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Musikant mit Cellobogen
Zum Jahreswechsel hatte die Philharmonie gleich drei Neujahrskonzerte im Angebot. Eines davon: Das Gastspiel mit dem Wiener Kammerorchester unter Heinrich Schiff. Wenn es als qualitativer Gradmesser für 2005 gelten kann, darf man sich freuen. Heinrich Schiff
Erzmusikantisch ging es zu im gut besuchten, jedoch nicht ausverkauften Alfried Krupp Saal. Heinrich Schiff bewies einmal mehr, dass er ein ebenso begnadeter Cellist wie Dirigent ist. Zu Beginn der laufenden Saison wurde er Chefdirigent des Wiener Kammerorchesters, einem Ensemble, in dem "Solisten-Dirigenten" Tradition haben. Von seinem Instrument aus dirigierte Schiff zunächst Joseph Haydns Cellokonzert C-Dur, ein Werk, das bis zu seiner Wiederentdeckung 1962 als verschollen galt. Schiffs Spiel ist unverwechselbar: Aus jedem Ton schöpft er höchste Sanglichkeit, akzentuiert kernig, gestaltet Figurationen und Läufe pointiert und virtuos; dieser Stil setzt sich auch in den Streichern des Wiener Kammerorchesters fort. Das "Adagio" überraschte mit zartem Rubato und zahlreichen empfindsamen Schattierungen. Nahezu rasant fiel das "Allegro molto" aus, das virtuose I-Tüpfelchen auf einer Deutung, in der Solist und Orchester zum Organismus verschmolzen. Dass Schiff ein wahrer Musikant ist, bewies er vor allem auch in den "Rumänischen Volkstänzen" von Béla Bartók, die volkstümlich-heitere, ja fast zigeunerhafte Herzlichkeit verströmen. Obwohl die Feinabstimmung im Orchester nicht immer optimal war, staunte man doch über die leuchtenden Klangfarben und die etwas verrückte Ausgelassenheit, die vor allem den "Schnelltanz" auszeichnete. Schiffs musikalische Gestaltungskraft, die ebenso zupackend und energiereich wie vielschichtig ist, bestimmte auch die abschließenden Sinfonie Nr. 3 von Ludwig van Beethoven, die "Eroica". Wenn es hier für Kritiker etwas zu jammern gab, dann auf allerhöchstem Niveau. Im einleitenden Allegro fehlte es an der letzten Eleganz, manches wirkte etwas zu grob; die Hörner und vor allem die Trompeten waren im Klangbild hier und da etwas zu prominent. Dem Trauermarsch allerdings tat der vibratolose, schlanke Streicherton des Wiener Kammerorchesters gut. Dieser langsame Satz war es auch, der mit seiner berührenden Tiefe und mit klugen Phrasierungen besonders überzeugen konnte. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Wiener Kammororchester Heinrich Schiff, Violoncello und musikalische Leitung Joseph Haydn Konzert für Violoncello und Orchester C-Dur, Hob. VIIb:1 Béla Bártok Rumänische Volkstänze, Sz 68 Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 3 es-Dur, op. 55 "Eroica"
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