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Joyce DiDonato
Orchester "Il Complesso Barocco"



3. November 2012, Festspielhaus Baden-Baden
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Festspielhaus Baden-Baden
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Auftritt einer Königin

Von Joachim Lange / Fotos: Andrea Kremper

Als Donna Elvira wurde Joyce DiDonato schon im Festspielhaus von Baden-Baden gefeiert. Bei der konzertanten Aufführung, eines inzwischen bei der Deutschen Grammophon als CD-Einspielung erschienen Don Giovanni in Starbesetzung. Jetzt hat sie die ganze Bühne für sich. Jedenfalls so gut wie. Denn Dmitry Sinkovsky und das Ensemble „Il Complesso Barocco“ begleiten ihren Auftritt. Geschmeidig und einfühlsam, mal mit voller Streicher-Stärke samt Klavier und Bläserergänzung. Mal beschränkt auf eine ganz sparsame Besetzung. Das von Alain Curtis 1979 gegründete Ensemble ist auf italienischen Barock spezialisiert und hat als kollektiver Partner etwa von Anna Bonitatibus und Patrizia Ciofi, von Maite Beaumont und Simone Kermes reichlich Erfahrung mit den ersten Damen dieses Gewerbes. Auch mit Joyce DiDonato schon. Bei Händels Alcina und Ariodante und jetzt mit der bei Virgin erschienenen CD „Drama Queen“ bzw. dem dazugehörigen Programm, mit dem sie jetzt tourt.

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Dafür hat die attraktive Amerikanerin mit ähnlicher Entdeckerfreude wie ihre italienische Kollegin Cecilia Bartoli den Ehrgeiz an den Tag gelegt, ihren großen Auftritt nicht mit einem „Best of“ von Bravour-Arien auf schnellem und sicherem Wege zum Erfolg zu führen, sondern das Unternehmen einer mit CD kombinierten Soloprogrammtournee mit Entdeckerehrgeiz zu verbinden. Also den Dienst am eigenen Ruhm mit dem am Genre zu verknüpfen. Allein das würde schon die Zustimmung verdienen, die DiDonato jetzt im Festspielhaus Baden-Baden als Jubel reichlich entgegenschlug.

Natürlich war es der Auftritt einer Mezzo-Königin. Sie kam in einem raffiniert gerafften schulterfreien roten Kleid, mit hochgesteckter Blondfrisur so wie auf dem CD-Cover herein gerauscht, warf sich in Positur und hatte schon vor dem ersten Ton gewonnen. Es gab zwar weder die großen Gesten einer Miniinszenierung noch die kleine Kostümshow. Doch als sich nach der Pause das Kleid zu einer Krinolinengröße wölbte und mit Ärmeln und Handschuhen ergänzte, gab es schon einen Extraapplaus.

Sonst genügten ihr die Bewegung ihrer Schultern, der Blick, der der musikalischen Pointe folgte, die kleine Geste, die sich nicht verselbstständigte. So bescheiden war Dmitry Sinkovsky nicht, als er im ersten Teil des Abends mit Antonio Vivaldis Konzert für Violine und Streicher (RV 242 „Psiendel“) als instrumentale Atempause auf die ersten beiden Arien folgte. Da hatte er wohl eine David-Garrett-Show vor Augen. Bei den anderen instrumentalen Stücken blieb DiDonato auf der Bühne, thronte in der Mitte, ließ sich von Scarlattis Sinfonia aus Tolomeo ed Allessandro oder der Passacaglia aus Händels Radamisto umspülen oder wogte wie eine Blume im Frühlingswind zur Ballettmusik aus Glucks Armida.

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Den Hauptteil freilich bestritt Joyce DiDonato mit der Faszination ihrer Stimme. Bestechend ist dabei die Perfektion ihrer Piani, die Fähigkeit, mit dramatischem Furor urplötzlich zuzulegen oder einen Ton einfach verhauchen zu lassen und damit zu gestalten. Sie beginnt furios mit der Arie der Berenice (Königin von Palästina) aus Berenice von Giuseppe Maria Orlandini (1676-1760) und demonstriert dabei rasant, wie souverän sie über leichte Koloraturen gebietet. Dass sie mit der Arie „Da torbida procella“ als Königin einen Kaiser als Retter aus stürmischer See besingt, ist offenkundig. Als Kontrast folgt „Intorno all'idol mio“ aus Orontea von Antonio Cesti (1623-1669) eine betörend poetische Mischung aus Schlaf-, Liebes- und Abschiedslied.

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Nach dem Vivaldi–Zwischenspiel gab es dann mit Claudio Monteverdi (1567-1643) und der großen Klage-Arie der von Nero verlassenen Kaiserin Ottavia „Disprezzata regina“ zu Abwechslung einen bekannten Hit aus L'Incoronazione di Poppea – das ist pars pro toto große Oper! Auch beim „Piangerò la sorte mia“ der Cleopatra aus Händels Giulio Cesare bleibt sie mit viel ausgekostetem Gefühl im populären Fahrwasser. Nicht ohne noch eine Lanze für Johann Adolf Hasse (1699-1738) – mit dessen Cleopatra-Arie „Morto col fiero aspetto“ zu brechen, die im Furor den Vergleich mit Händel nicht scheuen muss. Zum Schluss dann noch einmal (die auch als Zugabe wiederkehrende) jubelnde Bravour-Arie mit Koloraturkrönung: „Brilla nell'alma“ aus der kürzlich bei den Händelfestspielen in Karlsruhe so überzeugend ins rechte Licht gesetzten Händel-Oper Alessandro. Mit der ersten Zugabe legte sich Joyce DiDonato auch noch für Reinhard Keiser (1674-1739) mit der betörend schönen und traurigen „Lasciami piangere“ ins Zeug und schleuderte mit „Col versar, barbaro, il sanque“ noch eine zweite furiosen Giacomelli-Arie, diesmal aus dessen Oper Orlandini Berenice, Queen of Palestine ihrem dankbaren Publikum entgegen.

Offensichtlich hat der Barockboom der letzten Jahrzehnte einen Sog der Neugier bei den Interpretinnen und beim Publikum erzeugt, von dem auch vergessene Barockkomponisten profitieren, wenn sich der Ehrgeiz von Größen der Szene wie Joyce Didonato oder Cecilia Bartolie ihrer annehmen. Dass es dabei auch einen Wettbewerb zwischen deren Plattenfirmen gibt, kann der darbenden Branche, vor allem aber dem Publikum nur willkommen sein.




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Joyce DiDonato,
Sopran

Il Complesso Barocco

Dmitry Sinkovsky,
Leitung




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