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In Residence Kurt Masur

01. - 03. Februar 2008

Philharmonie Essen
Alfried Krupp Saal
Homepage

Philharmonie Essen (Homepage)
Ein Masur-Festival
mit deutsch-französischem Programm

Von Gerhard Menzel / Fotos von Klaus Rudolph

Kurt Masur hat sein Versprechen "Ich komme gerne wieder" von vor zwei Jahren wahr gemacht. Nachdem er Anfang Februar 2006 in der Essener Philharmonie drei Konzerte mit dem London Philharmonic Orchestra gegeben hatte und von der Akustik der Philharmonie und der herzlichen Aufnahme in Essen so begeistert war, kam er nun als Dirigent "In Residence" mit dem Orchestre National de France erneut für drei Konzerte nach Essen. Möglich wurde dieses Unternehmen allerdings nur durch sehr großzügige Sponsoren. Die National-Bank AG, die MAN Ferrostaal AG und die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung sorgten damit einmal mehr für Glanz in der Stadt Essen, die ja schließlich im Jahr 2010 das Zentrum der Kulturhauptstadt Europas "RUHR.2010" sein möchte.

Auch dieses zweite dreitägige "Masur-Festival" wurde wieder ausgiebig gefeiert, wenngleich sich das Publikum - der engagierten Sponsoren halber - doch deutlich vom "normalen" Konzertpublikum in Auftritt und Verhalten unterschied. So mancher "Musikfan" bekam daher keine Eintrittskarte und musste sich auf das nächste Mal vertrösten lassen.

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Kurt Masur

Der 1927 im schlesischen Brieg geborene Kurt Masur, der nicht nur musikgeschichtlich Großartiges geleistet hat, ist mit seinen 80 Jahren immer noch so vital und engagiert wie eh und je. Er ist ein wahrer Vollblutmusiker, der sich seinem Beruf mit Leib und Seele verschrieben hat und seine Begeisterung und Vorstellungen nicht nur unmittelbar auf seine Musiker, sondern auch auf die Zuhörer übertragen kann.

Mit dem Orchestre National de France, dem ältesten Orchester des französischen Rundfunks, hat er im Jahr 2002 einen vorwiegend aus jungen Musikerinnen und Musikern bestehenden Klangkörper übernommen, die mit ihm aufmerksam und willig musizieren und dabei eine Spiellust und Emotionalität aufbauen, die sofort begeistert. Daran ändert auch nichts, dass die ersten Violinen, wenn man zu nah an ihnen sitzt, nicht sehr homogen klingen. Darunter sind nämlich einige sehr obertonreiche und strahlkräftige Instrumente herauszuhören, die erst in einiger Entfernung ihren Glanz auf den kompletten Streicherapparat übertragen. Dieser klingt dann allerdings wunderbar frisch und lebendig. Zusammen mit ausgezeichneten Holz- und Blechbläsern präsentierte sich dieser agile Klangkörper in spielfreudiger Laune.

Seinem Naturell folgend, wählte Kurt Masur für die drei Konzerte sowohl Altbekanntes, als auch selten zu Hörendes aus, wobei er thematisch die Wiener Klassiker Beethoven und Schubert mit dem zentrale Motto der diesjährigen Philharmoniesaison "Voilà la France!" kombinierte.
Wirkte die den ersten der drei Abende eröffnende "Unvollendete" Sinfonie von Franz Schubert noch etwas blass und emotional "neutral" musiziert, konnten Masur und das üppig besetzte und brillant aufspielende Orchestre National de France in Schuberts "Großen" C-Dur-Sinfonie (2. Abend) dann deutlich überzeugen. Tempi, Klangbalance und die Binnendynamik - vor allem auch im letzten Satz - gestaltete Kurt Masur äußerst spannungsvoll und zielstrebig. Auch bei Beethovens "Pastorale"-Sinfonie folgte das Orchestre National de France seinem "Maestro" durch dick und dünn und präsentierte eine sehr musikantisch gespielte Interpretation. Wesentlich differenzierter klang Beethovens Meisterwerl allerdings drei Wochen später an selber Stelle mit Sir Simon Rattle und den noch homogener musizierenden Berliner Philharmonikern (s. OMM-Kritik).

