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Musik aus höheren Sphären
Von Christoph Wurzel
Mit zwei Gestirnen barocker Chormusik neigte sich im Festspielhaus Baden-Baden ein
hochkarätiges und facettenreiches Jahresprogramm seinem Ende entgegen. Und mit Bachs h-moll
Messe und Händels Messias standen zugleich zwei Höhepunkte der geistlichen Musik am Beginn
der Vorweihnachtszeit. Auch die Interpreten beider Konzerte blieben den hochgesteckten
Erwartungen nichts schuldig. So waren die Abende wieder Konzertereignisse von allerhöchstem
Rang. Das Balthasar-Neumann-Ensemble mit Chor und Solisten hatte unter der Leitung von Thomas Hengelbrock bereits im Oktober mit der wunderschönen Aufführung von Monteverdis Orfeo unter
Beweis gestellt, wie leicht und unakademisch eine historisch orientierte Aufführung barocker
Musik sein kann, durch die kein Abstand zwischen den rund 300 Jahren seit der Komposition
entsteht, sondern uns Heutigen die Musik so lebendig und unmittelbar erzählt wird, wie wir
selber empfinden. Auf´s Schönste wurde dies auch in der h-moll-Messe verwirklicht, dem
musikalischen Vermächtnis Bachs. Auswendig sang der Chor seinen Part - wohl einer der schwierigsten der klassischen
Chorliteratur. Die Sängerinnen und Sänger traten für ihre Soli aus dem Chor heraus und
integrierten sich wieder. So entstand ein musikalischer Fluss der dem Ganzen diente. Die
obligaten Begleitinstrumente erwiesen sich als sensible Partner und musizierten mit
exzellentem Klang. Die Balance zwischen dem Chor und dem Orchester war jederzeit optimal.
Nicht immer treten so hervorragende Künstler so uneitel auf. Hier war er zu spüren, der
Ensemblegedanke im Dienste des Werks. Gleichsam das Gegenteil unserer heutigen historischen Aufführungspraxis hat Mozart mit
seiner Bearbeitung des Händelschen Messias vorgehabt. Obwohl noch nicht einmal 50 Jahre
zwischen der Uraufführung des Oratoriums und Mozarts Fassung liegen, empfand er wohl die
Musik als zu wenig modern für die musikalischen Akademien des Barons van Swieten, bei denen
übrigens auch Haydns Oratorien uraufgeführt wurden. Heutige Ohren, die "historisch" zu hören
gewohnt sind, mögen Gewöhnungsbedarf an den überaus weichen und klassisch vollen Klang der
Mozartschen Fassung haben. Auch von einer Aufführung in der Originalsprache scheint man
damals nicht viel gehalten zu haben (schließlich ist sie nicht italienisch). So wurde der
englische Text von Christoph Daniel Ebeling übersetzt und von Klopstock überarbeitet, der
selbst ein Verspoem "Der Messias" verfasst hatte. In dieser Fassung also präsentierten die Gächinger Kantorei und das Bach - Kollegium
Stuttgart unter Helmut Rilling das Werk, ausgewiesene Experten der geistlichen Musik, ob aus
Barock, Klassik, Romantik oder Moderne. Den Part des zweiten Soprans hatte der Countertenor Gunther Schmid mit sehr zarter,
knabengleicher Stimme übernommen, die nicht kräftig, dafür aber besonders empfindsam klang.
Mit hellem Timbre, sicher in allen Lagen und, wie alle Solisten mit hervorragender
Textverständlichkeit sang James Taylor die Tenorarien. István Kovacs war ein kraftvoller,
entschiedener Bass. Die Sänger hörten genau auf einander und fügten sich in den wenigen
Ensemblestellen hervorragend zusammen. Mit schlankem Gestus und in großer Einheitlichkeit meisterte der Chor seinen Part und gab dem Halleluja, vor dessen Berühmtheit einem ja Angst werden könnte, seine Würde zurück. Die
Bach-Akademie musizierte mit viel Feingefühl für Klangfarben und Stimmungen. Dass Helmut
Rilling, ausgezeichnet mit dem Grammy Award für die beste Choraufnahme, der überaus gute
Geist auch dieser Aufführung war, versteht sich von selbst. |
Programm:6. Dezember:Johann Sebastian Bach: Missa h - moll Solistinnen und Solisten des Balthasar-Neumann-Chores Balthasar-Neumann-Chor Balthasar-Neumann-Ensemble Leitung: Thomas Hengelbrock 7. Dezember: Georg Friedrich Händel: Der Messias Sibylla Rubens, Sopran Matthias Rexroth, Altus James Taylor, Tenor István Kovacs,Bass Gächinger Kantorei Bach-Kollegium Stuttgart Leitung: Helmuth Rilling
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