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25.10.2001
Schauspielhaus, Bochum


Wolfgang Amadeus Mozart
Klavierkonzert Es-Dur, KV 271
Gustav Mahler
Sinfonie Nr. 5, cis-moll

Malcolm Bilson, Hammerklavier
Bochumer Symphoniker
Steven Sloane, Leitung

2. Symphoniekonzert der Bochumer-Symphoniker
Mozart hat gelächelt!

Von Gordon Kampe


Das mag ja beinahe langweilen: Schon vor dem Besuch eines Konzertes der Bochumer Symphoniker stellt sich das Gefühl ein, dass es vermutlich ein tolles Konzert sein wird, dass die Musiker ihrem engagierten und charismatischen Dirigenten Steven Sloane mit Gespanntheit und Freude folgen und dass es wieder Einzelleistungen im Orchester geben wird, die ihresgleichen suchen. Natürlich, so war es auch.

In einem Programm mit einem so mächtigen "Schinken" wie Mahlers fünfter Sinfonie, mag sich ein kleines Mozart Klavierkonzert beinahe als gemütlicher Auftakt, als Appertizer vor der Pause anfühlen. Da ist nicht wirklich viel zu proben (so ein Gerücht...) und es macht Spaß! Und plötzlich wird das charmante und berühmte Es-Dur Konzert Mozarts durch den auf historische Aufführungspraxis spezialisierten Malcolm Bilson gespielt und der Höhepunkt des Abends beginnt mit dem ersten Takt des Klavierkonzertes.
An den weniger fulminanten Ton des Hammerklavieres hatte sich das verwöhnte Ohr schnell gewöhnt und sogleich begann eine Reise in nie gehörte Welten: Es blitzte, leuchtete, strahlte in verschiedensten Farben aus diesem schmächtigen Instrument heraus. Man hatte das Gefühl, als hätte der Pianist 20 Klaviaturen mit verschiedenen Farben zur Verfügung - doch es war allein seine aberwitzige Technik, die ein unerhörtes Legato erklingen ließ - ohne Pedal.
Doch neben der Technik verzückte Bilson mit seiner Gabe, die Überraschungen und Wendungen der Mozartschen Musik so zu spielen, als habe er sie selbst noch nie gehört. Das Erstaunen darüber äußerte er auch durch lautstarkes Singen und Pfeifen, nach alter Glenn Gould Manier.
Solist wie Musiker schienen das Stück zum ersten Mal zu spielen und waren verblüfft von dem großen, geistvollen Humor Mozarts, der sich insbesondere durch seltsame harmonische Wendungen in den Kadenzen zeigte. So erklang Mozart alles andere als galant und freundlich, ein wenig angestaubt: das war aktuellste Musik, dazu auch noch irrsinnig komisch.

Mit Mahlers fünfter Sinfonie konnte Steven Sloane das Publikum abermals von seiner Stellung als sehr eigenständiger Interpret von Mahlers Werk überzeugen.
Nachdem Mahler mit seiner, in ihren Ausmaßen bescheideneren, vierten Sinfonie geendet hatte, holte er mit der darauffolgenden Trias von Sinfonien zu einem überragenden sinfonischen Statement aus, bevor er mit der achten Sinfonie, vollends die Fassung verlor.

Die fünfte Sinfonie beginnt mit einem typisch Mahlerschen Trauermarsch, blendend instrumentiert und von großer Tragik. Die grotesken Elemente, schon in diesem ersten Satz zu vernehmen, wirken bitterböse und vermögen schon von vornherein die angebliche Ländlerstimmung zu brechen.
Sloane bevorzugt ein gemäßigtes Tempo und hat dadurch die Möglichkeit, über die gesamte Sinfonie hinweg einen Spielraum für größere Extreme zu haben. Die Tempowahl des ersten Satzes lassen das irrsinnige Tempo der triumphalen letzten Takte des gesamten Werkes nachhaltig logisch erscheinen.
Sloane putzt allen übermäßigen Pathos fort und hält sich an den ohnehin schon genug pathetischen Notentext. Dadurch gewinnt Mahlers Kunst durch die Interpretation an Tiefe, lässt die mittlerweile historischen Vorwürfe von "Kapellmeistermusik" weit hinter sich.

Sloane zeigt aber auch deutlich die Brüche und Ungereimtheiten auf, so wenig deutlich die Form und die Intention des Scherzos schon bei Mahler ist, so wenig wird sie durch die Interpretation klarer, hier beweisen Sloane und seine Musiker die Ehrlichkeit, dass auch sie den Satz formal nur schwer ergründen können.
Überzeugende Wirkung hinterlässt das, durch die Mann Verfilmung "Tod in Venedig", allseits bekannte, rührende "Adagietto." In der Schlichtheit, im zügigen Tempo und ohne von oben befohlenen Seelenschmerz kann es wirken, wie es Mahler einst komponierte, von lächelnder Traurigkeit.
Der letzte Satz kommt der Klangpracht des Bochumer-Blechs besonders gelegen, nach kurzen Anlauf-Schwierigkeiten in den Trompeten-Soli des ersten Satzes, mauserte sich die Gruppe zum Glanzpunkt des Orchesters. Noch im äußersten Forte konnten feine Differenzierungen wahrgenommen werden.

Diesem Orchester ist nicht nur die Freude und die Hingabe zu ihrem Beruf anzusehen und anzuhören, neben der überdeutlichen Musizierfreude, ist es die Freude und der Ernst am Erschaffen von großer Kunst, die diese Individuen zu einem unverwechselbaren Klangkörper eint.


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