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New York Philharmonic auf Abschiedstournee mit Kurt Masur Von Christoph Wurzel / Foto: pr
Eine reizvolle Programmwahl hatte schon im voraus auf die Konzerte neugierig gemacht. Für das erste Konzert waren Werke zweier komponierenden Vorgänger Masurs am New Yorker Dirigentenpult ausgewählt worden - Leonard Berstein und Gustav Mahler. Das zweite Konzert spannte einen Bogen virtuoser Orchestermusik von der Klassik (Beethoven), über die klassischer Moderne (Bartok) bis in die Gegenwart (Turrin). Es ergab sich zudem eine reizvolle Synthese aus traditioneller europäischer Kultur und der Vielfalt kultureller Impulse aus Amerika.
Die letzte Zugabe des ersten Konzerts überschrieb gleichsam dessen Motto. Es war als überaus virtuos gesetzter Schlusspunkt eine Brass - Version von Bernsteins "I like to be in Amerika" - das passte auf Bernstein ganz sicher, auf Masur ebenfalls (sein Abschied von dort soll nicht ganz freiwillig gewesen sein) und auch in einem wehmütigem Sinne auf Gustav Mahler, dessen New Yorker Zeit ja für ihn künstlerisch sehr beflügelnd, wegen des Todes seiner Tochter und seiner schleichenden Erschöpfungskrankheit aber auch sehr schmerzvoll gewesen sein muss.
Eröffnet wurde das Konzert mit Bernsteins Serenade nach Ideen aus Platons "Symposion". Das Programm dieses von Bernstein als seine beste Komposition angesehenen Werkes besteht aus der Gestaltung unterschiedlicher philosophischer Ansichten über die Liebe und gibt somit den Solisten -voran dem Geiger - vielfältige Gelegenheit in schwelgerischen Kantilenen die Liebe und ihre Macht zu besingen. Glenn Dicterow, der Konzertmeister der New Yorker Philharmoniker, sparte dann auch nicht mit sattem Ton und gefühligem Schmelz. Aufmerksam und klar akzentuierend animierte Masur das Orchester als Partner in diesem musikosophischen Dialog. Eine interessante, Begegnung mit einem selten gespielten, wenn auch nicht überaus gewichtigen Stück.
Mahlers Erste ( in New York übrigens unter der Leitung des Komponisten beim ersten Mal durchgefallen) ist weder für das Orchester noch für Masur Neuland. All seine Virtuosität bot das Orchester auf, um Mahlers monumentale Klanggebäude entstehen zu lassen. Dennoch überzeugte mich diese Interpretation nicht restlos. Sinnfällig wurde dies in der Gestaltung des 3. Satzes, wo der spezifisch ma(h)lerische Tonfall der Musik nicht völlig zum Tragen kam: Zu glatt, fast gemütlich spielte der Solokontrabassist die doch so überaus traurige Volksliedmelodie ("Bruder Jakob...") - mehr Schönklang als beseelter Ausdruck einer Empfindung. Und auch die Erlösung aus dieser Depression, das Zitat aus den Gesellen - Liedern ( der Traum unterm Lindenbaum) ließ ein Mitfühlen nur bedingt entstehen, war das Tempo doch eine Spur zu zügig und büßte an espressivo etwas ein. Recht derb dagegen endete die Sinfonie in ihrem pathetisch - jubelnden Finale, in dem Hörner, Trompeten, Posaunen und Tuba nicht bloß aus einfachem Metall, sondern aus Titan gemacht zu sein schienen.
Bevor die Blechbläser ihre und Bernsteins Liebeserklärung an Amerika schmetterten, begeisterten Orchester und Dirigent mit dem Meistersinger - Vorspiel als orchestral überaus voluminöse, wenngleich nicht überzogen pathetische Huldigung an die "heil´ge deutsche Kunst". Mehr als eine Zugabe!
Das zweite Konzert wurde eröffnet mit einem reizvollen Kontrast zweier Werke, in denen nur einzelne Gruppen des Orchesters verwendet werden. Bartóks Divertimento ist nur für Streicher komponiert. In seinen "Hemispheres" setzt der amerikanische Komponist Joseph Turrin ( * 1947) nur Bläser und Schlaginstrumente ein.
Dennoch: Insgesamt waren die beiden Konzerte der New York Philharmoniker eine Begegnung mit einem der Könige unter den Orchestern. Und Masur braucht noch nicht Bundespräsident zu werden.
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- Fine -