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Essen feiert ein exquisites Ereignis
Von Gerhard Menzel
Unter dem Motto "In Residence" hat sich in Essen ein programmatischer Schwerpunkt etabliert, der nun zum wiederholten Male international hoch dotierte Künstler für mehrere Konzerte bzw. Tage als Gast in die Philharmonie führte. Jüngst waren dies Christoph Eschenbach, der nach dem Konzert mit dem Philadelphia Orchestra zu Beginn dieser Saison, nun mit dem Orchestre de Paris an vier aufeinander folgenden Tagen einen ganz besonderen Konzertzyklus in der Philharmonie Essen präsentierte. Christoph Eschenbach war dabei nicht nur in drei Orchesterkonzerten als Dirigent zu erleben, sondern an zwei Abenden auch als Pianist. Während er in einem Konzert als Solist auftrat, musizierte er an einen Abend auch als Kammermusiker, zusammen mit Mitgliedern des Orchestre de Paris. Das Orchestre de Paris entstand 1967 als Nachfolger der früheren Société des Concerts du Conservatoire. Dirigenten wie Charles Munch, Herbert von Karajan, Sir Georg Solti, Daniel Barenboim, und seit 2000 Christoph Eschenbach, lenkten die Geschicke des Orchesters. Heute ist das Orchestre de Paris eines der größten und renommiertesten internationalen Orchester, das jedes Jahr mehr als 80 Konzerte gibt und ein großes, sich über drei Jahrhunderte erstreckendes Repertoire pflegt, inklusive zeitgenössischer Kompositionen mit Auftragswerken und Uraufführungen. Darunter finden sich auch Werke von Luciano Berio, Pierre Boulez, Marc-André Dalbavie, Henri Dutilleux, Olivier Messiaen und Witold Lutoslawski. Als angesehener Botschafter für die französische Kultur, reist das Orchester regelmäßig durch Europa, die USA, Asien und Latein Amerika. Seit September 2006 hat das Orchestre de Paris mit dem frisch renovierten Salle Pleyel in Paris auch wieder eine neue Heimstatt. Christoph Eschenbach und das Orchestre de ParisFoto: © Sven Lorenz / Nationalbank
Gleich das Eröffnungskonzert zu diesem viertägigen "Konzertmarathon" wartete mit einem grandiosen Solokonzert auf. Robert Schumanns Cellokonzert a-Moll fand in dem international gefragten jungen Cellisten Daniel Müller-Schott einen exzellenten Interpreten, der nicht nur die technisch anspruchsvollen und virtuosen Passagen mit einer ungemeinen Leichtigkeit meisterte, sondern sein herrliches Instrument auch kantabel und schwärmerisch ausladend erklingen ließ. Technik und Interpretation paaren sich bei Daniel Müller-Schott zu einem musikalisch ergreifenden Ereignis! Beschränkten sich Christoph Eschenbach und das Orchestre de Paris in Schumanns Cellokonzert meist zurückhaltend auf eine Begleitfunktion, präsentierten sie die "Symphonie fantastique" von Hector Berlioz in voller Klang- und Farbenpracht. Als eines der bedeutendsten Werke der romantischen Musik sowie als wichtiger Vorläufer der Symphonischen Dichtung, bildete die "Symphonie fantastique" den Auftakt zu einem programmatischen Schwerpunkt französischer Orchestermusik des 20. Jahrhunderts.
Christoph Eschenbach als Dirigent
Neben Maurice Ravels unverwüstlichem und immer effektvollen "Boléro" (den Eschenbach bis kurz vor dem Ende ausschließlich per Augenkontakt unter Kontrolle behielt) und der Orchesterfassung der Klaviersuite (1911-12) zu vier Händen "Ma Mère l'Oye" nach Fabeln von Perrault und Mme. d'Aulnoy, hinterließ vor allem die Suite Nr. 2 "Bacchus et Ariane" von Albert Roussel den nachhaltigsten Eindruck. Konnten Christoph Eschenbach und das Orchestre de Paris schon in Ravels "Ma Mère l'Oye" die ungeheuer vielfältige und differenzierte Farbenwelt französischer Instrumentierungskunst auffächern, wurde Roussels "Bacchus et Ariane" zu einem wahren Klangereignis. Eine echte Seltenheit des Konzertrepertoires stand mit der Sinfonie Nr. 2 "Le Double" für großes Orchester und Kammerorchester des 1916 geborenen Franzosen Henri Dutilleux auf dem Programm. Die an die Tradition von Maurice Ravel, Claude Debussy und Albert Roussel anknüpfende Musik von Henri Dutilleux vereint dabei Altes und Neues, bleibt aber immer transparent und lässt die Musik jederzeit entspannt und frei von aller gewollten Modernität erklingen. "Moderne" und raffinierte Instrumentation, deren Besonderheiten vor allem die Kombination von Pauken, Cembalo und Celesta sind, paart sich hier mit dem barockem Concerto-grosso-Prinzip, einem ständig wechselnden Mit- und Gegeneinander der beiden Orchestergruppen. Natürlich