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La Sonnambula

Melodramma in due atti
von Felice Romani,
nach dem Libretto von Augustin Eugéne Scribe
zu dem Ballett “La Sonnambula ou L'Arrivée d'un nouveau seigneur” (1827)
von Jean-Pierre Aumer
Musik von Vincenzo Bellini

In italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln.
Konzertante Aufführung

Dauer: 2 ¾ Stunden
4. und 6. April 2008 -
Besuchte Vorstellung: 6. April 2008
Homepage

Festspielhaus Baden-Baden
(Homepage)
Die überaus muntere Schlafwandlerin

Von Christoph Wurzel Foto: Andrea Kremper

Wenn Cecilia Bartoli auftritt, dann ist natürlich an Einschlafen nicht zu denken. Ihr sprühendes Temperament kann einen Saal regelrecht elektrisieren. Das hat sie in Baden-Baden schon mehrfach und zuletzt mit ihrem Konzert Ende November mit dem Malibran-Programm vorgeführt. Nun kam sie schon wieder ins Festspielhaus, diesmal mit einer ganzen Oper.

Bellinis „Sonnambula“ gehört wohl zu den Werken, deren Bekanntheitsgrad dem Titel nach zwar hoch, sich hinsichtlich ihrer Musik aber zumeist nur auf ein paar schöne Arien beschränkt. Das Werk als ganzes leidet an der Repertoire-Schlafkrankheit, was auch nicht weiter verwundert. Die hahnebüchene Geschichte aus den Schweizer Bergen von dem Waisenmädchen Amina, das in der Nacht vor seiner Hochzeit schlafwandlerisch unschuldig im Gasthof-Zimmer eines Fremden landet, worauf sich ihr Bräutigam umgehend entscheidet, die Gastwirtin zu heiraten, die es aber ihrerseits wiederum auf den Fremden abgesehen hat, was den verhinderten Brautwerber zum zweiten Mal aus seinen Hochzeits-Träumen reißt und in der dann dieser Fremde (ein Graf, aber incognito) gemeinsam mit dem Schicksal schlussendlich natürlich alles zum Guten wendet – diese Geschichte scheint nur sehr schwer auf der Bühne unterzubringen sein. Aber konzertant aufgeführt lohnt diese Oper allemal, denn sie offenbart eine Menge schönster und aufregender Musik. Es war daher eine sehr gute Idee, dass Cecilia Bartoli das Publikum nicht nur mit Arien-Häppchen abspeiste, sondern zusammen mit einem ganzen Ensemble das Menü der kompletten Oper servierte.

Vergrößerung in neuem Fenster Celso Albelo (Elvino), Cecilia Bartoli (Amina),
Ildebrando D'Arcangelo (Rodolfo), Maria bengtsson (Lisa)
und Daniela Sindram (Teresa) mit Den Balthasar-Neumann-Chor
und –Ensemble unter der Leitung von Thomas Hengelbrock

Natürlich war der Superstar das offizielle Zugpferd dieser Veranstaltung, aber – wie man so sagt – kongenial dazu erwies sich als Orchester das Balthasar-Neumann-Ensemble unter Thomas Hengelbrock. Auf historischen Instrumenten eines der führenden Spezialorchester vermeidet es immer wieder eine einseitige Schlagseite hin zur Barockmusik, sondern hat z.B. dem Publikum in Baden-Baden auch schon mit Verdis „Rigoletto“ und „Falstaff“ neue Hörerlebnisse verschafft. Das bewirkt Hengelbrocks Begabung die Musik sprechen zu lassen. Beeindruckend war vor allem die Eleganz des Klanges, ein schlanker Streicherton, pastellene Bläserfarben, alles war aufs schönste ausgewogen und durchsichtig musiziert. Eine farbenschillernde Leuchtkraft schien aus Bellinis Musik hervor, die sonst oftmals zu glatt und schön bis hin zur Langeweile erscheint. Nach diesem Konzert aber kann man auch in Sachen Bellini nun mit Fug und Recht von neu erschlossenen Horizonten des Hörens sprechen.

Cecilia Bartoli brachte ihre stupende Virtuosität in der Rolle der Nachtwandlerin natürlich zum Strahlen. Dabei vermied sie jeden Hang zum manirierten Überpointieren, entfaltete aber gleichwohl eine breite Skala von Ausdrucksnuancen, die den Affekten dieser Rolle entsprachen. Belcanto bei Bartoli bedeutet die brillante Mischung aus blitzendem Charme, exquisiter Klangschönheit und disziplinierter Technik. Derartige Bühnenpräsenz kommt in dieser Vollkommenheit nur sehr selten vor.

Da mitzuhalten war natürlich nicht leicht für den Rest des Ensembles, das sich aber gleichwohl insgesamt hervorragend schlug. Die Rolle des gebeutelten Bräutigams Elvino sang Celso Albelo, 1975 auf Teneriffa geboren und schon auf führenden Bühnen zu Hause. Sein Tenor verfügt über schmeichelnde Weichheit und ein schönes lyrisches Timbre. Er formte makellose Legatobögen und brauchte auch in der Höhe weder Druck noch übermäßige Kraft, in Temperament und Durchschlagskraft aber konnte er mit seiner Partnerin nicht ganz mithalten.
Als Gastwirtin Lisa verkörperte Maria Bengtson Aminas Gegenspielerin und ließ in dieser Partie sängerisch gar keine Wünsche offen. Ihr Sopran strömte aus einem Guss und entfaltete gerade in puncto Leidenschaft nicht unerhebliches Feuer. Die Mezzorolle der Teresa, der Pflegemutter Aminas, war durch Daniela Sindram verkörpert und man bedauerte, dass diese Partie nur so schmal ist. Die Sängerin nahm durch ihre warmtönende Stimme und eine charaktervolle Gestaltung enorm für sich ein.
Den Grafen sang Ildebrando D' Arcangelo nobel und seriös, allerdings ziemlich vibratoreich in der Tongebung.

Dass in Bellinis „Sonnambula“ auch der Chor für die Handlung durchaus tragende Bedeutung hat, bewies der Baltahasar-Neumann-Chor durch gleichermaßen lebendige Gestaltung wie das gleichnamige Orchester. Besonders der Spukchor im 1. Akt gewann dadurch eine dramatische Ausstrahlung, die auch in einer szenischen Aufführung kaum hätte intensiver sein können.



FAZIT

Ein glänzend aufpoliertes Meisterwerk.




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Thomas Hengelbrock
Musikalische Leitung

Balthasar-Neumann-Chor

Balthasar-Neumann-Ensemble

Solisten

Graf Rodolfo,
Grundherr des Dorfes

Ildebrando D'Arcangelo

Teresa, Müllerin
Daniela Sindram

Amina, Waise im Hause Teresas
Cecilia Bartoli

Elvino, ein reicher Bauer
Celso Albelo

Lisa, Inhaberin eines Gasthauses
Maria Bengtsson

Alessio, Bauer
Peter Kálmán

Ein Notar
Raphael Pauß





Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Festspielhaus Baden-Baden
(Homepage)



Da capo al Fine

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