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"Junge Wilde"
Janine Jansen



27. Februar 2008
Konzerthaus Dortmund
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Konzerthaus Dortmund (Homepage)
Janine Jansen – Die Überraschende. Die Kreative.
"Streichtrio anders"

Von Gerhard Menzel

Janine Jansen überrascht immer wieder aufs Neue. Zum einen spielt sie die gängigen Repertoirestücke, zum anderen gelingen ihr auch immer wieder außergewöhnliche Programmzusammenstellungen (z.B. mit Max Bruchs Romanze für Viola) oder sie stellt gar neue Bearbeitungen und Interpretationen zur Diskussion, wie z.B. Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ in einer Version für fünf Streichinstrumente

Da kommt es ihr natürlich zu Gute, dass sie eine passionierte Kammermusikerin ist. Seit 1998 ist sie Mitglied der Spectrum Konzerte Berlin und gründete 2003 sogar ein eigenes, jährlich stattfindendes Internationales Kammermusikfestival in Utrecht, das dieses Jahr bereits ein kleines Jubiläum feiern kann. Das 5. Festival, bei dem so prominente Mitstreiter wie Julian Rachlin (Violine), Maxim Rysanov (Viola), Micha Maisky (Violoncello), Michaela Ursuleasa (Klavier) oder Martin Fröst (Klarinette) mitwirken, wird vom 26.-30. Dezember 2008 stattfinden.

Obwohl Janine Jansen mit historisch informierter Aufführungspraxis aufgewachsen ist, spielt sie ein „modernes“ Instrument mit „modernem“ Bogen. Allerdings nutzt sie die gewonnenen Erkenntnisse, durch die sie sich aber nicht einengen und bestimmen lassen will. So gelingen ihr immer wieder Interpretationen, die mit treffsicherem Instinkt immer frisch und unverbraucht klingen.

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Maxim Rysanov (Viola), Janine Jansen (Violine)
und Thorleif Thedéen (Violoncello)
Foto: Gerhard Menzel

Für ihr „Bach-Projekt“ tat sie sich mit dem charismatischen Viola-Spieler Maxim Rysanov und dem im Standard- sowie im zeitgenössischen Repertoire versierten Cellisten Torleif Thedéen zusammen. Sie nahmen eine phantastisch musizierte CD mit einem völlig ungewöhnlichen Programm auf und gingen mit diesem auf Welttournee.

Da das Repertoire für Streichtrio im Gegensatz zu den Streichquartetten doch sehr übersichtlich ist, nutzten Janine Jansen, Maxim Rysanov und Torleif Thedéen die Möglichkeit, die einzelnen Stimmen von Johann Sebastian Bachs für Cembalo komponierten zweistimmigen und dreistimmigen Inventionen auf die Violine, die Viola und das Violoncello zu transkribieren. Das Ergebnis war überwältigend und letztendlich ganz im Sinne Bachs ausgeführt. Die Stimmen waren klanglich deutlich zu unterscheiden, mit Bedacht artikuliert und wurden äußerst musikalisch und einfallsreich gestaltet und verziert. Auch das Problem der schnellen Aufeinanderfolge der jeweils 15 sehr kurzen Stücke mit ihren wechselnden Tonarten und mit unterschiedlichem Charakter meisterten sie mit Bravour, großem Einfühlungsvermögen und in beeindruckender Harmonie. Das Ziel dieser vorrangig zu Studienzwecken geschriebenen Stücke Bachs ist eben nicht das „saubere“ nachspielen der notierten Töne, sondern die „geschmackvolle“ Ausführung und Gestaltung der vorgegebenen Kompositionen. Janine Jansen, Maxim Rysanov und Torleif Thedéen gelang dieses in ganz ausgezeichneter Art und Weise.

In diesen außergewöhnlichen „Bach-Rahmen“ eingeschlossen kamen die beiden „Hauptwerke“ des Programms so richtig zur Geltung.
Johann Sebastian Bachs d-Moll Partita für Violine solo gehört zu den bedeutendsten Werken seiner Gattung. Vor allem ihr Schlusssatz, die Chaconne, ist einzigartig in Form, Struktur und zeitlichem Ausmaß und war sogar für viele Komponisten eine Herausforderung, sie ihrem Ideal gemäß zu bearbeiten. Janine Jansen brachte die große Faszination dieser Komposition in allen Details zum Klingen und entführte das aufmerksam folgende Publikum in ferne, himmlische musikalische Welten.

