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1. Sinfoniekonzert

Messa da Requiem
Musik von Giuseppe Verdi

 

in lateinischer  Sprache 

Aufführungsdauer: ca. 1 h 50' (keine Pause)

Premiere in der Stadthalle Wuppertal am 25. September 2011
(rezensierte Aufführung: 26.09.2011)




Sinfonieorchester Wuppertal
(Homepage)
Jubiläum mit Verdi

Von Thomas Molke

In dieser Spielzeit gibt es viel zu feiern in Wuppertal. Zum einen blickt die Stadt in diesem Jahr auf eine 200 Jahre lebendige Chortradition zurück. 1811 wurde in Elberfeld ein gemischter Gesangsverein gegründet, der auf das Musikleben der Region entscheidenden Einfluss nahm. Gemeinsam mit dem 1817 in Barmen gegründeten Barmer Singverein begann mit Haydns Schöpfung eine bis heute andauernde Tradition von Aufführungen großer Oratorien und Chorkonzerte. Zum anderen gründeten die beiden Chorvorstände in Elberfeld und Barmen 1861, also vor 150 Jahren, jeweils eine Konzertgesellschaft für die Organisation und Finanzierung der Chor- und Orchesterkonzerte. Somit erklären schon diese beiden Jubiläen, dass die Spielzeit mit Verdis Messa da Requiem einen regelrechten Knüller zu Beginn präsentiert. Das ist aber bei weitem nicht alles, was in diesen Tagen in Wuppertal für positive Stimmung in der Kulturlandschaft sorgen dürfte. Zu Beginn des Konzertes erklärte nämlich der Oberbürgermeister Peter Jung den seit langer Zeit im Raume stehenden Fusionsängsten des Wuppertaler Sinfonieorchesters mit Solingen und Remscheid eine klare Absage und versicherte dem begeisterten Wuppertaler Publikum den Erhalt eines eigenständigen Sinfonieorchesters. Des Weiteren präsentierte er mit dieser Entscheidung auch die mündliche Zusage des Chefdirigenten Toshiyuki Kamioka, nicht nur bis 2014, sondern mindestens noch fünf Jahre länger für die Sinfoniekonzerte in Wuppertal zur Verfügung zu stehen. Bei so vielen guten Nachrichten war es durchaus verständlich, dass auch die erste Vorsitzende des Chores der Konzertgesellschaft, Evamarie Bott, und der 1. Vorsitzende der Konzertgesellschaft Wuppertal, Prof. Dr. Lutz-Werner Hesse, der seit vielen Jahren das Wuppertaler Publikum mit seinen hervorragenden Einführungsvorträgen zu den Konzerten begeistert, einige Lobesworte äußern wollten. Nicht verständlich waren die schlechten Manieren eines Konzertbesuchers, der Prof. Hesses Vortrag mit den Worten unterbrach, dass man jetzt endlich mit dem Konzert anfangen solle. Prof. Hesse und der Rest des Publikums sahen es gelassen. Schließlich wurden alle durch das nachfolgende Konzert mehr als entschädigt.

Verdis Entscheidung, neben seinen zahlreichen Opern auch eine Totenmesse zu komponieren, ging indirekt auf Rossinis Tod 1868 zurück. Da er den Pesaresen sehr verehrte, beauftragte er ein Gremium, 13 Komponisten zu verpflichten, die anlässlich des ersten Todestages von Rossini jeweils einen Satz einer Messe komponieren sollte. Dieses Pasticcio kam aber aufgrund der Querelen der einzelnen Komponisten untereinander nie zu einer Aufführung, wurde erst 1970 wiederentdeckt und erlebte 1988 in Stuttgart unter dem Titel Messa per Rossini seine Uraufführung. Zu diesem Werk steuerte Verdi den Abschluss, das "Libera me", bei, welches er hinterher in seine Messa da Requiem übernahm. Anlässlich des Todes des von ihm sehr verehrten Schriftstellers Alessandro Manzoni im Jahr 1873 entschloss er sich nämlich, entgegen früherer Äußerungen nun doch ein eigenes Requiem zu komponieren und dies am ersten Todestag Manzonis uraufführen zu lassen. Über den religiösen Gehalt dieses Werkes ist in der Musikwissenschaft sehr viel diskutiert worden. Festzuhalten bleibt jedoch, dass Verdi sich nicht als einziger Komponist mit seinem Requiem den dogmatischen Vorstellungen der katholischen Kirche über die Sakralmusik widersetzt, sondern sich mit Mozart, Cherubini und Berlioz in namhafter Gesellschaft bei derartigen Regelverstößen befindet.

