Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 1 C-dur op. 21 Johannes Brahms: Symphonie Nr. 4 e-moll op. 98
NDR-Symphonie-Orchester Ltg.: Günter Wand
Um auf den musikalischen Gehalt des Abends zu sprechen zu kommen: Ich glaube, daß nicht alles Gold war, was in diesem Konzert glänzte und gefeiert wurde. Unterm Strich hinterließ der Beethoven einen fantastischen Eindruck, der Brahms hingegen nicht so sehr. Was mich an Wands Beethoveninterpretation so faszinierte, war die Schlichtheit und der direkte Ton, mit dem er die noch sehr klassische Symphonie spielen ließ, als wäre das alles wie nichts. Die derben Späße im dritten und vierten Satz hat man schon derber gehört, die Übergänge der Tempi aufwendiger. Geht Wand mit seinem Orchester von der Introduktion ins Allegro, dann ist das, als gäbe es nichts Selbstverständlicheres. Diese Geradlinigkeit machte es spannend. Ich glaube, daß der Beethoven - wie man im Gesang sagen würde - „auf dem Atem“ war. Was dabei wesentlich ist, könnte man auch mit einer inneren Balance oder Ruhe in der Bewegung umschreiben. Genauso wirkte Wand: Das Allegro nicht zu frisch, nicht zu schnell, sondern fließend, die langsamen Tempi mit metrischer Konzentration. Wenn in dieser wohltuende Askese Wesentliches gesagt wurde, dann wirkte das um so mehr. Die stillen Momente im zweiten Satz entzauberten wundervolle musikalische Lyrik.
Der Brahms sagte mir überhaupt nicht zu. Zum einen kann ich blechlastige Brahmssymphonien überhaupt nicht leiden. Das ist zugegeben Geschmackssache. Zum anderen vermißte ich hier alles, was ich zuvor positiv erwähnte. Die Einleitung schien so ‘dahergespielt’, die symphonische Dichte avancierte zu klanglichem Brei, und vor Spielfehlern waren die Norddeutschen auch nicht gefeit. In der Durchführung des ersten Satzes war das Blech z. T. daneben, die Reprise schien nicht gerade durchhörbar. Es gab jedoch auch viele schöne Momente und Details - alleine für das „Duett“ von Horn und Flöte im zweiten Satz lohnte sich schon das Konzert. Aus dem Eindruck vieler Einzelmomente ergab sich mir jedoch nicht der Eindruck eines schlüssigen Ganzen.
von Oliver Kautny