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Beeindruckender Penderecki
Von Peter Bilsing Das rund 40-minütige Opus dieses Concerto Grossos gehört zu den wirklich nachhaltig beeindruckenden Konzertstücken Krzysztof Pendereckis, einem der größten noch lebenden zeitgenössischen Komponisten-Legenden. So etwas allerdings in einem städtischen Sinfoniekonzert zu bringen, erfordert Mut und zeigt Verantwortungsbewußtsein für die große Vielfalt an grandioser Musik, welche von den meisten Musikgenerälen, welche die Oberhoheit über unsere Konzertsäle haben, zumeist links liegengelassen wird, die es sich aber unbedingt zu entdecken lohnt. Man schmeißt sich lieber populistisch ans Publikum ran mit dem Ewiggleichen von Beethoven, Brahms und Mozart pars pro toto. Insoweit ein Bravissimo gleich vorweg für Stefan Soltesz mit seinen Essener Philharmonikern, daß man kompromißlos und qualitätsbewußt dieses tolle Concerto abendfüllend aufs Programm gesetzt hat. Das Werk ist dem großen kanadischen Dirigenten Charles Dutoit gewidmet; einem der wenigen ganz Großen der internationalen Musikszene, welcher sich ein Leben lang stets und immer für gute zeitgenössische Musik eingesetzt hat. Die Uraufführung fand am 22.Juni 2001 in Tokyo unter Charles Dutoit mit dem NHK Symphony Orchestra statt, und wurde unter Mitwirkung der Star-Cellisten Boris Pergamenschikow, Truls Mørk sowie Han-Na Chang zu einem phänomenalen Erfolg. Nur wenige wissen, daß Pendereckis auch exzellente Filmmusik geschrieben hat; u.a Der Exorzist (1973), The Shining (1980) oder Fearless (1990). Von seinen vier Opern Die Teufel von Loudun (1969), Paradise Lost (1978), Die schwarze Maske (1986) und Ubu Rex (1991) waren die Teufel am erfolgreichsten. Das Stück war immerhin in den späten Achtzigern noch Repertoirestück an der Düsseldorfer Rheinoper. Das Concerto erfordert eine große Mahler-Orchesterbesetzung mit diversen zusätzlichen Perkussionsinstrumenten. Soltesz plaziert seine drei Cellisten, leicht erhöht (wie bei der UA) vor den zweiten Geigen und Bratschen. Von den Solisten wird leidenschaftliche Spielkunst verlangt um den Spannungsbogen zum Orchester nicht abreißen zu lassen. Armin Fromm, Florian Hoheisel und Ulrich Mahr leisten da geradezu Überirdisches; eine Höchstschwierigkeit jagt die andere, aber man merkt der Instrumentierung auch die besondere Liebe an, die der Komponist diesem seinen Lieblingsinstrument hat zuteil werden lassen. Es gibt kein pathetisches sich in den Vordergrund spielen; es ist ein ständiger Diskurs mit dem Orchester respektive einzelnen Orchestergruppen. Das alles hat eine Spannung, daß man in jedem der 6 kurzen Sätze die sprichwörtliche Nadel, fallen hören könnte. Das Essener Publikum zeigt sich sehr diszipliniert und hustet nur in den kurzen Atempausen der Satzwechsel. Wunderbar beherrscht Stefan Soltesz das dunkle Pathos der Musik in seinen vielen Schattierungen. Der große Spannungsbogen erblüht von den lyrischen Emphasen bis zu den hochmonumentalen Ausbrüchen nicht weniges erinnert in Anlage und Kompositions-Stil an eine modernen Mahler-Sinfonie. Mal pulsiert das Orchester in kaskadenhaften Ausbrüchen der Blechbläser und fanfarenartigen Figurinen, mal versinkt es ein einem Rubato-Meer der Streicher. Marschmusikalische Elemente dominieren kurzzeitig die Szene und stürzen wieder zurück zu leisen Xylophonelementen und weichen Oboenlinien. Ruhig und verhalten klingt das Concerto Grosso nach knapp 40 Minuten aus. Dirigent und Publikum verharren die nötigen Sekunden im Nachhall. Was für eine großartige Musik! Und was für eine bemerkenswerte, für mich völlig unerwartete, Zuschauerreaktion: Jubel und Bravorufe eines enthusiastischen Konzertpublikums der Kritiker ist so sprachlos, wie die Musiker. Wer hätte das erwartet? Der große Jubel zeitigt Anerkennung nicht nur für die Solisten, sondern auch für ein hochkonzentriertes Dirigat ein Sterneabend in der Essener Philharmonie! Und mal wieder würdig einer Kulturhauptstadt 2010! Nur der Vollständigkeit halber muß auch dem zweiten Teil des städtischen Konzertabends - der sicherlich unter dem Aspekt der Wiedergutmachung für verschreckte Gemüter wohl eher als qualitatives Kurkonzert angedacht war (Tschaikowskis Nußknacker-Suite + Capriccio Italien) - ein sehr hohes Niveau attestiert werden. Der fröhliche, leichte Tschaikowski korrespondierte hervorragend mit dem Rubato-schwermütigen, doch allzu fanfarenbelasteten Hymnus des populären Capriccios in goldenem Bläser-Klang. Schönes Training für die demnächst anstehende Wagner-Produktion der Walküre, die allerdings bestimmt nicht so schwerlastig rüberkommen wird. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Armin Fromm Violoncello Florian Hoheisel Violoncello Ulrich Mahr Violoncello Essener Philharmoniker Stefan Soltesz Dirigent Krzysztof Penderecki Concerto Grosso für drei Violoncelli und Orchester Pjotr I. Tschaikowski Ballett-Suite "Der Nussknacker", op. 71 a Pjotr I. Tschaikowski Capriccio italien A-Dur, op. 45
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