Klassik - Rezension | |
Wiener Philharmoniker
Leitung: Riccardo Muti
Aufsehenerregend und phänomenal über allem Blechfanatismus des Finales ist das Thema des
ersten Satzes der 7. Sinfonie Anton Bruckners. Aber:
"Dieses Thema ist gar nicht von mir. Eines nachts erschien mir Dorn (Der Geiger Ignaz Dorn, ein
Freund während Bruckners Linzer Zeit) und diktierte mir
das Thema. Paß auf, sagte er, mit dem wirst du dein Glück machen. Wie dem auch sei, all Dichtkunst und
Poeterei ist nichts als Wahrheitsdeuterei."
Auch die Interpretation der Wiener Philharmoniker unter Ricardo Muti schien nicht von dieser Welt. Sie musizierten geradezu traumhaft konzentriert und innig. Das galt an diesem Abend ebenso für die Totenmusik für Richard Wagner, die Bruckner im Adagio geschaffen hat, wie auch für das trotzige, todüberwindende Finale. Daß die fast siebzig Minuten der Sinfonie an keiner Stelle lang wurden, ist allein dem genialen und leichten Dirigat Riccardo Mutis zu verdanken. Trotz mancher musikalischer Figuren der Sinfonie, die im 100. Todesjahr Bruckners nicht immer ganz schlüssig erscheinen müssen, übertrug sich eine enorme Spannung auf das wohlfeile Publikum in der fast ausverkauften Wuppertaler Stadthalle. Mit ausgewogener akustischer Abstimmung gab er allen Instrumentengruppen Gelegenheit, ihre außerordentlichen Qualitäten unter Beweis zu stellen. Sein klug eingeteiltes Dirigat - ein Wimpernschlag schien bisweilen zur Verständigung zu genügen - zeigte völlige Beherrschung der umfangreichen Partitur.
Allein dem Sitzplatz der Rezensenten auf dem Chorpodium mag ein Abstrich geschuldet sein: Aufgrund der nur wenigen trennenden Meter zu den hinteren Orchesterreihen trat das musikalische Konzept Mutis dann doch gelegentlich in den Hintergrund und die Aufmerksamkeit wurde auf die minimalen und offenbar unvermeidlichen Schnitzer der Blechbläser gelenkt - unverdientermaßen.
Von
Tilman Lücke und
Oliver Weckbrodt.