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Musikfestspiele
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Sonntag 15. September 2002, Beethovenhalle Bonn

Internationales Beethovenfest Bonn 2002



Ulvi Cemal Erkin: Köçekçe
Özkan Manav: Portamento lento op.17 (Uraufführung, Auftragswerk der Deutschen Welle)
Wolfgang Amadeus Mozart : Konzert für Klavier und Orchester A-Dur KV 488
Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 6 F-Dur op.68


Fazil Say, Klavier
Istanbul Üniversitesi Devlet Konservatuvari Orkestrasi (Orchester des staatlichen Konservatoriums an der Universität zu Istanbul)

Leitung: Ramiz Malik-Aslanov

Beethoven am Bosporus

Von Ralf Jochen Ehresmann / Fotos: pr



Mit der Türkei mag man in Deutschland mancherlei verbinden, als Hüter klassisch-europäischer Musiktradition tritt sie äußerst selten auf. Dankenswerterweise haben die türkischen Gäste auch einige eigene Musik mitgebracht von Künstlern, deren Namen hierzulande allerdings nur den versiertesten Füchsen etwas sagen dürften - leider, wie wir jetzt wissen!
Dabei verfolgt die Deutsche Welle, einer der Hauptsponsoren des Festes, mit ihren Einladungen ausländischer Jugendorchester das Ziel, "den Stand der Beethoven-Interpretation in dem von ihm vertretenen Land zu" dokumentieren. Die Idee, Preisauszeichnung und Heimat des Gastorchesters zu verknüpfen, legt sich dabei logisch nahe und fiel nicht zufällig zusammen.

Auch diesmal waren wieder 3 Reden anzuhören, so dass die Musik um 20.16h für etwa 20' unterbrochen wurde; den Rednern sei zugute gehalten, dass sich alle spürbar darum bemühten, auch inhaltliche Aspekte beizusteuern und nicht nur das Übliche zu liefern, das aus Politikermund bei ähnlichen Anlässen ach so oft gesagt wird.

Özlan Manav Foto links:
Preisträger Özkan Manav

Ein Grußwort der Stadt sowie eines der türkischen Republik bildeten den Vorspann zur Preisverleihung der Deutschen Welle an den Schöpfer der diesjährigen Auftragskomposition Özkan Manav, dessen 11-minütiges "Portamento lento" anschließend uraufgeführt wurde. Darauf folgten die beiden Klassiker Mozart und Beethoven.

Doch schlauerweise hatte diesmal vor der Rede am Mikrophon die Musik selbst das Wort, indem die 9-minütige Tanzrhapsodie Köçekçe zu hören war. Die Kategorie einer Rhapsodie trifft das Wesen des Werkes sehr gut, handelt es sich doch um eine rasche Abfolge verbundener Teile, die auch als Einzeltänze existieren könnten, die ihren Sinn also nicht erst aus der Rahmensetzung beziehen. In anschaulicher Form ruft sich die Erkenntnis in Erinnerung, dass ursprünglich alle Musik aus dem Tanze herrührt und auch den Elementen der klassisch-sinfonischen Groß-Form alte Tanzbilder zugrunde liegen. Was allerdings beim Scherzo anschaulich zur Parodie seiner selbst entwickelt wurde, bewahrt bei Erkin seine Ursprünglichkeit: An der Spielfreude des auffällig weiblich besetzten Schlagwerks war schon optisch der organische Impuls der Musik ablesbar.

Das neueste Werk von Özkan Manav (Jg.1967) beginnt leise in den Harfen, hält diesen Tonfall weitgehend bis zum Verklingen des Klaviertrillers durch; in seinem Beitrag zum Programmheft erwähnt der Komponist "sprechende Gesten, gespielt von den Bläsern, solistisch oder in Gruppen. Ihre Tonfolgen sind zumeist aus den melodischen Zellen abgeleitet, mit denen die Harfe in den ersten Takten den Beginn des Werkes markiert." Das musikalische Material wird eher motivisch denn thematisch behandelt, entsprechend dem Gesamtcharakter geschieht der Aufbau der Spannungsbögen sehr geräumig und gut fundiert. Gelegentlich wird den Streichern ein Hauch von Durakkord gestattet, oberhalb dessen es aber weiterwuselt.

