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Westfalenhalle Dortmund, 29. September 2010

Leonard Cohen

Tour 2010



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Westfalenhallen Dortmund
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I'm your man

Von Stefan Schmöe

Der große Unzeitgemäßige ist noch einmal nach Deutschland gekommen. Neben Konzerten in Hannover und Stuttgart hat der inzwischen 76-jährige Leonard Cohen in der Dortmunder Westfalenhalle Station gemacht. Das Alter, mit dem er im Konzert mehrfach kokettiert, merkt man vor allem daran, dass das Publikum mitgewachsen ist: Als Mittvierziger bewegt man sich altersmäßig klar an der Untergrenze. Jugendliche Besucher gibt’s gleich gar nicht. Cohen, so scheint's, ist ein Phänomen aus vergangenen Zeiten – und dieses Bild pflegt er auch musikalisch. Die Keyboards beschwören den Sound der Hammond-Orgel aus den unendlich entfernten 70ern. Die beiden Background-Sängerinnen singen mit aufreizender Naivität und drehen sich engelsgleich synchron, als seien sie geradewegs aus dem Mädchenpensionat gekommen, und nennen sich auch noch, zu nostalgisch schön, um wahr zu sein, die „Webb-Sisters“. Heutige Teenager, die von Lady Gaga musiksozialisiert worden ist, müssen sich wie in die Steinzeit zurückversetzt fühlen. Aber die sind ja sowieso nicht da.

Das alles ist natürlich Kalkül, und die Webb-Sisters können im Prinzip auch ganz anders, wie sie zwischendurch aufblitzen lassen (schön wär's, wenn sie davon etwas mehr bei der hier arg schlicht geratenen Version von „So long, Marianne“ gezeigt hätten). Der Retro-Effekt ist Programm. Cohen ist nicht der Mann, der sich der Gegenwart anbiedert, er vertritt seinen (Früh-)Stil mit Konsequenz. Auf der anderen Seite gibt’s dann, durchaus zeitgemäß, die Öffnung zur „Weltmusik“, wenn neben dem klassischen Instrumentarium auch die spanische Bandurria (eine 12-saitige Gitarre) – Javier Mas bekommt dafür eigens eine virtuose Solo-Nummer – und folkloristisch anmutende Harmonika-Instrumente zum Einsatz kommen. Dino Soldo, für alle Blasinstrumente zuständig, spielt mit schönem, elegischem und sehr gesanglichem Tonfall. Überhaupt ist die Band vorzüglich und perfekt abgestimmt.

Cohen beginnt mit „Bird on a wire“ und „Dance with me to the end of love“. Die dunkle, heisere Stimme hat nichts von ihrem Charisma eingebüßt. In höhere Register wagt sich Cohen nur vereinzelt vor. Der Pulsschlag der Musik ist naturgemäß verhalten. Das kaum abschwellende Kommen und Gehen im Publikum (voranschreitende Blasenschwäche?) kommt der melancholischen Grundstimmung nicht unbedingt entgegen. (Zudem kann man auch schlicht Pech mit dauer- und alleskommentierenden Sitznachbarn haben.) Ein zu „Anthem“ („Ring the bells“) gesprochene Friedensappell geht ins Leere: Da wirkt Cohen ziemlich anachronistisch. Zumal der Song sicher nicht zu den besten gehört.

Die ganz großen Hits hebt sich Cohen für den zweiten Teil auf. Fast direkt nach der Pause macht „Suzanne“ den Anfang. Cohen begleitet sich selbst auf der Gitarre, die Band hört weitgehend zu. Nach dem perfekten, sehr genau strukturierten ersten Teil des Konzerts wirkt dieser Song plötzlich unerwartet frei, wie improvisiert, wegen Cohens rhythmischen Freiheiten allerdings auch eine Spur fahrig, fast als spiele er diese Nummer mit einer Spur Widerwillen und bewusst sperrig.

Irgendwann kommt natürlich auch das oft pathosschwanger gecoverte, von Cohen hier aber angenehm unpathetisch gesungene „Halleluja“. Danach scheint ein Ruck durch die Halle zu gehen: Bei „I'm your man“ ist Cohen auf einmal bissiger, noch zupackender. Das ist wohl der Moment, in dem aus einem guten Konzert ein großes wird. Auch beim dreiviertelstündigen Zugabeblock zeigt sich Cohen in großer Form. Kurz vor Mitternacht ist dann Schluss, da zeigen Sänger und Band besseres Durchhaltevermögen als mancher Zuhörer. Fasst vier Stunden Cohen live – das ist schon rein mengenmäßig ein ordentlicher Gegenwert für den Eintrittspreis.

Er wisse nicht, ob er noch einmal wiederkommen werde, hatte Cohen zwischendurch gesagt, aber er werde an diesem Abend alles geben. Hat er getan.




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Dortmund,
Westfalenhalle 1
29.09.2010

Leonard Cohen

The Band:

Rafael Gayol, Percussion
Roscoe Beck, Bass
Neil Larsen, Keyboards
Javier Mas, Bandurria, Laute u.a.
Bob Metzger, Gitarre
Dino Soldo, Saxophon, u.a.
The Webb Sister, Background Vocals

Musical Director: Roscoe Beck



Weitere Informationen

www.leonardcohen.com
(Homepage)



Da capo al Fine

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