Textgrundlage bildet eine aus dem 12. Jahrhundert überlieferte Totenmesse. Diese ergänzt Verdi jedoch um das Responsorium "Libera me", ein Gebet, in dem er Teile aus den vorangegangenen Teilen noch einmal zitiert und das somit eine Art Miniatur-Requiem darstellt. Bei den eingebauten Effekten wird klar, dass Verdi sein Requiem aus Sicht eines Opernkomponisten aufgebaut hat. So komponiert er sehr leise, zarte Momente am Anfang, lässt den Chor bisweilen sogar a capella singen, um dann beim fulminanten "Dies irae" mit den Paukenschlägen und dem laut tönenden Chor das Jüngste Gericht regelrecht heraufzubeschwören. Andere Passagen wie das "Offertorio" gelingen geradezu arios und könnten genauso in eine der zahlreichen Verdi-Opern eingebaut werden. Besondere Bedeutung kommt dem Responsorium "Libera me" am Schluss zu. An dieser Stelle vertont Verdi seine persönliche Haltung zur Erlösung. Die Frage bleibt offen, wovon und wofür der Mensch erlöst sein soll. So drückt der Gesang am Ende keine Hoffnung, sondern eher Verzweiflung aus und entlässt den Zuhörer in eine ungewisse Zukunft.

Toshiyuki Kamioka beweist mit seinem Dirigat erneut, warum er für das Wuppertaler Sinfonieorchester solch ein Gewinn ist. Sehr präzise arbeitet er die unterschiedlichen Facetten der Musik heraus, und man spürt regelrecht, wie er diesen Klangkörper im wahrsten Sinne des Wortes im Griff hat. Mit absoluter Ruhe lässt er die leisen Passagen zu Beginn des Requiems so zart erklingen, dass man fast eine Stecknadel fallen hören könnte. Doch das Publikum ist so gebannt und auf die Musik konzentriert, dass zumindest in diesem Moment noch nicht einmal ein Husten oder Räuspern durch den Saal geht. Beim "Dies irae" hingegen bringt Kamioka die Stadthalle regelrecht zum Beben. Beim "Tuba mirum" sind die Trompeten teilweise hinter dem Publikum positioniert, so dass ein ergreifender Surround-Klang den Zuhörer einhüllt. Auch der von Marieddy Rossetto einstudierte sehr umfangreiche Chor der Konzertgesellschaft reagiert auf jeden kleinsten Fingerzeig. So ist es erstaunlich, wie ein solch voluminöser Klangkörper im Flüsterton noch so verständlich singen kann. Das "Requiem aeternam" wird mit einer so erhabenen Ruhe präsentiert, dass man wirklich an ewige Ruhe erinnert wird. Beim "Dies irae" hingegen beweist der Chor, wie sehr er aufdrehen kann und dass er auch gegen das in voller Lautstärke aufspielende Orchester noch mit scheinbarer Leichtigkeit durchkommt.

Bei den Solisten überzeugen vor allem die Mezzosopranistin Stefanie Irányi mit einem gewaltigen Tonumfang und großem Volumen beim "Liber scriptus" sowohl im hohen als auch im tiefen Bereich und Kay Stiefermann mit profundem Bariton beim "Confutatis". Karine Babajanyans Sopran zeigt vor allem beim "Libera me", zu welchen vokalakrobatischen Leistungen sie fähig ist. Der Tenor Andrew Sritheran klingt zu Beginn beim "Kyrie eleison" noch ein bisschen belegt und hat sich auch beim "Ingemisco" noch nicht so richtig frei gesungen. Deswegen gelingt ihm dabei der Übergang in die Höhen nicht ganz so sauber. Im weiteren Verlauf weiß aber auch er zu überzeugen. So verlässt man nach gut 80 Minuten den Saal nicht nur voller Begeisterung über ein rundum gelungenes Konzert, sondern auch mit der Gewissheit, dass es in Wuppertal weiterhin ein eigenes Sinfonieorchester mit Toshiyuki Kamioka als Dirigent geben wird.


FAZIT

Die Qualität des Abends empfiehlt den Besuch der weiteren Sinfonie- und Chorkonzerte.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Toshiyuki Kamioka

Choreinstudierung
Marieddy Rossetto



Chor der Konzertgesellschaft
Wuppertal e. V.

Sinfonieorchester Wuppertal


Solisten

Sopran
Karine Babajanyan

Mezzosopran
Stefanie Irányi

Tenor
Andrew Sritheran

Bariton
Kay Stiefermann

 

 


Weitere Informationen
erhalten Sie von den

Sinfonieorchester Wuppertal
(Homepage)



Da capo al Fine

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