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Xerxes (Serse)

Oper in drei Akten (HWV 40)
Libretto von
Musik von Georg Friedrich Händel

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: 3h 30' (eine Pause)

Konzertante Aufführung am Samstag, 15. Juni 2013, 19.00 Uhr
Großer Saal im Konzerthaus Dortmund

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Konzerthaus Dortmund (Homepage)
Konzertante Barockoper mit halbszenischen Einlagen

Von Thomas Molke / Fotos von Pascal Rest

Obwohl Händels drittletzte Oper Serse wegen ihres großen Misserfolgs bereits nach fünf Vorstellungen abgesetzt wurde und erst 1924, also fast 200 Jahre später, bei den Händel-Festspielen in Göttingen wiederentdeckt wurde, gilt sie mittlerweile neben Giulio Cesare in Egitto zu den meistgespielten Bühnenwerken des Hallenser Komponisten, was nicht allein der berühmten Auftrittsarie der Titelfigur "Ombra mai fù" zu verdanken sein dürfte, in der Xerxes seine Liebe zu einer Platane besingt und die als "Largo" bereits kurz nach der Uraufführung einen Siegeszug durch Europa antrat. Auch die oft einteiligen Arien, bei denen Händel auf langatmige Da-capo-Formen verzichtet, um als Reaktion auf den Siegeszug der Beggar's Opera von Gay und Pepusch eine Erneuerung der Opera seria einzuleiten und den sinkenden Erfolg der Gattung zu stoppen, mögen zum großen Erfolg dieses unkonventionellen Werkes mit den zahlreichen parodistischen Zügen in der heutigen Zeit beitragen. Dass die konzertante Aufführung in Dortmund im Rahmen des Konzerthaus-Abonnements "Große Stimmen" nicht im Programm des derzeit in Dortmund stattfindenden Klangvokal Festivals aufgenommen wird, ist bedauerlich, da leider einige Plätze im Saal frei bleiben. Vielleicht wäre bei einer Erwähnung im Festival-Programm das Interesse auch außerhalb der Region größer gewesen, was diese hervorragende Produktion durchaus verdient hätte.

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Malina Ernman als Serse in ihrem Element (im Hintergrund: Jean-Christophe Spinose und L'Ensemble Matheus)

Die Handlung spielt im Jahr 480 v. Chr., als der persische König Xerxes (Serse) mit seinem Heer am Hellespont eine Brücke aus miteinander verbundenen Kriegsschiffen baute, um nach Griechenland überzusetzen. Das Libretto übernimmt aus der bei Herodot überlieferten Historie eigentlich nur die Episode, in der der König eine Platane wegen ihrer Schönheit mit goldenem Schmuck behängt. Ansonsten konzentriert sich die Oper auf die in der Opera seria typischen Liebesverwicklungen. Serse verliebt sich in Romilda, die Geliebte seines Bruders Arsamene. Atalanta, Romildas Schwester, hofft dadurch, Arsamene für sich zu gewinnen. Da Arsamene allerdings nicht von Romilda lassen will, schickt Serse ihn ins Exil. Amastre, Serses Braut, ist ihrem untreuen Geliebten heimlich gefolgt und hat sich als Soldat verkleidet, um unerkannt zu bleiben. Da Atalanta Serse überzeugen kann, dass Arsamene eigentlich sie und nicht Romilda liebt, beschließt Serse seinen Bruder zu begnadigen. Romildas Vater Ariodate missversteht den König, als dieser um die Hand seiner Tochter für einen Mann königlichen Geblüts anhält, und glaubt, dass Serse damit seinen Bruder meint. Folglich verheiratet er Arsamene mit Romilda. Als Serse daraufhin Romilda töten lassen will, stellt sich Amastre dazwischen, führt Serse seine Treulosigkeit vor Augen und will Rache nehmen. Doch Serse bereut sein Verhalten und bittet alle um Verzeihung.

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Ist nicht so unschuldig, wie sie aussieht: Roberta Mameli als Atalanta (mit Musikern von L'Ensemble Matheus)

Auch wenn es sich um eine konzertante Aufführung der Oper handelt, bekommt man als Zuschauer etwas für das Auge geboten, da die Solisten nicht wie einem Konzert statisch an ihren Notenständern vor dem Orchester stehen und ihre Partien vom Blatt absingen, sondern mit gezielten Auf- und Abtritten und darstellerischer Umsetzung des gesungenen Textes eine halbszenische Aufführung bieten. Dies beginnt bereits bei der berühmten Auftrittsarie der Titelfigur "Ombra mai fù", wenn Malena Ernman verträumt - und ohne Textbuch in der Hand - die Bühne während des kurzen vorausgehenden Rezitativs betritt und Serses Liebeslied an den Baum anstimmt. Später schleicht sich David DQ Lee als Serses Bruder Arsamene gemeinsam mit Christian Senn als Diener Elviro nahezu heimlich an und versteckt sich zunächst hinter dem Orchester, das ebenfalls ins Spiel einbezogen wird, wenn Elviro im zweiten Akt als getarnter Blumenverkäufer Romilda Arsamenes Liebesbrief überbringen soll und dabei Rosen im Orchester und auch im Zuschauerraum verteilt oder wenn Ernman zum Ausdruck von Serses Freude über seine bevorstehende Vermählung mit Romilda in der Arie "Per rendermi beato" im dritten Akt eine kleine Tanzeinlage präsentiert, die von Jean-Christophe Spinosi am Dirigentenpult übernommen wird.

