Veranstaltungen & Kritiken Konzerte |
|
|
Brahms in neuem Gesicht Das Concertgebouworkest und Vadim Repin im Konzerthaus Dortmund
Von Martin Rohr
Wer sich auf das Jahresprogramm des Konzerthaus Dortmund verlassen hatte, mochte zunächst enttäuscht sein. Denn dieses sah ursprünglich als Solist für das zweite Konzert im Rahmen des Orchesterzyklus I im Konzerthaus Dortmund mit Itzhak Perlamann einen Geiger von Weltrang vor. Der 1971 in Sibiren geborene Geiger Vadim Repin ließ alldings mit seiner Interpretation von Johannes Brahms´ Violinkonzert D-Dur op. 77 diese Enttäuschung schnell vergessen. Zu außergewöhnlich und eigenständig war seine Auffassung dieses Konzerts. Johannes Brahms entspricht denkbar wenig dem Bild des Virtuosenkomponisten, dessen Prototyp Nicolo Paganini ist und dessen Werke vor allem durch atemberaubende technische Kabinettstücke faszinieren. Die enormen auch geigerischen Anforderungen von Brahms´ Violinkonzert sind in den Dienst einer musikalischen Idee gestellt, die stark einem sinfonische Geist verpflichtet ist. So wird das Konzert oft in engem Zusammenhang mit Beethovens Violinkonzert D-Dur gestellt, dem es nicht nur in Tonart und Satzproportionen ähnelt, sondern mit dem es streckenweise auch einen gewissen kontemplativ-ruhigen Ausdruck teilt. Wahre Begeisterungsstürme rief Eugène Ysaÿes Sonate op. 27 Nr. 3 d-Moll für Violine solo hervor, mit der sich Repin für den überschwänglichen Applaus bedankte. Auch hier bewies Repin neben unerhörter Virtuosität ein sicheres Gespür für die Spannung zwischen der vagen und ungewiss-suchenden Atmosphäre der Einleitung und tänzerisch-leidenschaftlichem Gestus des Hauptteils - ein überragendes Erlebnis, das mit der aufgesetzten Show eines Julian Rachlin aber auch nichts gemein hatte! Mit Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60 hatte dann auch das Orchester die Gelegenheit, sich als ausdrucksstarker Klangkörper zu präsentieren. Dabei überzeugte es vor allem durch die Vielfalt der Instrumentalfarben, die eher sich kontrastierten als dass sie miteinander verschmolzen. Herbert Blomstedt nutzte diese Klangvielfalt zu eindruckvollen Charaktergegensätzen, so zwischen der tastenden Einleitung und dem vitalen Allegro vivace des ersten Satzes. Auch grobe Intonationsschnitzer in Holz- und Blechbläsern konnten diese überzeugende Zugangsweise nicht ernsthaft schmälern. Von überwältigender Vitalität war denn auch der Kehraus im Allegro ma non troppo, in dem vor allem die solistischen Holzbläser ihre Virtuosität präsentieren konnten. Mit Ludwig van Beethovens Egmontouvertüre op. 84 ging ein unerhört erlebnisreicher Konzertabend zu ende, der alles andere als enttäuschend war |
ProgrammJohannes Brahms:Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 77 Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60 Vadim Repin, Violine Concertgebouworkest Amsterdam Herbert Blomstedt, Dirigent
|