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Orchesterzyklus III - Symphonie um vier

WDR Sinfonieorchester Köln



9. November 2008
Konzerthaus Dortmund
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Konzerthaus Dortmund (Homepage)
Mit Licht und Schatten, oder
"Die Schöne und das Biest"

Von Gerhard Menzel

Nach dem großen Erfolg der WDR-Konzerthausnacht im September 2008 war das WDR Sinfonieorchester Köln im Rahmen der Konzertreihe "Symphonie um Vier" nun erneut im Konzerthaus Dortmund zu Gast. Am Pult stand dieses Mal Andris Nelsons. Der 1978 in Riga (Lettland) geborene Andris Nelsons begann seine Karriere als Trompeter im Orchester der Lettischen Nationaloper Riga. Nach seinem Aufstieg zum Chefdirigenten der Lettischen Nationaloper (2003-2007) ist er seit der Spielzeit 2008/09 Music Director des City of Birmingham Symphony Orchestra. Seine erste CD-Einspielung erschien Ende 2006: eine Aufnahme der beiden Violinkonzerte von Dimitri Schostakowitsch mit der Violinistin Arabella Steinbacher.

Arabella Steinbacher war auch die Solistin in Beethovens Violinkonzert im Konzerthaus Dortmund. Die 1981 in München geborene Arabella Steinbacher wurde als Preisträgerin mehrerer Wettbewerbe 2001 in den Freundeskreis der Anne-Sophie-Mutter-Stiftung aufgenommen und von ihr als Stipendiatin persönlich gefördert. Nach ihrem internationalen Durchbruch im Jahr 2004 gelang Arabella Steinbacher eine sich stetig entwickelnde Karriere, die mit der Auszeichnung des "ECHO Klassik 2007" als "Nachwuchskünstlerin des Jahres" einen weiteren Höhepunkt erreichte.

Dass dieses Konzert etwas außergewöhnlich war, lag nicht an der kostenlosen Kinderbetreuung während des Konzerts (das gehört zum Service des Konzerthauses Dortmund bei der Reihe "Symphonie um Vier"), sondern daran, dass man hier einmal nicht eine konzertante Oper, sondern ein quasi szenisches Konzert erleben konnte. Der Hauptdarsteller war der Dirigent Andris Nelsons. Sein Übermaß an Aktivismus dürfte dabei allerdings nicht darauf zurückzuführen sein, dass es eine Nachmittagsveranstaltung war und zahlreiche Kinder und Jugendliche anwesend waren (die Kinder, die es hätte ansprechen können, hielten sich zu dieser Zeit in der Kinderbetreuung auf). Musikalisch Ergiebiges war dabei allerdings nur partiell wahrzunehmen.

Beethovens Violinkonzert klang jedenfalls äußerst "modern" und eigenwillig. Andris Nelsons wandte dabei alle bis heute in der Musik entwickelten Gestaltungsmöglichkeiten auf Beethovens Komposition an und sorgte dabei für eine äußerst spannende Interpretation mit dynamischen Überraschungen, sehr viel leisen Passagen, Rubati, langsamen Tempi und langen spannungsvollen Phrasen. Schon beim Beginn schlich er geheimnisvoll durch die Orchesterexposition, bevor Arabella Steinbacher mit ihrer herrlich tönenden Violine ihren betörend schönen "Gesang" anstimmte.

Klang ihr Spiel vor zwei Jahren in Essen bei Mendelssohn Bartholdys Konzert noch deutlich beherrscht, konzentriert und sehr auf eine eindrucksvolle Präsentation bedacht, wirkte sie in diesem Konzert mit herrlich fließendem Spiel von allen technischen und interpretatorischen Zwängen befreit. Der Ton strahlte wie von innen leuchtend (im langsamen Satz schien sich sogar der Geigenhimmel zu öffnen) und ohne aufgesetzte Brillanz, auch nicht in den hochvirtuosen Kadenzen von Fritz Kreisler im ersten und dritten Satz.

Was bei Beethovens Violinkonzert hörbar ausgeprägter Gestaltungswille mit zeitgenössischen Mitteln war, offenbarte sich beim "Heldenleben" von Richard Strauss allerdings als akustisches Desaster. Andris Nelsons konnte zwar Beethovens sehr übersichtliche und klar strukturierte Komposition mit seinen Interpretationsvorstellungen eine eigene und durchaus spannende Note verleihen, aber am gewaltigen "Heldenleben" mit seiner komplexen Architektur und seiner bis ins feinste ausgearbeiteten Instrumentation scheiterte er kläglich.

Andris Nelsons rüherte sich durch das sich dahinschleppende Stück, das nicht nach einem "Heldenleben", sondern viel mehr nach einem "Heldensiechen" klang. Er blätterte in der Partitur - besonders störend an ganz leisen Stellen - summte, prustete und veranstaltete eine solche Ganzkörpergymnastik, dass sich etliche Blicke im Publikum bewusst von seinem wilden Gestikulieren abwandten. Von einem "Strauss-Klang" - wie ihn die von Strauss als "Wunderharfe" bezeichnete Staatskapelle Dresden immer noch pflegt - war weit und breit keine Spur. Ob leise oder laut, alles endete meist in einem konturenlosen Orchestergewusel ohne Profil und Struktur.

Da konnte man nur noch mit Wehmut an die (Strauss-) Konzerte mit Christian Thielemann denken, die er mit den Wiener Philharmonikern bzw. mit seinen Münchner Philharmonikern zuletzt im Konzerthaus Dortmund gab. Dabei hatte sich das WDR Sinfonieorchester Köln erst kurz zuvor bei der WDR-Konzerthausnacht als ausgezeichneter und flexibel reagierender Klangkörper präsentiert. Schade drum.


FAZIT

Auf ein spannendes und strahlend schön gespieltes Beethoven-Violinkonzert folgte das Desaster eines sich elend dahinschleppenden Helden.


Die erwähnten Konzerte:

  • Konzerthaus-Nacht im Rahmen des "WDR-Radiofestivals 2008" (15.09.2008)
  • Münchner Philharmoniker/Christian Thielemann (11.10.2008)
  • Wiener Philharmoniker/Christian Thielemann (21.09.2002)



    Die weiteren Konzerte der Reihe
    Orchesterzyklus III - Symphonie um vier


    11.01.2009, 16:00 Uhr
    Academy of St Martin in the Fields

    22.03.2009, 16:00 Uhr
    Berner Symphonie-Orchester

    31.05.2009, 16:00 Uhr
    Württembergisches Kammerorchester Heilbronn



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  • WDR Sinfonieorchester Köln

    Arabella Steinbacher
    Violine

    Andris Nelsons
    Dirigent


    Ludwig van Beethoven
    Konzert für Violine und
    Orchester D-Dur op. 61

    Richard Strauss
    »Ein Heldenleben« op. 40
    Tondichtung für großes
    Orchester



    Weitere Informationen
    erhalten Sie vom
    Konzerthaus Dortmund
    (Homepage)


    Arabella Steinbacher
    www.arabella-steinbacher.de/

    Andris Nelsons
    http://www.cbso.co.uk/

    WDR Sinfonieorchester Köln
    http://www.wdr.de/radio/orchester/sinfonie/




    Da capo al Fine

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