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Konzerthaus Dortmund
5. November 2003

Orchesterzyklus I


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Brahms in neuem Gesicht

Das Concertgebouworkest und Vadim Repin im Konzerthaus Dortmund

Von Martin Rohr


Wer sich auf das Jahresprogramm des Konzerthaus Dortmund verlassen hatte, mochte zunächst enttäuscht sein. Denn dieses sah ursprünglich als Solist für das zweite Konzert im Rahmen des Orchesterzyklus I im Konzerthaus Dortmund mit Itzhak Perlamann einen Geiger von Weltrang vor. Der 1971 in Sibiren geborene Geiger Vadim Repin ließ alldings mit seiner Interpretation von Johannes Brahms´ Violinkonzert D-Dur op. 77 diese Enttäuschung schnell vergessen. Zu außergewöhnlich und eigenständig war seine Auffassung dieses Konzerts.

Johannes Brahms entspricht denkbar wenig dem Bild des Virtuosenkomponisten, dessen Prototyp Nicolo Paganini ist und dessen Werke vor allem durch atemberaubende technische Kabinettstücke faszinieren. Die enormen auch geigerischen Anforderungen von Brahms´ Violinkonzert sind in den Dienst einer musikalischen Idee gestellt, die stark einem sinfonische Geist verpflichtet ist. So wird das Konzert oft in engem Zusammenhang mit Beethovens Violinkonzert D-Dur gestellt, dem es nicht nur in Tonart und Satzproportionen ähnelt, sondern mit dem es streckenweise auch einen gewissen kontemplativ-ruhigen Ausdruck teilt.
Doch das Konzert auf diese Anteile zu reduzieren, würde ihm keineswegs gerecht werden. Und so überzeugte die Interpretation Vadim Repins vor allem durch den virtuosen Zugang: Mit brillanter, heller Tongebung und klarer Akzentuierung verlieh er dem Konzert ein ungewohntes, kantiges Gesicht. Weniger Intimität als vielmehr offensiver Tatendrang prägten das Bild, besonders in der Kadenz des ersten Satzes: Hier entschied sich Repin gegen die sonst fast selbstverständlich gespielte Kadenz des Brahms-Freundes und Interpreten der Uraufführung, Joseph Joachim, sondern für diejenige von Jascha Heifetz. Diese Kadenz verarbeitet, gleichsam als Durchführung, Elemente des Orchestersatzes und des Soloparts zu einem unerhört dichten Gewebe von atemberaubender Virtuosität. In Vadim Repin fand diese Kadenz einen würdigen Interpreten.
Leider fehlte diesem packenden Solopart etwas der orchestrale Unterbau, denn das Concertgebouworkest Amsterdam unter Leitung Herbert Blomstedts agierte in den Solopassagen - zumal im Verhältnis zum durchsetzungsfähigen Ton des Solisten - mit allzu rücksichtsvoller Dynamik. Lediglich in den Orchesterzwischenspielen erreichte das Orchester jenen kantigen und markierten Klang, der zu Repins Interpretation gepasst hätte. Mit ein wenig mehr Gleichberechtigung zwischen Solist und Orchester wäre beiden geholfen gewesen und hätte das Konzert noch überzeugender werden lassen.

Wahre Begeisterungsstürme rief Eugène Ysaÿes Sonate op. 27 Nr. 3 d-Moll für Violine solo hervor, mit der sich Repin für den überschwänglichen Applaus bedankte. Auch hier bewies Repin neben unerhörter Virtuosität ein sicheres Gespür für die Spannung zwischen der vagen und ungewiss-suchenden Atmosphäre der Einleitung und tänzerisch-leidenschaftlichem Gestus des Hauptteils - ein überragendes Erlebnis, das mit der aufgesetzten Show eines Julian Rachlin aber auch nichts gemein hatte!

Mit Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60 hatte dann auch das Orchester die Gelegenheit, sich als ausdrucksstarker Klangkörper zu präsentieren. Dabei überzeugte es vor allem durch die Vielfalt der Instrumentalfarben, die eher sich kontrastierten als dass sie miteinander verschmolzen. Herbert Blomstedt nutzte diese Klangvielfalt zu eindruckvollen Charaktergegensätzen, so zwischen der tastenden Einleitung und dem vitalen Allegro vivace des ersten Satzes. Auch grobe Intonationsschnitzer in Holz- und Blechbläsern konnten diese überzeugende Zugangsweise nicht ernsthaft schmälern. Von überwältigender Vitalität war denn auch der Kehraus im Allegro ma non troppo, in dem vor allem die solistischen Holzbläser ihre Virtuosität präsentieren konnten.

Mit Ludwig van Beethovens Egmontouvertüre op. 84 ging ein unerhört erlebnisreicher Konzertabend zu ende, der alles andere als enttäuschend war

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Programm

Johannes Brahms:

Konzert für Violine und Orchester
D-Dur op. 77

Ludwig van Beethoven:

Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60


Vadim Repin, Violine

Concertgebouworkest
Amsterdam

Herbert Blomstedt, Dirigent







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