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Klassik - Konzerte
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Samstag, 30.9 2000, 20.00 Uhr, Historische Stadthalle am Johannisberg, Wuppertal
Großer Saal und Offenbach-Saal

Ungarische Nacht


Mitwirkende:

Sombór-Ensemble
Bartòk Kulturális Tancegyesület
Ungarische Volksmusik und Volkstänze


Sinfonietta Hungarica (Kammerensemble der Philharmonia Hungarica)
B.Bartók: Divertimento für Streichorchester
L.Weiner: Divertimento Nr.1

Vörös Kálmán and his Gipsy Band
Zigeunermusik

Zoltán Lantos Jazz Trio

Krizti Kiss
Kabarett und Chansons "... bloß keinem weitersagen, aber Liebe schwächt!"



Eine ungarische Nacht in Wuppertal

Der Begriff "Volksmusik" jagt vielen deutschen Musikfreunden - mit Recht - kalte Schauer über den Rücken. Was an heimattümelndem Möchtegernvolksgut zwischen Waterkant und Alpenrand herumdudelt, kann einem jegliche Musikalität austreiben. In Ungarn sieht das völlig anders aus: Nicht nur haben höchstrangige Persönlichkeiten wie Béla Bartók sich um die Pflege authentischer Volkskunst nachhaltig eingesetzt, sondern auch heute gehören in Ungarn Volkstanzkurse zum gesellschaftlichen Leben, und Einrichtungen wie das Budapester "Tanzhaus" vermitteln Volkstanz-Know-How ohne musealen oder nostalgischen Anstrich. Hier wird ein essenzieller Bestandteil ungarischer Kultur lebendig gehalten, ohne dass sie in Heimatmelodie-Charts kommerzialisiert wird.

Höhepunkt der jährlich in Wuppertal gepflegten "Ost-West-Kontakte", die in diesem Jahr schwerpunktmäßig die Begegnung mit Ungarn suchen, war die "Ungarische Nacht" mit einem abwechslungsreichen Überblick über diverse Facetten ungarischer Musikkultur. Neben dem klassisch-symphonischen Genre, von der Philharmonietta Hungarica (einem Kammerensemble der Philharmonia Hungarica) nach verpatztem Fehlstart, bei dem mancher Olympionike in Sydney schmählich disqualifiziert worden wäre, doch noch elegant mit Divertimenti von Bartók und Weiner absolviert, kam die Volksmusik ausgiebig zum Zuge. Die vitale Energie des Bartók-Tanzensembles (warum nur muss eine so kreative Truppe einen derart unoriginellen Namen tragen?) verhinderte, dass sich die deutschen Zuschauer sonnenuntergangsüberströmten Pusztaklischees hingeben konnten. Das Ensemble ist in seiner Ausdrucksweise durchaus modern, der Tanz wird nicht historisch korrekt nachvollzogen, sondern auch weiterentwickelt. Das Sombór-Ensemble spielte brillant die passende Musik dazu. Virtuos, aber näher dran am Klischee waren Vörös Kálmán und seine Zigeunerkapelle.

Warum nur wird das Ungarn-Bild der Deutschen von einer Frau geprägt, deren ungarischer Sprachschatz aus genau einem Wort, nämlich Igen (wortgetreue Übersetzung: "ja") besteht? fragte Kabarettistin Krizti Kiss in Anspielung auf Lieselotte Pulver alias Piroschka nicht ganz zu unrecht. Um zeitlose Gemeinplätze im deutsch-ungarischen Verhältnis und um Männer, deutsche wie ungarische, ging es der Chansonière, die damit äußerst amüsant und mit ausdrucksvollem Gesang bei bewährten Themen zwischen Gulaschkommunismus, Paprika und der ungarischen Animateuse auf Lanzarote blieb. Ein wenig von der Befindlichkeit des gegenwärtigen Ungarn fehlte leider. So blieb es Aufgabe des Lantos Jazz Trios, das heutige Ungarn zu vertreten.

Der Abend weckte Appetit auf mehr - es ist aber Diät angesagt, denn auch die Ost-West-Kontakte haben nur noch am Rande ungarische Musik zu bieten. Eine Konzertagentur müsste einmal den Mut haben, derartiges außerhalb gut gemeinter Begegnungsveranstaltungen anzubieten. Bis dahin werden wir uns von schaurigen Gestalten in volkstümlichen Hitparaden mit obskuren Liedern unserer Heimat kalte Schauer über den Rücken jagen lassen müssen.

Von Stefan Schmöe



Da capo al Fine

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