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Congresshalle Saarbrücken
6./7. September 2004

1. Sinfonie-Konzert


Gute alte Bekannte

Von Claus Huth


Zum Start der Konzertsaison 2004/2005 begrüßte das Saarländische Staatsorchester einen alten Bekannten: Den Dirigenten Jiri Kout, der von 1985 bis 1991 Generalmusikdirektor des Staatstheaters war. Das Zusammenspiel des Orchesters mit seinem alten Chef war so fantastisch, dass der Funke der gemeinsamen Begeisterung unmittelbar auf das zahlreich erschienene Publikum übersprang – kann eine Konzertsaison besser beginnen?

Erfreulich schon die Wahl des Stückes aus Smetanas Zyklus „Mein Vaterland“ zu Beginn. Nicht die bekannte und sattsam oft gespielte „Moldau“, auch nicht „Aus Böhmens Hain und Flur“, sondern die eher selten einzeln gespielte Nummer Drei („Sárka“) des 1882 uraufgeführten „Zyklus sinfonischer Dichtungen“ wählte Kout aus. Und ihm gelang mit dem Orchester eine gespannte Aufführung des reißerischen Stückes, die bisweilen fast an eine Opernszene erinnerte. Kout ließ der Soloklarinette die nötige Zeit, um ihre betörenden Phrasen zu spinnen. Günter Schraml heimste für sein ausdrucksstarkes Spiel am Ende einen verdienten Extraapplaus ein. Die zentrale „Liebesnacht“ war in einen fast irrealen Orchesterklang gehüllt; die furiose Coda fuhr dafür umso unerbittlicher, grausamer und fatalistischer drein – Respekt vor dem Orchester, das von der ersten Note an spürbar auf der Stuhlkante musizierte und gleich zum Einstieg über sich hinauswuchs.

Für Brahms Violinkonzert op. 77 konnte David Garrett als Solist gewonnen werden. Der 24-jährige wurde noch vor einigen Jahren von der Deutschen Grammophon als junges Geigenwunder vermarktet (die Aufnahmen scheinen heute nicht mehr erhältlich zu sein), zeigte aber nun musikalische Reife durch seinen Zugang zu dem vielgespielten Stück. Der Orchestereinleitung, die Kout mit dem anfangs etwas konzentrationsschwächeren Orchesters zart poetisch anlegte, setzte er selbstbewusst einen kantig-rauhen Soloeinstieg entgegen. Und aus diesem Gegensatz gewann die gemeinsame Interpretation viel Feuer: Garrett horchte immer wieder intensiv in das Orchester hinein, konnte sich auch zurücknehmen. Aber an anderer Stelle wusste er genau, was er sagen wollte und wie er dies zu tun hatte. Kout blieb für den Orchesterpart bei seiner lyrischen Sicht – und auch wenn es paradox klingt: das rieb sich wunderbar. Manche etwas sentimentalen und effektheischenden Drücker des Geigers fielen nicht allzu negativ ins Gewicht: Hier hat ein Künstler seinen individuellen, sehr charakteristischen Zugang zu Brahms gefunden, der wohltuend quer steht zum verbreiteten Bild des akademischen Romantikers. Und damit riss er das Orchester, das ihn unter dem aufmerksamen Kout begleitete, immer mehr mit – eine Aufführung, die in ihrer Eigenwilligkeit lange im Gedächtnis bleiben wird.

Nachdem gegen Ende der letzten Spielzeit zum Andenken an Antonin Dvoraks 100.Todestag eine grobschlächtige Aufführung der wohl berühmtesten Sinfonie des tschechischen Komponisten, der Neunten, unter dem derzeitigen Generalmusikdirektor Leonid Grin ein eher zweifelhaftes Vergnügen war, bot sein Vorgänger eine weitere populäre Sinfonie Dvoraks auf, um seinen Konzertabend zu schließen: die 1890 uraufgeführte Achte. Und ihm gelang, was vor wenigen Monaten Grin nicht gelingen wollte: Er brachte Dvoraks Musik in allen Schattierungen zum Klingen. Die auch formal interessanten Ecksätze (ein variierter Sonatensatz und ein Satz, in dem Variation, Sonatensatz und Rondoform verschmelzen) heizte er dramatisch auf, ohne jemals ins Poltern zu geraten. Die Charaktere der Mittelsätze gestaltete er sorgsam, ohne rührselig beziehungsweise allzu folkloristisch zu werden. Dvoraks einfallsreiche Melodien (welcher Komponist seiner Zeit konnte sich einer solchen Erfindungsgabe auf diesem Gebiet rühmen?) modellierte er dem Orchester gleichsam vor, das ihm willig und wiederum hochgespannt auch in die Differenzierungen im unteren Dynamikbereich folgte. An Kouts „Ganzkörpereinsatz“ beim Dirigieren musste man sich zunächst zwar gewöhnen, aber er zeigte Wirkung. Nie riss während der Sinfonie der Spannungsbogen ab. So treffsicher austariert zwischen lyrischem Verfließen und auftrumpfender Brillanz will man Dvorak wieder hören!


Fazit:

Das Orchester empfing seinen ehemaligen Chef anscheinend mit offenen Armen. Heraus kam ein bemerkenswerter Start in die neue Konzertsaison, nach dem die Latte für die folgenden Konzerte gleich hoch hängt.






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Programm


Bedrich Smetana
Sárka (aus: "Mein Vaterland")

Johannes Brahms
Violinkonzert D-Dur op.77

Antonín Dvorak
8. Sinfonie G-Dur op.88


David Garrett, Violine

Saarländisches Staatsorchester
Saarbrücken

Jiri Kout, Dirigent







Da capo al Fine

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