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17.11.2001
Harenberg-City-Center Dortmund
Festival "The Next Generation"

Felix Mendelsohn-Bartholdy
Streichquartett D-Dur op. 44/1

Claude Debussy
Streichquartett g-Moll op.10

Ludwig van Beethoven
Streichquartett Es-Dur op.127


Henschel-Quartett
Christoph Henschel, Violine
Markus Henschel, Violine
Monika Henschel-Schwin, Viola
Mathias D. Beyer-Karlshøj, Violoncello

Kontrastreiches Spiel trotzt trockener Akustik
Das Henschel-Quartett beim Festival "The Next Generation" in Dortmund


Von Martin Rohr

Wie unterschiedlich sich Komponisten des 19. Jahrhunderts der Gattung Streichquartett angenähert haben, zeigte das Konzert des Henschel-Quartetts in Dortmund. Mit Felix Mendelsohn-Bartholdys Streichquartett D-Dur op. 44 Nr.1 aus dem Jahre 1838 stand ein Werk am Beginn des Abends, in dem sich der Komponist von seiner charakteristischsten Seite zeigt: Die spezielle Verbindung aus feurigem orchestralen Umgang mit dem Klangkörper des Streichquartetts und eleganter solistischer Melodik. Kontrapunktische Kompositionsweise tritt in diesem Werk zugunsten einer Solistischen 1. Violine mit relativ homophoner Begleitung in den Hintergrund. Das Scherzo mit seinen Anklängen an slawische Melodik und rhythmische Akzentuierung erweitert dabei bewusst den Horizont deutscher Musiktradition.

Demgegenüber demonstriert das einzige Werk dieser Gattung des Franzosen Claude Debussy, sein Streichquartett g-Moll op. 1, einen gänzlich anderen kompositorischen Zugang: Kurze melodische Keimzellen werden in stetiger Wiederaufnahme in jeweils unterschiedliche harmonische und klangliche Kontexte gestellt. Dabei wird die kreisende Bewegung immer wieder durch jähe Schnitte unterbrochen. Eine solche Herangehensweise weist auch bei einer Orientierung an traditionellen Formschemata der Sonate schon auf grundlegende Tendenzen des Impressionismus voraus. Die Komposition gewinnt ihre Spannungsverläufe nicht aus der Arbeit mit thematischem Material, sondern aus der Abfolge klanglicher Entwicklungen.

Den dritten Pol des Abends bildete Ludwig van Beethovens Streichquartett Es-Dur op. 127 aus dem Jahre 1825 - das erste in der Reihe der sogenannten späten Streichquartette. Fertiggestellt nach der 9. Symphonie mit ihrem universalen Anspruch, zeigt sich Beethoven hier in seiner oftmals spröden Individualität. Mit abrupten Schnitten werden in diesem Werk verschiedenste Charaktere zusammengeführt. Das Quartett wird hier nicht als homogener Klangkörper, sondern als Ensemble von vier instrumentalen Individuen eingesetzt.

So unterschiedlich die Werke des Abends und ihr Verständnis vom Klangkörper des Streichquartetts, so ähnlich erschien doch die Herangehensweise des Henschel-Quartetts. Prägend für das Ensemble war das sehr akzentuierte und resolute Spiel mit seiner Konzentration auf melodische Verläufe. Das sehr große Spektrum klanglicher Möglichkeiten wirkte gezielt eingesetzt, jedoch kaum durch Entwicklung verbunden.
Die großen dynamischen Kontraste und die orchestrale Klangentfaltung machten gerade Beethovens Quartett zu einem besonders plastischen Erlebnis. Auch das Quartett Mendelsohns mit seinem energischen Grundcharakter profitierte sehr von der Wachheit und dem Engagement des Klangkörpers.
Auf der anderen Seite erschien jedoch gerade ein Spiel, das mit deutlichen Kontrasten arbeitet und wenig Wert auf Entwicklung und Wachstum legt, für das klangbetonte Quartett Debussys zu romantisch.

Leider musste man auch bei diesem Konzert wieder feststellen, wie ungeeignet der Amphisaal des Harenberg-City-Center für Kammermusik-Konzerte ist: Die trockene Akustik unterstützt nicht den Klang der Instrumente, sondern legt schonungslos die technische Seite der Tonerzeugung offen. Gerade für zurückhaltende Passagen entstand auf diese Weise ein allzu vordergründiger Klangeindruck. Trotzdem gelang es dem Henschel-Quartett immer noch, eine enorme Bandbreite der Klanggestaltung zu realisieren.

Als Zugaben des Abends bot das Henschel-Quartett einen Ausblick auf Beethovens Zukunftsmusik: Die Cavatina aus dem Streichquartett B-Dur op. 130 von Ludwig van Beethoven erscheint mit ihren Passagen rhythmisch scheinbar beziehungslos übereinanderliegender Solovioline und akkordischer Begleitung als ein Gruß aus dem 20. Jahrhundert. Gerade hier zeigte sich ein weiteres Mal die Mühelosigkeit und die Selbstverständlichkeit des Zusammenspiels, das aus diesen drei Geschwistern und einem Freund einen außergewöhlichen Klangkörper macht.
Am Ende dieses spannenden musikalischen Abends kehrte das Henschel-Quartett wieder zur hellen Spielfreude Mendelsohn-Bartholdys zurück mit dem Scherzo aus seinem Streichquartett E-Dur op.80.




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