Vergrößerung in neuem Fenster Anne-Sophie Mutter

Obwohl von Beethoven, sind die zwei Violinromanzen op. 40 und op. 50 nur sehr selten zu hören, da sie für Solisten nur wenig Möglichkeiten bieten, sich als brillanter Techniker zu profilieren. Anne-Sophie Mutter war sich nicht zu "schade", diese beiden melodienseeligen und schwelgerischen Romanzen mit Schmelz und ausgiebigem Vibrato als kulinarischen Ohrenschmaus zu servieren. Als Kontrast dazu präsentierte sie allerdings unmittelbar im Anschluss daran das ihr gewidmet Nocturne "Sur le même accord" des 1916 geborenen Henri Dutilleux, das sie zusammen mit Kurt Masur im Jahr 2002 aus der Taufe hob und seitdem schon weltweit mit ihm zur Aufführung brachte. Das weitgehend auf sechs Tönen und stark konstruiert aufgebaute Werk erschließt sich beim ersten Hören zwar nicht sofort, entbehrt allerdings durch seine variationstechnische Kunstfertigkeit auch nicht eines gewissen Reizes, es sich ein weiteres Mal anzuhören. Anne-Sophie Mutter beherrscht jedenfalls alle technisch und musikalisch erforderlichen Fähigkeiten, um diese exquisite Komposition eines der bedeutendsten lebenden Komposition einem aufgeschlossen hörenden Publikum zu vermitteln.

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Kurt Masur und Anne-Sophie Mutter

So wie das Nocturne von Henri Dutilleux für Anne-Sophie Mutter eine ganz persönliche Bedeutung hat, ist Kurt Masur die sinfonische Dichtung "Psyché" von César Franck eine ganz besondere Herzensangelegenheit.

Zur Uraufführung gelangte die dreiteilige Tondichtung mit Chor am 10. März 1888 in unter Leitung des Komponisten. Franck extrahierte später die vier rein orchestralen Stücke zu einer viersätzigen Suite, die er "Fragments pour orchestre" betitelte. Diese Orchesterfassung der Psyché setzte sich - im Gegensatz zur Urfassung mit Chor - ziemlich schnell in aller Welt durch und wird seither von mehreren führenden Dirigenten und Orchestern im Repertoire geführt. Kurt Masur war es aber ein Bedürfnis, die originale "Psyché" mit den - der antiken griechischen Tragödie entlehnten - kommentierenden Chören (ohne Bässe!) wieder auf die Konzertpodien zu bringen. Da die Handlung heute nicht mehr allgemein bekannt ist, wurde in New York der Broadway-Autor John Guare engagiert einen Text zu schreiben, der die Rahmengeschichte erzählt. Diese Fassung von 1997 - mit dem gesungenen Text von Sicard und de Foucard und dem französischen Sprechtext von John Guare - kam nun auch in Essen zur Aufführung. Neben dem homogenen, flexibel und klangschön singenden Choeur de Radio France, war es die Sprecherin Marianne Pousseur, die wohl prononciert und mit leidenschaftlicher Hingabe den Text dieses Erlösungs-Seelendramas - auch für nicht Romanisten - eindrucksvoll rezitierte.

Die Sopranistin Marianne Pousseur sang zunächst u.a. in den Ensembles Collegium Vocale und La Chapelle Royale unter Philippe Herreweghe, bevor sie sich auf das Repertoire des 20. Jahrhunderts und auf zeitgenössische Werke konzentrierte. Marianne Pousseur ist Gründerin des Helix Ensemble, einer Vokalgruppe, die sich hauptsächlich der zeitgenössischen Musik widmet, und war an der Schaffung von La Grande Formation beteiligt, einem zwölfköpfigen Jazzensemble. Ihre umfangreichen Theatererfahrungen - in Zusammenarbeit mit Enrico Bagnoli hat sie mehrere Musiktheater-Produktionen geleitet - brachten sie dazu, auch als rezitierende Darstellerin in großen symphonischen Werken aufzutreten. Gegenwärtig ist Marianne Pousseur Professorin für Gesang am Königlichen Konservatorium von Mons in Belgien.

