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Musikfest 06
Konzert der Berliner Philharmoniker


14. September 2006, Philharmonie Berlin
Eine Veranstaltung der Stiftung Berliner Philharmoniker im Rahmen des Musikfest Berlin


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Musikfest Berlin 06 (Homepage)
Todesarten

Von Annika Senger

Vergrößerung in neuem Fenster Magdalena Kozená

Durch die Epochen hinweg wussten Komponisten, wie Musik einem das letzte Geleit versüßen kann. In den drei Sätzen der 1994 entstandenen Orchesterkomposition Stele von György Kurtág (geb. 1926) wird innerhalb von rund 20 Minuten instrumental gestorben. Das dem früheren Chefdirigenten der Berliner Philharmonie, Claudio Abbado, gewidmete Werk beginnt mit einem düsteren Adagio: Zunächst erzählen Flöten kurz von Lebensabschieden; die Geigen schließen sich wie ein dissonant ergreifender Schauer an. Kurtágs Musik hat einen bedrohlichen und gleichzeitig fesselnd schönen Charakter, der sich im 2. Satz, dem Lamentoso disperato noch steigert. Wild, gehetzt und ungeduldig agieren die hektisch absteigenden Figuren auf der chromatischen Tonfolge des Bruckner-Chorals. Es ist wie ein pathetisches Aufbegehren gegen das nahende Ende. „Brüllende“, das restliche Orchester dominierende Blechbläser illustrieren dies mit morbider Leidenschaft, die Streicher lamentieren verzweifelt, bevor im Molto sostenuto kein Instrument mehr gegen den Tod anzukämpfen scheint. Mit starker Intensität lässt Chefdirigent Sir Simon Rattle das Orchester zu einer Einheit verschmelzen, so dass der Applaus vor der Pause gar nicht abreißen will. Eine Besonderheit des Konzertes ist, dass Kurtágs Werk zum ersten Mal mit neuen Schlusstakten erklingt.

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Soile Isokoski

Auch Gustav Mahlers Symphonie Nr. 2 c-Moll „Auferstehung“ thematisiert den Tod. Wie bereits der Titel andeutet, wird dem Lebensende aber mit geballter orchestraler Macht die Stirn geboten. Schon der erste Satz vermittelt einen ernsten, dennoch wuchtig feierlichen Ausdruck. Am Anfang wirbelnde Kontrabässe und Celli, die auf einem instrumentalen Flehen lasten – und schließlich Paukendonnern, was sich innerhalb der Symphonie mehrmals wiederholt. Es ist ein kompositorisch umgesetztes Wechselbad an Emotionen: Wütend „brodelnd“ beben Pauken und Trommeln, und euphorische Fanfaren blasen immer wieder in Dur zum Triumph auf. Der zweite Satz ist dagegen ein sehr gemächlicher, im Dreiviertel-Takt sich hinwiegender Ländler. Mit einem Wechsel zu D-Dur im Mittelteil wird das Andante moderato jedoch energischer und bewegter.

Beim Text von „Urlicht“ im dritten Satz handelt es sich um einen literarischen Auszug aus „Des Knaben Wunderhorn“. Die Worte sind in ein Altsolo gebettet, hier gesungen von der slowakischen Mezzosopranistin Magdalena Kozená. Sie setzt ein im Piano, leider aber recht flatternd und instabil. Ihr starkes, leicht störendes Vibrato behält sie auch im Mezzoforte bei, doch mit der Lautstärke gewinnt ihre Stimme zunehmend an Stabilität. Die aufgewühlte Emotionalität ihrer Darbietung kann man ihr trotz dieser technischen Mängel zugute halten.

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Nachdem Kozená ihr Solo mit den Worten „Der liebe Gott wird mir ein Lichtchen geben, wird leuchten mir bis an das ewig selig' Leben!“ beendet hat, schließt überraschend ein tobender Orchesterwirbel an. Das unwirsche Herausfahren der Instrumente beruhigt und verlangsamt sich allmählich und mündet in ein mysteriöses Pizzicato der Violinen – nur eine Ruhe vor dem Sturm: Der nächste Trommelwirbel ist der intensivste; im Tempo des Scherzo reißen Posaunen zu einem stetig sich beschleunigenden Triumphmarsch hin. Der niederländische Rundfunkchor erhebt sich nach einem peitschenden Orchesterwirbel – eine Geste, die wie der Titel der Symphonie wirkt: Auferstehung, ein Entkommen aus den Fängen des Todes. Gemeinsam und im Wechsel mit den sphärisch getragenen Klängen des gemischten Chores klagt die souveräne, klare Stimme der finnischen Sopranistin Soile Isokoski unter anderem folgende Worte von Friedrich Gottlieb Klopstock: „O Schmerz! Du Alldurchdringer! Dir bin ich entrungen.“ Sie singt teils im Duett, teils im Wechsel mit Kozená, die bei ihrem zweiten Auftritt mehr technische Sicherheit und größere Ausdruckskraft präsentiert. Zudem hat ihre sprachliche Artikulation an Verständlichkeit gewonnen. Orchester, Chor und die beiden Solistinnen vereinigen sich schließlich zu einem furiosen Finale. Ein intensives Konzert, dessen morbider Charakter auch die Lebenden fesselt und nicht mehr loslässt.




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Werke


György Kurtág:
Stele op. 33 für großes Orchester:

Gustav Mahler:
Symphonie Nr. 2 c-Moll "Auferstehung"




Ausführende

Soile Isokoski, Sopran
Magdalena Kozená, Mezzosopran

Niederländischer Rundfunkchor
(Einstud.: Simon Halsey)

Berliner Philharmoniker
Sir Simon Rattle, Leitung



Weitere Informationen

Berliner Festspiele
www.berlinerfestspiele.de



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