bedingt dieses "Double" eine ganz spezielle Sitzordnung, die in der Praxis eine nicht unerhebliche Auf- bzw. Umbauzeit in Anspruch nimmt. Bei dem großen, feierlichen Konzertabend, der als Festveranstaltung zum 100-jährigen Verbandsjubiläums des Essener Unternehmensverbandes e.V. - der dieses musikalische Ereignis erst möglich machte - gegeben wurde, ließen aber nicht die der Veranstaltung angemessenen Reden den Abend unnötig lang werden, sondern die enorme Umbaupause zwischen der das Konzertprogramm eröffnenden "Leonoren"-Ouvertüre Nr. 3 von Ludwig van Beethoven und dem sich unmittelbar anschließenden Werk von Henri Dutilleux. In diesem Fall wäre es durchaus vertretbar gewesen, auf die "Leonoren"-Ouvertüre zu verzichten, auch wenn sie zusammen mit der dieses Konzert beschließenden 2. Sinfonie von Robert Schumann einen deutschen Rahmen um den französischen Schwerpunkt bildete. Christoph Eschenbach als PiansistFoto: © Klaus Rudolph
Neben Robert Schumann, dessen 150. Todestag dieses Jahr gedacht wird, stand natürlich auch Mozart (zum 250. Geburtstag) als Jubiläumskomponist auf dem Programm. Im abschließenden Konzert mit dem Orchestre de Paris, trat Christoph Eschenbach dann als Solist in Erscheinung. Nachdem er zu Beginn die Ouvertüre zur Oper "Le nozze di Figaro" von Wolfgang Amadeus Mozart dirigiert hatte, leitete er vom Flügel aus das Konzert A-Dur für Klavier und Orchester (KV 488) in dem er seine langjährige Auseinandersetzung mit Mozart und speziell seiner Klavierwerke in Töne fasste. Natürlich haben Eschenbachs Interpretationen nichts zu tun mit den historisch orientierten Auslegungen anderer Pianisten und Musiker, aber so, wie er "seinen" Mozart gestaltete, nahm man ihm seine ganze Leidenschaft und Hingabe zu diesen Kompositionen vollkommen ab. Gerade die langsamen, äußerst "romantisch" präsentierten Passagen sorgten dabei für die größten Spannungs- und Erlebnismomente. Seine Technik ist immer noch bewunderungswürdig und seine Ausdruckskraft enorm.
Christoph Eschenbach und das Orchestre de Paris
Das vom Publikum mit Begeisterung und Standing Ovations aufgenommene, viertägige Konzertereignis konnte allerdings nur durch die großzügige finanzielle Unterstützung seitens der National-Bank AG Essen, der Kulturstiftung Essen sowie der Unterstützung des Essener Unternehmensverbandes e.V. und der MAN Ferrostaal AG realisiert werden. In Essen engagieren sich Stadt, Bürger und Unternehmen wirklich erfolgreich für überregional bedeutungsvolle Kultur, die den Ruf Essens als Kulturhauptstadt auch außerhalb des Jahres 2010 bekräftigen soll. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Montag, 30. Oktober 2006 Schumann zum 150. Todestag Orchestre de Paris & Christoph Eschenbach Daniel Müller-Schott, Violoncello Robert Schumann Konzert a-Moll für Violoncello und Orchester, op. 129 Hector Berlioz "Symphonie fantastique", op. 14 Episoden aus dem Leben eines Künstlers Gefördert von der National-Bank AG Essen Dienstag, 31. Oktober 2006 Schumann zum 150. Todestag Orchestre de Paris & Christoph Eschenbach Solisten des Orchestre de Paris Ludwig van Beethoven Overtüre "Leonore" Nr. 3 C-Dur, op. 72 Henri Dutilleux Sinfonie Nr. 2 für großes Orchester und Kammerorchester "Le Double" Robert Schumann Sinfonie Nr. 2 C-Dur, op. 61 Gefördert von der Kulturstiftung Essen. Mit freundlicher Unterstützung des Essener Unternehmensverbandes e.V. - aus Anlass seines 100-jährigen Verbandsjubiläums. Mittwoch, 1. November 2005 Schumann zum 150. Todestag, Mozart zum 250. Geburtstag Philippe Aiche, Violine David Gaillard, Viola Emmanuel Gaugué, Violoncello Alexandre Gattet, Oboe Pascal Moragues, Klarinette Christoph Eschenbach, Klavier und musikalische Leitung Robert Schumann Drei Romanzen für Oboe und Klavier, op. 94 Robert Schumann Fantasiestücke für Klavier und Klarinette, op. 73 Robert Schumann Kinderszenen, op. 15 Wolfgang Amadeus Mozart Quartett für Klavier und Streicher Es-Dur, KV 493 Donnerstag, 2. November 2006 Mozart zum 250. Geburtstag Orchestre de Paris Christoph Eschenbach, Klavier und musikalische Leitung Wolfgang Amadeus Mozart Ouvertüre zu "Le nozze di Figaro", KV 492 Wolfgang Amadeus Mozart Konzert A-Dur für Klavier und Orchester, KV 488 Maurice Ravel Ma Mère l'Oye Albert Roussel Bacchus et Ariane Suite Nr. 2, op. 43 Maurice Ravel Boléro Gefördert von der MAN Ferrostaal AG
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