Kurt Masur und das Orchestre National de France präsentieren diese imposante, dreiteilige zyklische Komposition mit großem Enthusiasmus und in herrlich schillernden Klangfarben, wobei Musik und Text oft in melodramatischen Übergängen nahtlos ineinandergriffen und César Francks symphonischen Dichtung zu einem wirklich ergreifenden mythologischen Drama werden ließen. Den Abschluss des dreitägigen Konzertfestivals bildeten die Trois Esquisses Symphoniques "La Mer" und das in jeder Beziehung finale "Abschiedswerk" von Maurice Ravel, "La Valse".

Sowohl für dieses Konzert, als auch die beiden vorausgegangenen, wurden Kurt Masur und das Orchestre National de France mit Ovationen und Standing Ovations aus Essen verabschiedet, in der Hoffnung, sie bald wiederzusehen. Diese Hoffnung wird sogar - zumindest zum Teil - erfüllt, da Kurt Masur bereits am 7. Dezember 2008 - dieses Mal zusammen mit dem Koninklijk Concertgebouworkest Amsterdam und dem Solisten Nelson Freire - wieder in die Philharmonie Essen zurückkommen will. In diesem Sinne: À bientôt bzw. tot ziens!

Als begleitende Ausstellung zu diesem Gastspiel des Orchestre National de France, waren in der Philharmonie Essen Abbildungen von Studierenden der renommierten Graphikhochschule Estienne zu sehen, die in einem gemeinsamen Bildungsprojekt entstanden sind.



Kurt Masur in Essen:

"Welcome Back!"
London Philharmonic Orchestra & Kurt Masur
03.-05. Januar 2006
Ein Exklusivgastspiel der Extraklasse


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In Residence Kurt Masur

Orchestre National de France


Freitag 1. Februar 2008

Marianne Pousseur, Sprecherin
Orchestre National de France
Choeur de Radio France
Matthias Brauer, Choreinstudierung
Kurt Masur, Dirigent

Franz Schubert
Sinfonie Nr. 8 h-Moll, D 759
"Unvollendete"

César Franck
"Psyché"
für Chor, Sprecher und Orchester

Gefördert von der NATIONAL-BANK AG.

Samstag 2. Februar 2008

Anne-Sophie Mutter, Violine
Orchestre National de France
Kurt Masur, Dirigent

Ludwig van Beethoven
Romanze G-Dur op. 40
Romanze F-Dur op. 50
für Violine und Orchester

Henri Dutilleux
"Sur le même accord"
für Violine und Orchester

Franz Schubert
Sinfonie Nr. 9 C-Dur, D 944
"Große C-Dur-Sinfonie"

Gefördert von der MAN Ferrostaal AG.

Sonntag 3. Februar 2008

Orchestre National de France
Kurt Masur, Dirigent

Ludwig van Beethoven
Sinfonie Nr. 6 F-Dur, op. 68 "Pastorale"

Claude Debussy
"La Mer"
(Trois Esquisses Symphoniques)

Maurice Ravel
La Valse. Poème chorégraphique
für Orchester

Gefördert von der Alfried Krupp
von Bohlen und Halbach-Stiftung.




Weitere Informationen
erhalten Sie von der

Philharmonie Essen
(Homepage)



Kurt Masur
www.kurtmasur.com/

Orchestre National de France
www.radiofrance.fr/chaines/orchestres/national/

Anne-Sophie Mutter
www.anne-sophie-mutter.de/

Marianne Pousseur
www.khroma.eu/



Da capo al Fine

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