Die Kostümierung greift ebenfalls den halbszenischen Charakter auf. So nimmt man Ernman in ihrer dunklen Hose und dem ärmellosen schwarzen T-Shirt mit den wallenden hellblonden Haaren den unberechenbaren Herrscher auch optisch ab. Während Adriana Kučerovás langes weiß-grünes Kleid Romildas unschuldigen Charakter unterstreicht und  Roberta Mameli als Atalanta ihr ärmelloses Kleid und ihren Schal geschickt für ihre Intrigen in Szene setzt, tritt Kristina Hammarström als Prinzessin Amastre in Hosen auf. Schließlich erscheint die Prinzessin ja als Soldat getarnt und will zunächst unerkannt bleiben. Nur die verspielte orangefarbene Bluse deutet an, dass es sich hierbei nicht um eine richtige Hosenrolle handelt.

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Der erzürnte Serse (Malena Ernman, Mitte) hindert Atalanta (Roberta Mameli, rechts) daran weiterzusingen (links: Jean-Christophe Spinosi mit L'Ensemble Matheus im Hintergrund)

Musikalisch wird der Abend dem Abonnement-Titel "Große Stimmen" in jeder Hinsicht voll gerecht. An erster Stelle ist hier natürlich Malena Ernman zu nennen, die mit ihrer beweglichen Stimme die zahlreichen Stimmungsschwankungen der Titelfigur großartig auslotet. So schlägt sie in ihrer Auftrittsarie verträumte und weiche Töne an, während in ihren Arien "Più che penso alle fiamme del core" im ersten Akt, wenn Serse seine neu entfachte Liebe zu Romilda besingt, und "Crude Furie degl' orridi abissi" im dritten Akt, wenn er sich von allen betrogen fühlt und die Furien herbeiruft, um an Arsamene und Romilda Rache zu nehmen, die Funken sprühen. Dabei überzeugt Ernman nicht nur mit einer makellosen Stimme, die sich von voluminösen Tiefen zu dramatischen Höhen emporzuschwingen versteht, sondern auch mit bewegendem Spiel, dass den konzertanten Charakter der Aufführung und teilweise sogar den Blick auf die Übertitel vergessen lässt. Auch die parodistischen Züge des Werkes kommen bei ihr nicht zu kurz, wenn sie beispielsweise Roberta Mameli im dritten Akt den Mund zuhält, weil Serse Atalantas Worten nicht länger zuhören will.

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Schlussapplaus: von links: Romilda (Adriana Kučerová), Atalanta (Roberta Mameli), Amastre (Kristina Hammarström), Serse (Malena Ernman), Jean-Christophe Spinosi, Arsamene (David DQ Lee), Ariodate (Luigi De Donato) und Elviro (Christian Senn), mit L'Ensemble Matheus im Hintergrund)

David DQ Lee zeichnet stimmlich und darstellerisch mit weichem Countertenor Serses Bruder Arsamene als einen passenden Gegenpart. Herrlich übertrieben präsentiert er die schmachtende Verliebtheit des jungen Mannes zu Romilda und beklagt nahezu herzzerreißend mit sauber gesetzten Spitzentönen sein Liebesleid. Dass er auch anders kann, beweist er in seiner großen Arie "Amor, tiranno Amor" im dritten Akt, in der er seine Geliebte Romilda verloren glaubt und die Liebe verflucht. Hier lässt Lee mit großer Dramatik Arsamenes Wut freien Lauf. Adriana Kučerová überzeugt mit lieblichem Sopran als von den Männern begehrte Romilda. Roberta Mameli setzt mit kokettem Spiel und klarem Sopran die intrigante Schwester Atalanta glaubhaft in Szene. Ein Höhepunkt stellt ihre Arie "Un cenno leggiadretto" am Ende des ersten Aktes dar, wenn sie einen Plan schmiedet, wie sie Arsamene für sich gewinnen kann. Bei den perlenden Koloraturen kann man dieser hinterlistigen Figur beinahe gar nicht richtig böse sein. So ist man denn auch froh, wenn sie am Ende nicht daran verzweifelt, dass ihre Intrige nicht aufgegangen ist, sondern davon überzeugt ist, eine andere gute Partie machen zu können.

Christian Senn überzeugt in der komischen Rolle des Dieners Elviro mit kräftigem Bariton und komödiantischem Spiel, das er vor allem in der Szene ausspielen kann, in der er als getarnter Blumenverkäufer Romilda den Brief übergeben soll, der dann allerdings bei Atalanta landet, wobei er in seiner Geschwätzigkeit auch noch die als Soldat getarnte Amastre einweiht. Kristina Hammarström gefällt als verschmähte Geliebte Amastre mit wohl-timbriertem Mezzo und beweglichen Koloraturen. Luigi De Donato hat als Romildas und Atalantas Vater Ariodate zwar nicht ganz so viel zu singen, liefert aber mit markantem Bariton ebenfalls ein stimmiges Rollenporträt. Jean-Christophe Spinosi führt L'Ensemble Matheus mit zielstrebiger Hand durch die Vielschichtigkeit der barocken Partitur, greift stellenweise auch selbst zur Violine und rundet somit den Abend zu einem in jeder Hinsicht gelungenen Konzerterlebnis ab, so dass es im Publikum derart frenetischen Applaus gibt, dass das Finale "Ritorna a noi la calma", in der die sechs Protagonisten freudig den glücklichen Ausgang der Geschichte besingen, als Zugabe noch einmal aufgenommen wird.

FAZIT

Bei einem solchen spielfreudigen Ensemble wird auch eine konzertante Aufführung zu einem szenischen Erlebnis.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Jean-Christophe Spinosi

 

L'Ensemble Matheus



Solisten

Serse
Malena Ernman

Arsamene
David DQ Lee

Amastre
Kristina Hammarström

Romilda
Adriana Kučerová

Atalanta
Roberta Mameli

Ariodate
Luigi De Donato

Elviro
Christian Senn



Weitere Informationen
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Konzerthaus Dortmund
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