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Konzerte
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16.11.2001
Wuppertal, Neue reformierte Kirche, Sophienstraße

Manfred Niehaus (geb. 1933)
Streichquartett Nr. 1 (UA)

Thomas Beimel (geb. 1967)
Zwei Augen / Sternenverdunklung für Klavierquartett (Deutsche Erstaufführung)

Myriam Marbé (1931-1997)
Lui Nau, 3. Streichquartett

Thomas Beimel
mneme für Streichquartett (UA)


Ensemble 5653
Werner Dickel, Violine
Dagmar Hufeld, Violine
Lila Brown, Viola
Michael Hablitzel, Violoncello

Unerhörtes Konzentrat

Neue Musik für Streicherensemble in der kleinen feinen Konzertreihe "Unerhört"


Von Meike Nordmeyer


Noch nicht Gehörtes gab es reichlich: zwei Uraufführungen und eine deutsche Erstaufführung enthielt der Konzertabend für Streichquartett in der Reihe "Unerhört", der vom Ensemble 5653 präsentiert wurde. Ein anspruchsvolles Werkstattkonzert mit Neuer Musik wurde da am Rande des großen Kulturbetriebes in der Wuppertaler Sophienkirche geboten.

Manfred Niehaus, Komponist der ersten Uraufführung, eröffnete mit kurzer Vorrede über sein Werk das Konzert. Sein Streichquartett Nr. 1 ist bereits 1969 entstanden. Es beruht auf dem Material einer szenischen Komposition nach der literarischen Vorlage "Die Gesänge des Maldoror" des Comte de Lautréamont. Diese Oper, die 1970 in Kiel uraufgeführt wurde, umfasst 20 Szenen. Das Streichquartett geht in drei Sätzen von jeweils einer dieser Szenen aus. Das Werk bietet farbreiche Bildlichkeit, bleibt darin aber stark auf seine Vorlage bezogen, sowie auch in seinem Duktus. Der expressive deklamatorische Stil der Singstimme in der zeitgenössischen Oper ist deutlich zu hören, nur gelegentlich geht der Gesang als Kantilene auf, vorwiegend im warmen Ton des Cellos. Das Tonmaterial wird zusammengeführt und umkreist, in enger, teils heftiger Gegenrede der Streicher. Ein dichtes Musikstück konnte hier im engagierten Spiel des Streicherensembles entwickelt werden.

Zwei Werke des Wuppertaler Komponisten Thomas Beimel standen auf dem Programm. Das Klavierquartett Zwei Augen / Sternverdunklung fand seine deutsche Erstaufführung. Die Spannung zwischen einer kontemplativen Verliebtheit und der weltlich, weil sinnlich bestimmten Erotik interessierte den Komponisten. Entsprechend programmatisch aufgeteilt versteht sich das Werk. Das Klavier, von Beimel selbst gespielt, tönt und träumt gemäß der Verliebtheit weltentrückt, produziert Klangeinheiten über gehaltenem Pedal. Das Streichertrio, dem Bereich der Erotik zugeordnet, liefert gleichsam als Unterfütterung Töne, die zwar nicht weniger schwebend sind, aber fragenden, gelegentlich drängenden Charakter haben. Interessante, reichhaltige freie Klangformung wird entwickelt. Als so sehr entgegengesetzt erweisen sich die ausgedrückten Bereiche dann allerdings nicht.

Mit mneme von Beimel kam ein weiteres Streichquartett zur Uraufführung. Das Stück verlässt deutlich die traditionelle Bindung und arbeitet mikrotonal. Glissandi, kleinste Tonnuancen werden verkoppelt und bewirken schattierungsreiche Klangerfahrungen. Feine Pianissimi sind eingelassen und auch die Geräusche der Instrumente bilden Bestandteil der Komposition, wie mehrfach der fahle Ton des Bogens auf der Saite. Die Musiker bieten eine meisterhafte Umsetzung des gehaltvollen Werkes. Sie haben dabei allein schon enorme Lesearbeit der genaustens ausnotierten Komposition zu leisten. Eindrucksvoll gelingt darüber hinaus das Zusammenspiel und die gemeinsame Klangentfaltung.

Das Programm wurde abgerundet mit dem 3. Streichquartett Lui Nau von Myriam Marbé. Das autobiographisch geprägte Quartett beschreibt die Sehnsucht nach der Tochter in Zeiten langer Trennung. Im warm timbrierten Beginn der Bratsche und tiefem Einsatz der Violinen wird sogleich eine starke Stimmung von Melancholie entworfen. Versatzstücke von rituellen Gesängen und traditionelle Streicherweisen Rumäniens sind kunstvoll, weil auffällig behutsam und zurückhaltend eingearbeitet in die Komposition. Der zweite Satz geht wirkungsvoll von einem starken Tremolo als Grundfigur aus. Der Brillenbass, eine gebräuchliche Begleitfigur der Klavierliteratur, bildet hier das Zentrum des Stückes und entfaltet in seiner quasi ungehobelten Verwendung kraftvolle Emotionalität, die freilich bewusst und sehr entwickelt eingesetzt wird. Eine höchst eindringliche Tonrede, mit der die Komponistin ihrer Sehnsucht Gehör verschaffte.

Das Ensemble 5653 beeindruckte mit dem enormen Pensum, das es für diesen Konzertabend erarbeitet hatte. Mit souveränem technischen Können und hoher Musikalität wurde das Programm ausgeführt. Das Engagement und die große Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung mit den neuen Werken war deutlich spürbar, und so konnte sich die Vielfältigkeit, die zeitgenössische Kammermusik zu bieten hat, bestens vermitteln. Ein Konzentrat, das da zum Klingen kam vor kleinem aber erlesenem Publikum und das der Neuen Musik alle Ehre machte.




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