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5. November 2002
Konzerthaus Dortmund


Bright Sheng
"Nanking! Nanking!"
Threnologie für Pipa und Orchester (1999)


Dmitri Schostakowitsch
Sinfonie Nr. 7 C-Dur op. 60
"Leningrader"


Philharmonisches Orchester Dortmund
Yang Wei, Pipa
Arthur Fagen, Dirigent
Homepage: Konzerthaus Dortmund
Faszinierende Synthese

Bright Sheng im 2. Philharmonischen Konzert in Dortmund

Von Martin Rohr

Kann man den Schrecken von Krieg und Grausamkeit musikalisch aufarbeiten? Und wenn ja, auf welche Weise? Zwei unterschiedliche Antworten fanden die Komponisten Bright Sheng und Dmitri Schostakowitsch in den Werken, die im zweiten Philharmonischen Konzert in Dortmund zu hören waren. In ihnen befassten sich die Komponisten auf je eigene Weise mit zwei Schauplätzen des Zweiten Weltkrieges und den mit ihnen verbundenen Verbrechen. Dmitri Schostakowitsch begann als direkt betroffener Bürger während der Belagerung von Leningrad durch die Deutsche Wehrmacht hier die Komposition seiner siebten, der "Leningrader" Sinfonie.

Der chinesische, heute in den USA lebende Komponist Bright Sheng befasst sich als Nachgeborener mit Dokumentationen des Massakers von Nanking, verübt durch die Japanischen Besatzungstruppen im Jahre 1937. Bei diesem heute weitgehend aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwundenen Progrom wurden in wenigen Wochen etwa 300.000 Menschen ermordet. Das Resultat dieser Beschäftigung ist die 1999 entstandene Komposition "Nanking! Nanking!"
Das große romantische Orchester wird im ersten Teil der Komposition zu einer drastischen Darstellung der Ereignisse genutzt. Mit massiven Fortissimoausbrüchen und oft scharfen Klangmixturen erreicht Bright Sheng eine schmerzhafte Deutlichkeit.
Demgegenüber ergreift der zweite Teil der Komposition Partei für die Opfer des Massakers, indem er deren persönliches Erleben zum Gegenstand der musikalischen Darstellung macht. Verkörpert wird dies vor allem durch den solistischen Einsatz der Pipa, des traditonellen, der Mandoline verwandten chinesischen Zupfinstrumentes. Der dünne und obertonreiche Klang der Pipa erlaubt große Expressivität und vokal-deklamatorischen Einsatz.
Die Komposition ist so weit als möglich entfernt von Exotismus als sich selbst genügender Sensation, als fremdartigem Gewürz, das eine neue Farbe in die westliche Musikwelt bringt. Vielmehr erlebten die Zuhörer eine wirkliche Synthese, zwischen europäischer Musiktradition und asiatischen Klangwelten. Frei von jeglichen Fernost-Klisches kam es hier zu spannenden Begegnungen, die beide Seiten in neuem Licht erscheinen ließen, so die solistischen Passagen von Pipa und Kontrafagott bzw. Bassklarinette.
Besonderen Anteil am Erfolg dieses Projektes hatte das Dortmunder Philharmonische Orchester, das mit großer Konzentration die vielschichtigen Klänge realisierte und dem herausragenden Solisten Yang Wei immer den nötigen Raum zur Entfaltung bot.

Einen gänzlich anderen Weg im Umgang mit dem Schrecken findet Dmitri Schostakowitsch in seiner "Leningrader Sinfonie". Statt eine Reflexion oder Darstellung der Ereignisse in Musik zu fassen, setzt Schostakowitsch mit seiner Musik dem Volk und seinem Überlebenswillen ein Denkmal. Ergebnis ist ein monumentales Werk von unglaublichem Optimismus, der den Zuhörer fast verstört angesichts der furchtbaren Ereignisse. In unzähligen variierten Wiederholungen des Marschthemas im ersten Satz Allegretto beschwört Schostakowitsch den Glauben an den Sieg.
Das Philharmonische Orchester bewältigte diesen Kraftakt mit großer Konzentration und Virtuosität. Die Streicher glänzten vor allem durch den großen und weiten Ton, den sie in den ruhigeren Passagen der Sinfonie erreichten. Bläser und Schlagwerk entwickelten eine nahezu erschlagende Klanggewalt.

Arthur Fagen hat mit diesem Konzertprogramm eindeutig gezeigt, wohin die Reise mit ihm als neuem künstlerischen Leiter gehen kann: spannende Werkkombinationen in virtuoser Ausführung.


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