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Georg Friedrich Händel
Messiah, Oratorium HWV 56

Textzusammenstellung von Charles Jennens
Uraufführung: 13.April 1742 in Dublin

In englischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)


21. Dezember 2008

Philharmonie Essen
Alfried Krupp Saal
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Philharmonie Essen (Homepage)
"Man muss die Not spüren, ein Werk neu zu deuten"
Die tiefe Spiritualität von Georg Friedrich Händels "Messiah"

Von Ursula Decker-Bönniger


Die beeindruckende konzertante Aufführung von Georg Friedrich Händels weltberühmtem Meisterwerk "The Messiah" in englischer Sprache in der Essener Philharmonie war beides: sowohl ein an historischer Aufführungspraxis orientiertes "grand musical entertainment" (so die Bezeichnung bei der Uraufführung in Dublin 1742) als auch ein "sacred oratorio" (spätere Ankündigung bei Konzertaufführungen des "Messiah"). Ein Widerspruch? Nicht wenn so brillante Musiker singen und spielen. Zusammengekommen waren das Barockorchester und der Kammerchor Stuttgart, um unter der Leitung ihres international anerkannten Dirigenten und Lehrers historischer Aufführungspraxis Frieder Bernius zusammen mit ausgewählten Gesangssolisten Händels bekanntestes und nach Silke Leopold zugleich "untypischstes Oratorium" aufzuführen.

Gedacht für ein aufgeklärtes Bürgertum beruht die Textzusammenstellung des Händel-Freundes Charles Jennen nicht auf einer dramatischen Geschichte wie in anderen seiner zahlreichen biblischen Oratorien. Auch werden keine handelnden Personen dargestellt. Vielmehr sind es Texte, Zitate aus dem Alten und Neuen Testament, in denen die Theologumena seiner Zeit, die christlichen, heilsgeschichtlichen Ideen von Prophezeiung, Verkündigung, Geburt, Tod und Auferstehung in drei Teilen auf unterschiedliche , mitunter dramatische Weise reflektiert werden.

Bei Bernius erlebt man diesen Geist der optimistischen Weltfrömmigkeit der Aufklärung. Bevor in der Sopran-Arie das Volk aufgefordert wird, die Ankunft des Erlösers zu bejubeln, und der erste Teil mit dem Chorpart "His yoke is easy" endet, schmückt er - passend zu Weihnachten- die nach der Pifa (Hirtenmusik) folgende Erzählung von der Geburt Christi mit einem weiteren Sopranrezitativ und -accompagnato aus, er verzichtet auf Wiederholungen wie z.B. die Chornummer "O thou that tellest good tidings to Zion", fügt einen fließenden Orgelpunkt-Übergang ein und gestaltet durch die rasche Aufeinanderfolge einzelner Nummern mit sicherem Gespür für Tempi und Steigerungen ein spannungsvoll gegliedertes, von der Klarheit der Sprache und Spiritualität der Texte lebendes, Sinnzusammenhänge stiftendes Klangbild.

Symbolträchtig strahlt der Klang der sauber intonierten Barocktrompeten bei ihrem ersten Auftritt in der Chornummer "Glory to God in the highest" von der Empore über Orchester und Sänger hinweg in den Konzertraum, während die majestätische Wirkung im "Halleluja" eher von den gesetzt schreitenden, cantus-firmus-artigen Themen hervorgerufen wird; Fanfarenmotive und marschartige Rhythmen erklingen dagegen kurz und zurückhaltend, in bewegtem Zeitmaß.

Mit klangplastischer Spielfreude, historischer Spieltechnik und Präzision in Zusammenspiel, Tempo und artikulatorisch-dynamischen Schattierungen musizierte das von Bernius 1985 gegründete Barockorchester. Die freiberuflich tätigen Musiker spielen auf Originalinstrumenten, machen die barocke, das Pompöse vermeidende Klangwelt mit ihrer artikulations- und improvisationsreichen Ausdruckskunst sinnlich erfahrbar. Dazu gehören die am Ende des zweiten Teils eingesetzten Pauken, zwei mit Intonationslöchern ausgestattete Naturtrompeten, zwei Oboen und ein Fagott, die Generalbassinstrumente Orgelpositiv und Cembalo sowie ein der Essener Philharmonie angemessenes, kleines Streicherensemble mit dem für historische Aufführungspraxis so typisch schlanken, dynamisch gestalteten, fast vibratolosen, nur manchmal leicht scharfen, obertonreichen Klang.

Einem barocken, eher lyrischen Klangideal entsprach die Auswahl und Interpretation der fantastischen Sänger. Bariton Peter Harvey war ein auch in der Tiefe noch kraftvoller, leicht dramatischer Bariton. Terry Wey schwebte mit einem jugendlich leichten, fast körperlos strahlenden, lupenreinen, in der Höhe glockengleichen Altus wie ein zarter Engel über dem Ensemble. Bei Sopranistin Carolyn Sampson konnte man nicht nur in der letzten Arie "If God is for us" spüren, welch dramatische Flamme hinter den gezügelten Temperamentsausbrüchen und warmen, von überzeugender Pianokultur gestalteten, leicht vibrierenden Tönen lodern kann. Benjamin Huletts lyrischer, klangvoller Tenor und facettenreiche barocke Ausdruckkunst beeindruckten gleich zu Beginn des Oratoriums im rillant gestalteten, Momente entrückter Verklärung aufzeigenden Accompagnato "Comfort ye my people".

Eine Maßstäbe setzende Klang- und Interpretationskunst zeigte auch der gut 30 Sängerinnen und Sänger umfassende Stuttgarter Kammerchor mit einem überwiegend aus Altus-Klangfarben bestehenden Alt, klar und technisch sicher artikulierenden, intonierenden Stimmgruppen und transparentem Klangbild. Akzentbetont, schlank und beschwingt ließen sie nicht zuletzt Händels lebensbejahende Haltung spürbar werden.


FAZIT

Eine gelungene Interpretation, die es schafft "Alte Musik für uns als etwas Gegenwärtiges und Zeitgenössisches erfahrbar" zu machen.




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Carolyn Sampson
Sopran

Terry Wey
Altus

Benjamin Hulett
Tenor

Peter Harvey
Bariton

Kammerchor Stuttgart

Barockorchester Stuttgart

Frieder Bernius
Musikalische Leitung




Georg Friedrich Händel
Messiah, Oratorium HWV 56



Weitere Informationen

Philharmonie Essen
www.philharmonie-essen.de








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