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Zwei Heinersdorff-Konzerte
mit hochkarätigen Geigerinnen
der jungen Generation
Von Gerhard Menzel Julia Fischer und Hilary Hahn gehören schon seit einigen Jahren zu den führenden Virtuosinnen auf der Violine, die die großen Konzertsäle der Welt eroberten. Dabei ist es sehr erfreulich, dass nicht nur außerordentliche Begabungen aus Asien und der Neuen Welt den Weg an die Spitze der internationalen Musikwelt finden, sondern auch einige aus der Alten Welt. Dazu gehört die 1983 in München geborene Julia Fischer, die vor allem durch ihre ganz natürliche Art des Auftretens und Musizierens für sich einnimmt. Dabei versteht sie sich nicht nur als glänzende Solistin, sondern pflegt auch das Ensemblespiel, das sie mit großer musikalischer Gestaltungskraft beseelt. Academy of St. Martin in the Fields
So leitete sie zu Beginn ihres Konzertes in der Essener Philharmonie als Konzertmeisterin der Academy of St. Martin in the Fields Wolfgang Amadeus Mozarts Divertimento F-Dur (KV 138). Ganz unspektakulär und unprätentiös, erklang die Musik ganz natürlich fließend und trotzdem fein abschattiert und mit musikantischem Gestus. Ebenso ging dieses geadelte" Ensemble an Dmitri Schostakowitschs Kammersinfonie für Streichorchester c-Moll op. 110a, jedoch mit völlig veränderten musikalischen Ausdrucksmitteln. Dieser Klagegesang" Schostakowitschs auf den Untergang Dresdens" im Februar 1945 komponiert, gehört mit zu den eindrucksvollsten und ergreifendsten Kompositionen, die je geschrieben wurden. Julia Fischer und die Academy of St. Martin in the Fields interpretierten diese tief empfundene Musik, die sowohl Trauer, erschütternde Klage und hilflosen Zorn in eine tönende Form fasst, einfühlsam und mit großer Hingabe. Der zweite Teil des Abends gehörte dann ganz den Vier Jahreszeiten" von Antonio Vivaldi und der solistisch brillierenden Julia Fischer. Mit kleinen Gesten, strahlendem Lächeln und immer im visuellen Kontakt mit den phänomenal musizierenden Ensemblemitgliedern der Academy of St. Martin in the Fields (speziell dem Konzertmeister und dem 1. Violoncellisten) musizierten sie diesen Topseller der Klassik-Hitparade nicht nur mit atemberaubender Virtuosität, sondern auch mit viel Gespür für Zwischentöne, das Zarte, Bedrohliche und Bedrohte bei Natur und Mensch. Ihr Spiel begeisterte durch feinste Differenzierungen vom singenden und jubelnden Ton, bis hin zum fahlen, zart hingehauchten Pianissimo. Julia Fischer ist eine beeindruckende Musikerpersönlichkeit, die neben technischer Brillanz auch ausrucksstark gestalten kann und ihre ganze Freude und Begeisterung am gemeinsamen Musizieren - wozu auch ihre natürliche und positive Ausstrahlung gehört - unmittelbar auf ihre MitspielerInnen und auf das Publikum überträgt. In sofern war dieses Konzert in jeder Beziehung ein ganz besonderes Ereignis! Inzwischen sind drei SACD-Alben von Julia Fischer erschienen, die zwar nicht das unbedingt empfohlene Konzerterlebnis ersetzen können, aber zumindest akustisch ein ausgezeichnetes Zeugnis über ihre Vielseitigkeit und musikalischen Qualitäten ablegen. Ruben Gazarian und dasWürttembergisches Kammerorchester Heilbronn
Diskographisch schon bestens vertreten ist dagegen die vier Jahre ältere Hilary Hahn (1979 in Lexington/Virginia geboren), die im 5. Heinersdorff Konzert in der Philharmonie Essen zu Gast war. Hilary Hahn präsentierte neben der bereits auf Platte erschienenen Romanze für Violine und Orchester "The Lark Ascending" (Die aufsteigende Lerche") von Ralph Vaughan Williams das Konzert Nr. 8 a-Moll für Violine und Orchester op. 47 von Louis Spohr, dessen Aufnahme demnächst ebenfalls auf den Markt kommen wird. Louis Spohr war zu seiner Zeit ein berühmter Komponist, Geiger und Dirigent (der auch durch die neuartige Verwendung des Taktstocks Aufmerksamkeit erregte). Heute ist er nahezu vergessen und selbst von seinen 15 Violinkonzerten ist nur sein 8. Konzert näher bekannt. Dazu trägt wohl vor allem die besondere Form der Komposition bei. Es ist kein normales" dreisätziges Konzert mit der Satzabfolge schnell, langsam, schnell, sondern ist in Form einer Gesangs-Szene" geschrieben. Die pausenlos ineinander gehenden Abschnitte mit opernhaft geführtem Soloinstrument sind dabei zum Teil rezitativisch und arios gestaltet, bevor eine atemberaubende Kadenz mit kurzer abschließender (Orchester-) Stretta das Konzert beschließt. Hilary Hahn wirkte äußerst konzentriert und gestaltete ihren Part mit zupackendem Ton und virtuoser Technik. Wesentlich gelöster und farbiger präsentierte sie Ralph Vaughan Williams' 1921 uraufgeführte Romanze für Violine und Orchester "The Lark Ascending", die von einem Gedicht von George Meredith (1828-1909) inspiriert wurde. Die musikalisch in atmosphärische Töne gefasste Schönheit der Natur im Anblick einer aufsteigenden Lerche wird durch farbige Instrumentierung und virtuos-kadenzhafte Passagen der Violine geprägt, mit denen das Werk auch im leisesten Pianissimohauch verhallt. Auch in diesem Werk wurde Hilary Hahn vom Württembergischen Kammerorchester Heilbronn unter der Leitung von Ruben Gazarian aufmerksam und behutsam begleitet. Dieses scheint ein besonderes Charakteristikum dieses Orchesters und seines Leiters zu sein, nicht umsonst sind sie von prominenten Solisten so gefragt (zuletzt beim Mozart-Konzert mit Christoph Prégardien in der Essener Philharmonie). Unter der Leitung des temperamentvollen Ruben Gazarian bewies das Württembergische Kammerorchester Heilbronn seine orchestralen Qualitäten zu Beginn des Programms mit Mozarts Sinfonie Nr. 17 G-Dur (KV 129) und vor allem zum Abschluss mit einer schwelgerischen Interpretation von Tschaikowskis Serenade C-Dur für Streicherorchester op.48 mit dem als Reminiszenz an Mozart komponierten ersten Satz und dem und folgenden eleganten Walzer. Mit diesen zwei Konzerten präsentierte Heinersdorff innerhalb kürzester Zeit zwei der hervorragendsten und musikalisch ausdrucksstärksten Geigerinnen der jungen Generation. Beide Konzerte waren zwar nicht annähernd angemessen gut besucht, aber diejenigen, die sich in der Philharmonie eingefunden hatten, waren restlos begeistert.
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4. Heinersdorff Konzert 2005/2006 23.01.2006 Julia Fischer Violine und Musikalische Leitung Academy of St. Martin in the Fields Julia Fischer
www.juliafischer.com/
http://www.hilaryhahn.com/
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