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In Residence: Jörg Widmann


23. Februar 2006

Philharmonie Essen
Alfried Krupp Saal
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Märchenhafte Hommagen

Von Markus Bruderreck - Fotos von Michael Kneffel

Das Jahr 2006 ist ein Jahr der Jubiläen, wie es kein anderes zuvor gewesen ist. Und gleich drei gefeierte Komponisten waren es, deren Werke im Mittelpunkt eines exquisiten Kammerkonzertes in der Philharmonie standen. Klarinettist und Komponist Jörg Widmann, der „In Residence“-Künstler der Philharmonie in dieser Saison, hatte sich mit der Meister-Bratschistin Tabea Zimmermann sowie dem versierten Klavierbegleiter Hartmut Höll zusammengetan, um vor allem Robert Schumann seine Reverenz zu erweisen. Schumanns Todestag jährt sich heuer zum 150. Mal. Aber im Programm waren auch noch zwei andere Jubilare vertreten. Zum einen, fast unvermeidlich: Wolfgang Amadeus Mozart. Zum anderen, und (immer) noch zu entdecken: der höchst originell komponierende Ungar György Kurtág, einer der großen alten Männer der zeitgenössischen Musik. Er wird in diesem Jahr 80 Jahre alt.

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Tabea Zimmermann, Viola
Hartmut Höll, Klavier
Jörg Widmann, Klarinette

Im Kern des Programms jedoch ging es um Robert Schumann. Seine „Märchenerzählungen“ op. 132 und die „Märchenbilder“ op. 113 sind nicht etwa plumpe musikalische Nacherzählungen Grimmscher Vorlagen. Sie setzten vielmehr Stimmungen, beschreiben Charaktere und nehmen spezielle Gefühlshaltungen ein. Zu dieser Art von Stücken zählen auch die „Fantasiebilder“ op. 73, denen sich Jörg Widmann zusammen mit Hartmut Höll zu Beginn des zweiten Konzertteiles mit großem Engagement widmete. Doch schon zum Auftakt des Abends liefern sich Jörg Widmann und Tabea Zimmermann bereits im ersten Satz der „Märchenerzählungen“ delikate Dialoge, breiten wahre Zwiegespräche musikalischer Motive und Floskeln aus. Widmann erweist sich hier wie auch in den übrigen Werken als ein Klarinettist von hohem Format. Tief berührt der dritte Satz mit seiner weich strömenden Kantilene. Das Trio findet hier zu einer Klangsinnlichkeit, die perfekt den romantisch-lyrischen Gehalt der „Märchenbilder“ repräsentiert, auch, wenn im Finale die musikalische Rhetorik etwas handfester, heftiger wird. In den „Märchenbildern“ Opus 113 (Besetzung: Klavier und Viola) erweist sich dann Tabea Zimmermann als eine Solistin mit weitester Ausdruckspalette, die von auftrumpfend und virtuos bis zu betörend und eindringlich reicht. Die schlichte Weise des Schlusssatzes, zu spielen „mit melancholischen Ausdruck“, gelingt besonders überzeugend. Vielleicht eine etwas banale Melodie, dazu noch viele Male wiederholt. Doch mit einem kleinen Accelerando und einer schlenkerhaften Schlussformel weiß Schumann dem ein überzeugendes Ende zu setzen.

Vergrößerung in neuem Fenster Tabea Zimmermann, Viola
Hartmut Höll, Klavier

Das Trio von György Kurtág mit dem Untertitel „Hommage à R. Sch.“ gibt sich rätselhaft. Mit „R. Sch.“ ist natürlich Robert Schumann gemeint. Aber die Titel der sehr kurzen Sätze muss man sich durch das Programmheft aufschlüsseln lassen: „Merkwürdige Pirouetten des Kapellmeisters Johannes Kreisler“ oder „…und wieder zuckt es F. schmerzlich um die Lippen…“ beziehen sich auf Schumanns Fantasiefiguren Eusebius und Florestan oder nehmen Bezug auf die „Kreisleriana“ (die wiederum auf E.T.A. Hoffmann zurückgeht). Heiter-burleske Miniaturen hat Kurtàg hier komponiert, mit denen er Aspekte von Schumanns Werk umreißt. Diese kompositorisch starke, klanglich fein austarierte Musik benötigt hervorragende Ausführende. Im finalen Andante, das noch einmal so lang erscheint wie die gesamten Sätze zuvor, muss Widmann seinen Platz verlassen und eine große Trommel schlagen, als letztes, leises Klangereignis. Kurtág versteht es eben immer wieder, mit seinen Stücken zu überraschen. Das hebt ihn aus dem Meer der zahlreichen Avantgardisten deutlich heraus. Ob man, wie hier, in diesem Jahr auch noch in anderen Konzerten derart überzeugende Aufführungen seiner Werke hören kann?

Viel wahrscheinlicher ist, dass der übermächtige Jubilar dieses Jahres ihm da den Rang ablaufen wird: Wolfgang Amadeus Mozart. Sein „Kegelstatt-Trio“ KV 498 erklang zum Finale dieses recht gut besuchten Konzertes, zu dem übrigens vor allem auch viele junge Leute gekommen waren. Ob Mozart sein „Kegelstatt“-Trio wirklich an der Kegelbahn geschrieben hat, wie er es auch mit Teilen des „Don Giovanni“ getan haben soll? Möglich ist es, der Komponist hatte schließlich die Gabe, immer und überall zu komponieren, ohne sich besonders durch seine Umwelt gestört zu fühlen. Bei diesem überwiegend lyrischen Werk (das so wirkt, als fehle ihm der eröffnende schnelle Satz) wird es musikalisch vollends himmlisch auf der Bühne der Philharmonie. Widmann, Zimmermann und Höll sind ein sensibles, ja zuweilen auch zartes Mozartensemble mit einem überirdisch schönen Klang. Gleichberechtigt sind die Stimmen in diesem Werk, und vielleicht ist es hier lediglich Pianist Hartmut Höll, der sich nicht ganz frei spielen kann und nicht genug an Profil gewinnt. Etwas weniger Pedal: Hätte das nicht etwas mehr zu klanglicher Klarheit beigetragen? Musizierfreude allerdings merkte man dem fulminanten Trio durchaus an, so etwa bei den mit Nachdruck ausgestellten dissonierenden Vorhalten des Rondo-Finales. Herzlich war der Applaus des Publikums.

Am 18. Juni wird in der Philharmonie wieder ein Werk von Jörg Widmann zu hören sein. Das „Signum Quartett“ wird dann sein „1. Streichquartett“ aus dem Jahr 1997 interpretieren.




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Tabea Zimmermann
Viola

Hartmut Höll
Klavier

Jörg Widmann
Klarinette





Robert Schumann
„Märchenerzählungen“ op. 132
„Märchenbilder“ op. 113
Fantasiestücke für Klavier
und Klarinette op. 73

György Kurtág (*1926)
Trio für Klarinette, Viola und Klavier
op. 15d „Hommage à R.Sch.“

Wolfgang Amadeus Mozart
Trio für Klavier, Klarinette und Viola
Es-Dur, KV 498, „Kegelstatt-Trio“



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