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Konzerte
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7. Abonnementkonzert A
Do, 27.06. und Fr, 28.06.2002
Philharmonie im Gasteig

Giuseppe Verdi: Ouvertüre zur Oper "La forza del destino (Die Macht des Schicksals)"
Robert Schumann: Konzertstück für vier Hörner und Orchester F-Dur, op. 86
Dimitrij Schostakowitsch: Symphonie Nr. 5 d-moll, op. 47

4. Abonnementkonzert C
Do, 04.07. und Fr, 05.07.2002
Herkulessaal der Residenz

Anton Bruckner: Symphonie Nr. 8 c-moll

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Leitung: Semyon Bychkow

Gegenseitige musikalische Befruchtungen
Zu den Münchner Konzerten mit dem Dirigenten Semyon Bychkow

Von Ingo Schüttke

Wer Zeit und Muße hatte, erhielt innerhalb einer Woche gleich drei Mal Gelegenheit, den Chefdirigenten des Kölner Rundfunk-Symphonieorchesters als Gast am Pult der BR-Symphoniker zu erleben: Donnerstag und Freitag vergangener Woche mit einem vielseitigen Programm von Schumann über Verdi bis Schostakowitsch, am Wochenende dann beim Klassik-Open-Air auf dem Odeonsplatz mit einer abgewandelten Konzertfolge, die an die Stelle von Schostakowitsch Beethovens neunte Symphonie setzte, und schließlich mit der gewaltigen achten Symphonie von Anton Bruckner am Donnerstag und Freitag dieser Woche.

So abwechslungsreich die Musik, die der für einen amerikanischen Pultstar noch recht junge Fünfzig-Jährige mit dem Rundfunksymphonieorchester des Bayerischen Rundfunks zum Klingen brachte, so vielseitig ist Bychkows Zugang zu den Werken.

Sah man ihn bei der schwungvollen und vorwärts drängenden Verdi-Ouvertüre mit leichter Hand die Untiefen des Werks mit einer gehörigen Portion Ironie auffangen, so ließ er das selten gehörte Schumannsche Konzertstück für vier Hörner ganz im Dienste der Solisten musizieren; das Orchester hielt sich weitgehend im Hintergrund und gab der fast durchweg chorisch musizierenden Hörnergruppe Raum zur Entfaltung. So gewann das Werk, das sich wahrlich nicht durch eingängige musikalische Themen auszeichnet, viel an Wert.

Ganz in seiner musikalischen Welt angelangt war Bychkow bei der verstörenden fünften Symphonie von Schostakowitsch, deren Doppelbödigkeit - Fanfarenjubel hier, abgrundtiefer Schwermut dort - nicht, wie bei Mahler, zu dessen Musik durchaus viele Parallelen bestehen, nur Ausdruck einer tiefen psychischen Zerrissenheit ist. Letztendlich lässt sich das Rätsel dieser Musik nur mit Hilfe ihrer Werk- und Rezeptionsgeschichte ein wenig näher bringen: die Symphonie wurde 1937, also mitten in der Zeit der Stalinschen "Säuberungsaktionen" uraufgeführt, und gerade die Tatsache, dass der ebenfalls in hohem Maße bedrohte Komponist seine Musik öffentlich recht lapidar als Ausdruck einer ganz individuellen Menschwerdung, also als eine Art musikalischen Entwicklungsroman beschreibt, zeigte den Eingeweihten schon seiner Zeit, wie viel mehr politische Brisanz in diesem Werk steckt. Bei der aktuellen Aufführung gelang es, diese Mehrdeutigkeit im Rahmen der Möglichkeiten absoluter Musik herauszuarbeiten.

Einen von solchen Implikationen glücklicher Weise befreiten, gelösten, aber nicht minder intensiven Zugang findet Bychkow zur späten Brucknerschen Symphonik. Hier regiert nichts als der Klang: die Interpretation kostet die Klangteppiche, die Mischklänge, das wabernd Geheimnisvolle der hohen Streicher, die Pianissimo-Passagen aus - so sehr, dass die Musik gelegentlich stehen zu bleiben scheint. Ob ein solcher Werkzugang mit insbesondere im Kopfsatz extrem langsamen Tempi dem Verständnis der Musik (zu hören war die von Bruckner bereits für das gemeine Publikum "zurechtgestutzte" 2. Version von 1890) einen Gefallen tut, sei dahingestellt. Darum ging es dem Interpreten sicher nicht; ein solches Grundverständnis und das Einlassen des Auditoriums auf musikalische Extreme setzte er mit gewissem Recht einfach voraus. Es ging vielmehr darum, die Tiefe musikalischer Erfahrung neu auszuloten.

Dass Semyon Bychkow zur Umsetzung dieser Intentionen mit dem BR-Orchester über einen geradezu perfekt agierenden Klangapparat verfügte, muss an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden. So bleibt die Erinnerung an eine Woche intensiver - wenn auch selten leicht zugänglicher - Musikerlebnisse. Bleibt zu hoffen, dass die erlebten gegenseitigen Befruchtungen von Dirigent, Publikum und Orchester keine Ausnahme in München bleiben, sondern Wiederholungen finden.




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