Veranstaltungen & Kritiken Konzerte |
|
|
Janine Jansen Die Überraschende. Die Kreative. "Streichtrio anders" Von Gerhard Menzel Janine Jansen überrascht immer wieder aufs Neue. Zum einen spielt sie die gängigen Repertoirestücke, zum anderen gelingen ihr auch immer wieder außergewöhnliche Programmzusammenstellungen (z.B. mit Max Bruchs Romanze für Viola) oder sie stellt gar neue Bearbeitungen und Interpretationen zur Diskussion, wie z.B. Vivaldis Vier Jahreszeiten in einer Version für fünf Streichinstrumente Da kommt es ihr natürlich zu Gute, dass sie eine passionierte Kammermusikerin ist. Seit 1998 ist sie Mitglied der Spectrum Konzerte Berlin und gründete 2003 sogar ein eigenes, jährlich stattfindendes Internationales Kammermusikfestival in Utrecht, das dieses Jahr bereits ein kleines Jubiläum feiern kann. Das 5. Festival, bei dem so prominente Mitstreiter wie Julian Rachlin (Violine), Maxim Rysanov (Viola), Micha Maisky (Violoncello), Michaela Ursuleasa (Klavier) oder Martin Fröst (Klarinette) mitwirken, wird vom 26.-30. Dezember 2008 stattfinden. Obwohl Janine Jansen mit historisch informierter Aufführungspraxis aufgewachsen ist, spielt sie ein modernes Instrument mit modernem Bogen. Allerdings nutzt sie die gewonnenen Erkenntnisse, durch die sie sich aber nicht einengen und bestimmen lassen will. So gelingen ihr immer wieder Interpretationen, die mit treffsicherem Instinkt immer frisch und unverbraucht klingen.
Maxim Rysanov (Viola), Janine Jansen (Violine) Für ihr Bach-Projekt tat sie sich mit dem charismatischen Viola-Spieler Maxim Rysanov und dem im Standard- sowie im zeitgenössischen Repertoire versierten Cellisten Torleif Thedéen zusammen. Sie nahmen eine phantastisch musizierte CD mit einem völlig ungewöhnlichen Programm auf und gingen mit diesem auf Welttournee. Da das Repertoire für Streichtrio im Gegensatz zu den Streichquartetten doch sehr übersichtlich ist, nutzten Janine Jansen, Maxim Rysanov und Torleif Thedéen die Möglichkeit, die einzelnen Stimmen von Johann Sebastian Bachs für Cembalo komponierten zweistimmigen und dreistimmigen Inventionen auf die Violine, die Viola und das Violoncello zu transkribieren. Das Ergebnis war überwältigend und letztendlich ganz im Sinne Bachs ausgeführt. Die Stimmen waren klanglich deutlich zu unterscheiden, mit Bedacht artikuliert und wurden äußerst musikalisch und einfallsreich gestaltet und verziert. Auch das Problem der schnellen Aufeinanderfolge der jeweils 15 sehr kurzen Stücke mit ihren wechselnden Tonarten und mit unterschiedlichem Charakter meisterten sie mit Bravour, großem Einfühlungsvermögen und in beeindruckender Harmonie. Das Ziel dieser vorrangig zu Studienzwecken geschriebenen Stücke Bachs ist eben nicht das saubere nachspielen der notierten Töne, sondern die geschmackvolle Ausführung und Gestaltung der vorgegebenen Kompositionen. Janine Jansen, Maxim Rysanov und Torleif Thedéen gelang dieses in ganz ausgezeichneter Art und Weise.
