sich hier durchgehend als Einheit. So hätte man sich das ganze Oratorium gewünscht.
Von
Silke Gömann
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