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Jeanne d'Arc der Orgel
Von Markus Bruderreck / Fotos: Lukas Pollack
Iveta Apkalna ist eine Kämpferin. Die 1976 im lettischen Rezekne geborene Instrumentalistin streitet für die Orgel, die zwar die "Königin der Instrumente" genannt wird, aber im Konzertleben eher ein Schattendasein führt. Organisten sind meist männlich und wirken im Verborgenen. Iveta Apkalna aber wurde nicht nur bereits für die "Vogue" abgelichtet, sondern präsentiert sich auch recht verführerisch auf ihren CD-Covern. Apkalna ist eine Organistin, die ganz mit ihrem Instrument verschmilzt, die das Publikum mitreißt und ihre Auftritte zu inszenieren versteht. Für ihre Kunst erhielt sie 2004 den Großen Lettischen Musikpreis und ein Jahr später auch einen "Echo-Klassik". Erst 2003 beendete sie ihr Studium, das sie von Riga über London nach Stuttgart führte. Immer mit dabei: Ihr Teddy "Florian", für Apkalna ein Stück Heimat und Zuhause. In der Philharmonie gab die Organistin nun ein Orgelrezital, das im Rahmen der Reihe "Mozart zum 250. Geburtstag" firmierte. Doch nur ein Stück dieses Komponisten, das Konzertrondo KV 382 in einer Orgelbearbeitung, kam tatsächlich zur Aufführung - ein recht loser "Aufhänger". Mozarts so harmlos wirkendes Stück beweist allerdings eindringlich, was Iveta Apkalnas Kunst ist. Abwechslungsreich versteht es die Organistin hier zu registrieren, nimmt die schlichte, "hänschenkleinartige" Melodie ernst und überzeugt durch intensive Gestaltung auch in den empfindsamen Moll-Variationen. Iveta Apkalna vereint in sich viele Talente, die sie zu einer außergewöhnlichen musikalischen Erscheinung machen, nicht nur innerhalb der "Orgelszene": Sie ist musikalisch höchst sensibel und interpretatorisch stark, probt bis tief in die Nacht (auch an der Orgel der Philharmonie, über die sie am Ende des Konzertes wieder lobende Worte verliert). Man sollte sie nicht unterschätzen: Sie ist kein Mädchen, das sich zufällig an die Orgel verirrt hat. Schließlich gehört schon einiges an künstlerischer Radikalität dazu, bis vier Uhr morgens zu proben und den unbedingten Willen zu haben, sich auf jedes Instrument neu einzuschwingen. Iveta Apkalna gibt zudem Anstöße und besitzt das Potenzial, Komponisten zur Erschaffung neuer Werke anzuregen. Die "Bagatelle über ein lettisches Volksliedthema" hat sie sich von dem libanesischen Komponisten Naji Hakim (*1955) schon vor neun Jahren auf den Leib schreiben lassen. Das Stück ist immer in Bewegung, erscheint dabei ebenso modern wie herb und gar nicht "volksliedhaft". Auch in der "Evocation II" des Franzosen Thierry Escaich (*1965) überzeugt Apkalna mit expressiver Geste und spielt das Effektvolle der Komposition überzeugend aus (dabei müsste man auch den Assistenten einmal lobend erwähnen, der Apkalna aufmerksam am großen Orgelpult zur Seite stand, fleißig die Register wechselte und die Noten wendete). Das jüngste Stück des Abends stammt von der 1983 geborenen Kubanerin Marialy Pacheco. "Zwischen zwei unvorstellbaren Stillen", erst wenige Monate zuvor für den Fanny Mendelssohn-Wettbewerb in Unna komponiert, kommt als eine eindringliche Choral-Meditation daher, mit keiner spektakulären, neuen Musiksprache, aber durchaus originell gestaltet.
Hätte der musikalische Kontrast in der von Edwin Lemare besorgten Bearbeitung von Camille Saint-Saëns' "Danse macabre" nicht größer sein dürfen? Das Stück wirkte hier angemessen fahl und geheimnisvoll, aber doch sehr zurückhaltend. Ein Stück "Inszenierung" von Iveta Apkalna war es hier sicherlich, dass man im Alfried Krupp-Saal die Lichter dimmte und den "Spot" auf die Orgel setzte. Neben der dritten Sonate aus Felix Mendelssohn-Bartholdys Opus 65 komplettierte Iveta Apkalna ihr Programm auch mit der wuchtigen "Sonata Eroica" von Joseph Jongen, einem Klassiker des Repertoires. Die Zugabe, eine Bearbeitung der Passacaglia aus Dmitri Schostakowitschs Oper "Lady Macbeth von Mzensk", widmete sie dann am Jahrestag seines Todes dem Andenken an ihren verstorbenen Vater. Das Publikum dankte mit warmherzigem Beifall. Gar nicht so wenige waren gekommen, um Iveta Apkalna zu hören. Es steht zu vermuten, dass es in Zukunft noch viel, viel mehr werden. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Iveta Apkalna
Orgel
Naji Hakim Bagatelle über ein lettisches Volksliedthema (Iveta Apkalna gewidmet) Felix Mendelssohn Bartholdy Orgelsonate A-Dur, op. 65 Nr. 3 Camille Saint-Saëns Danse macabre (In einer Bearbeitung für Orgel von E. Lemare) Wolfgang Amadeus Mozart Konzertrondo D-Dur, KV 382 (In einer Bearbeitung für Orgel von C. Kruyer) Thierry Escaich Evocation 2 Marialy Pacheco "Zwischen zwei unvorstellbaren Stillen" Preisträgerkomposition des Fanny Mendelssohn-Wettbewerbs für Komponistinnen in Unna Joseph Jongen Sonata Eroica, op. 94
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