In diesen außergewöhnlichen Bach-Rahmen eingeschlossen kamen die beiden Hauptwerke des Programms so richtig zur Geltung. Nie perfektionistisch, sondern mit großer Leidenschaft und immer nur auf die intensivste und eindringlichste Ausführung bedacht, entlockte Janine Jansen ihrem herrlich tönenden Instrument runde und volle Töne, klare Linien, vollendet strömende Akkorde in harmonischer Intonation und feinste Klangschattierungen ohne jedes aufgesetzte Vibrato. Zusammen mit ihren flinken Fingern und ihrer exzellenten Bogentechnik besitzt sie alle technischen und klanglichen Mittel, auch die großen Dimensionen der Chaconne ausdrucksstark und von Anfang an mit Spannung zu gestalten und zu einem wahren Erlebnis werden zu lassen. Nur wenige können sie überhaupt richtig spielen und selbst dann ist es nicht immer ein Genuss, dieses zu hören. Janine Jansen spielt in Spähren, wohin kaum jemand gelangt. Kein Anflug von Anstrengung und Mühe ist der Musik anzumerken, weder bei schnellen Tonfolgen, noch bei Doppelgriffen oder gebrochenen Akkorden, man lauscht nur gebannt einer der erstaunlichsten Kompositionen Bachs. Nach dem Konzert: »meet the artist!«Maxim Rysanov (Viola), Janine Jansen (Violine) und Thorleif Thedéen )Violoncello) Foto: Gerhard Menzel
Eine erstaunliche, anspruchsvolle und äußerst schwierig auszuführende Komposition ist auch das Streichtrio von Alfred Schnittke. Das als Auftrag der Alban-Berg-Gesellschaft komponierte Werk zum 100. Geburtstag und 50. Todestag Bergs ist eine große musikalische Auseinandersetzung mit der Wiener-Schule Schönbergs. Beide Sätze weisen ein langsames Grundtempo auf und werden von thematisch verwandtem Material geprägt. Die Musik ist ungeheuer intensiv und hat mit seinen kurzen Abschnitten und starken Kontrasten zuweilen filmischen Charakter. Spannungsgeladene Ausbrüche und motorisch treibende Passagen wechseln mit Einschüben aus stilistisch fremden Welten wie Tango oder Pavane. Chamäleonartig wechseln die Stimmungen in einem musikalischen Drama, das von Melancholie und schmerzlicher Erinnerungen an glücklichere Zeiten durchwebt wird. Es endet in der Lautlosigkeit verklingend wie ein verwehender Lufthauch. Schnittkes Streichtrio stellt spieltechnisch und interpretatorisch höchste Ansprüche und fordert Spielern wie Instrumenten eine riesige Ausdruckspalette ab, sei es Flagolett, Pizzicato, Doppelgriffe, Dynamik, Phrasierung oder Klangfarbe, von intensiv und aggressiv bis leise und fahl und das immer in reinster Intonation. Auch in dieser musikalischen Welt erwiesen sich Janine Jansen, Maxim Rysanov und Torleif Thedéen als unanfechtbare Koryphäen, inspirierte Musikerpersönlichkeiten und vor allem als eingespieltes, und immer reaktionsschnelles Team. Das schier blinde Verstehen und spontane Eingehen auf den anderen zeigte sich auch in der Situation, als die Noten von Janine Jansen im Eifer des Gefechts heruntergefallen waren und Maxim Rysanov sie im passenden Moment aufhob und zurücklegte, während Janine Jansen inzwischen auswendig weiterspielte.
Morgens aus dem Flugzeug zum Unterricht in eine Schule in Lünen (ein engagiertes Pflichtprogramm" der Reihe »Junge Wilde«), abends ein faszinierendes und eindrucksvolles Konzert mit einem einzigartigen und anspruchsvollen Programm sowie anschließendem Nachtreffen mit dem Publikum. Das ist Engagement, Können und Leidenschaft. Weltklasse! Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Janine Jansen Violine Maxim Rysanov Viola Thorleif Thedéen Violoncello Johann Sebastian Bach Zweistimmige Inventionen für Cembalo BWV 772- 786 (Fassung für Violine und Viola) Alfred Schnittke Streichtrio für Violine, Viola und Violoncello Johann Sebastian Bach Partita für Violine solo Nr. 2 d-moll BWV 1004 Johann Sebastian Bach Dreistimmige Inventionen (Sinfonias) für Cembalo BWV 787- 801 (Fassung für Violine, Viola und Violoncello)
|
© 2008 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: konzerte@omm.de