Nie perfektionistisch, sondern mit großer Leidenschaft und immer nur auf die intensivste und eindringlichste Ausführung bedacht, entlockte Janine Jansen ihrem herrlich tönenden Instrument runde und volle Töne, klare Linien, vollendet strömende Akkorde in harmonischer Intonation und feinste Klangschattierungen ohne jedes aufgesetzte Vibrato. Zusammen mit ihren flinken Fingern und ihrer exzellenten Bogentechnik besitzt sie alle technischen und klanglichen Mittel, auch die großen Dimensionen der Chaconne ausdrucksstark und von Anfang an mit Spannung zu gestalten und zu einem wahren Erlebnis werden zu lassen. Nur wenige können sie überhaupt „richtig“ spielen und selbst dann ist es nicht immer ein Genuss, dieses zu hören. Janine Jansen spielt in Spähren, wohin kaum jemand gelangt. Kein Anflug von Anstrengung und Mühe ist der Musik anzumerken, weder bei schnellen Tonfolgen, noch bei Doppelgriffen oder gebrochenen Akkorden, man lauscht nur gebannt einer der erstaunlichsten Kompositionen Bachs.

Vergrößerung in neuem Fenster Nach dem Konzert: »meet the artist!«
Maxim Rysanov (Viola), Janine Jansen (Violine)
und Thorleif Thedéen )Violoncello)
Foto: Gerhard Menzel

Eine erstaunliche, anspruchsvolle und äußerst schwierig auszuführende Komposition ist auch das Streichtrio von Alfred Schnittke. Das als Auftrag der Alban-Berg-Gesellschaft komponierte Werk zum 100. Geburtstag und 50. Todestag Bergs ist eine große musikalische Auseinandersetzung mit der Wiener-Schule Schönbergs. Beide Sätze weisen ein langsames Grundtempo auf und werden von thematisch verwandtem Material geprägt. Die Musik ist ungeheuer intensiv und hat mit seinen kurzen Abschnitten und starken Kontrasten zuweilen „filmischen“ Charakter. Spannungsgeladene Ausbrüche und motorisch treibende Passagen wechseln mit Einschüben aus stilistisch fremden Welten wie Tango oder Pavane. Chamäleonartig wechseln die Stimmungen in einem musikalischen Drama, das von Melancholie und schmerzlicher Erinnerungen an „glücklichere“ Zeiten durchwebt wird. Es endet in der Lautlosigkeit verklingend wie ein verwehender Lufthauch.

Schnittkes Streichtrio stellt spieltechnisch und interpretatorisch höchste Ansprüche und fordert Spielern wie Instrumenten eine riesige Ausdruckspalette ab, sei es Flagolett, Pizzicato, Doppelgriffe, Dynamik, Phrasierung oder Klangfarbe, von intensiv und aggressiv bis leise und fahl – und das immer in reinster Intonation. Auch in dieser musikalischen Welt erwiesen sich Janine Jansen, Maxim Rysanov und Torleif Thedéen als unanfechtbare Koryphäen, inspirierte Musikerpersönlichkeiten und vor allem als eingespieltes, und immer reaktionsschnelles Team. Das schier blinde Verstehen und spontane Eingehen auf den anderen zeigte sich auch in der Situation, als die Noten von Janine Jansen im Eifer des Gefechts heruntergefallen waren und Maxim Rysanov sie im passenden Moment aufhob und zurücklegte, während Janine Jansen inzwischen auswendig weiterspielte.


FAZIT

Morgens aus dem Flugzeug zum Unterricht in eine Schule in Lünen (ein engagiertes „Pflichtprogramm" der Reihe »Junge Wilde«), abends ein faszinierendes und eindrucksvolles Konzert mit einem einzigartigen und anspruchsvollen Programm sowie anschließendem Nachtreffen mit dem Publikum. Das ist Engagement, Können und Leidenschaft. Weltklasse!




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Janine Jansen
Violine

Maxim Rysanov
Viola

Thorleif Thedéen
Violoncello


Johann Sebastian Bach
Zweistimmige Inventionen
für Cembalo BWV 772- 786
(Fassung für Violine und Viola)

Alfred Schnittke
Streichtrio für Violine, Viola und Violoncello

Johann Sebastian Bach
Partita für Violine solo
Nr. 2 d-moll BWV 1004

Johann Sebastian Bach
Dreistimmige Inventionen (Sinfonias)
für Cembalo BWV 787- 801
(Fassung für Violine, Viola und Violoncello)



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Konzerthaus Dortmund
(Homepage)


Janine Jansen
www.janinejansen.com/

Internationales Kammermusikfestival
in Utrecht
www.kamermuziekfestival.nl

Maxim Rysanov
www.maximrysanov.com/

Thorleif Thedéen
www.copenhagenartists.com/




Da capo al Fine

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