MOZART: An einer unseren Ohren vertrauteren Musik bestätigte sich der bislang noch unbestätigte Eindruck, beim Klangkörper aus Istanbul wieder einen sehr homophonen Gesamtklang vorzufinden, der weniger auf analytische Durchhörbarkeit noch auf strahlenden Glanz v.a. im Blech bedacht ist, was nicht weiter verwundert, wenn man bedenkt, dass sämtliche MusikerInnen aus einer Schule kommen. Freut man sich noch über Ähnlichkeiten manchen Details zum altdeutschen Klangideal, so muss man feststellen, dass der Saal dazu neigt, die Musik etwas dumpfer erklingen zu lassen als sie gespielt wird, was zumindest in dieesr Verbindung nicht unbedingt vorteilhaft wirkt.

Fazil Say

Foto rechts:
Pianist Fazil Say

Den 1.Satz nahm Malik-Aslanov bereits sehr schneidig, was dem göttlichen pp-Einsatz zuerst des Solisten, danach des Orchesters, zubeginn des Adagio einen idealen Einstieg bot - trotz des Versuches von Teilen des Publikums, bereits hier einen "Zwischen-"Applaus zu platzieren. Hier allerdings - weit weniger als in den forte-Passagen - wirkte sich der filzige Tonfall des Flügels nachteilig aus, wie er bei Steinway leider öfters vorkommt und durch die Wahl eines Bechstein, v.a. aber Bösendorfers leicht vermeidbar gewesen wäre.
Dennoch halten wir diesen Satz für den stärksten des Werkes wie auch dieser Interpretation, zeigte sich doch im Schlusssatz, wie etwas mehr Präzision v.a. in der Pedalbehandlung bisweilen hilfreich gewesen wäre, da auch manche dynamische Wendung zu abrupt geriet, wie es dem Stück und der ansonsten durchgehaltenen eher flächigen Interpretation als Ganzes nicht entsprach.

In vielerlei Hinsicht erklang das Spiel der Beethovenfreunde vom Bosporus ähnlich dem, wie man es von hiesigen Klangkörpern gewohnt ist. Einige Betonungen saßen aber anders, oder häufiger: blieben ganz aus, wo man sie traditionell erwartete, v.a. an den Stellen, wo Mozart harmonisches Neuland betritt und ungewöhnlich moduliert.

Der Pianist verabschiedete sich mit 3 Zugaben, deren erste die Eigenkomposition "Schwarze Erde" die rechte Hand ummittelbar in die Saiten greifen lässt und dem Flügel dadurch ungewöhnliche Schallmuster entlockt. Intensive Arbeit an engem Material spannt einen straffen Bogen, der aus leise gestammelten Einzelton-Wendungen über einen Mittelteil, schön laut und virtuos, zu den Anfängen zurückkehrt, gleich jenen Wüstenblumen, die aus karger Erde für kürzeste Zeit eine bunte Pracht zaubern.
Nach einer Sammlung von Variationen brachte die 3. Zugabe all das an Swing und Bravour, wozu der Mozart wenig Entfaltung geboten hatte.

Ramiz Malik-Aslanov Foto links:
Dirigent Ramiz Malik-Aslanov

BEETHOVENs Pastorale geriet titelkonform so, dass sicher kein Lämmlein weggelaufen wäre - außer im Gewitter; dem auswendigen Dirigat Malik-Aslanovs entsprang ein sehr bassiger Grundton, die Spannungsbögen der Musik wurden auch hier eher zaghaft bis zurückhaltend genommen. Dies bedeutet zugleich, dass die Bildhaftigkeit der Musik nicht überreizt wurde, wie es auf manchen neueren Aufnahmen zu hören ist. Die fließenden Übergänge der hinteren Sätze gelangen bestens ohne Spannungsverlust, wodurch die unvermittelte Störung des Landlebens via Unwetter sich ebenso glaubhaft vermittelte.
Auffällig blieb die Scheu, allzu deutliche Akzente zu setzen, dabei bestand gleichwohl eine gute Kommunikation zwischen Orchester und Dirigent, die ohne große Gesten auf beiden Seiten auskam.

Das Konzert wurde abgerundet durch eine ganz große Reprise, indem Erkins Tanzrhapsodie Köçekçe - leider unvollständig - wiederholt wurde. Dem Uraufführungswerk von Manav wäre dies auch zu wünschen gewesen.



Da capo al Fine

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