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Alte Musik bei Kerzenschein
Joyce DiDonato "Drama Queens"


Aufführungsdauer: ca. 2h 20' (eine Pause)

Sonntag, 10. Februar 2013, 17.00 Uhr
Alfried Krupp Saal in der Philharmonie Essen

 



Philharmonie Essen
(Homepage)

Drama Queens in der Barockmusik

Von Thomas Molke / Fotos von Sven Lorenz

Bereits bei ihrem Liederabend im Rahmen der Münchner Opernfestspiele 2012 hat Joyce DiDonato in einer Zugabe einen Vorgeschmack auf das Programm gegeben, mit dem sie seit Beginn dieser Spielzeit durch die Konzertsäle tourt. Unter dem Titel "Drama Queens" präsentiert die Gewinnerin des Grammy Awards 2012 in der Kategorie "Best Classical Vocal Solo" Arien von schillernden Herrscherinnen der Mythologie und Antike, denen zahlreiche Barockkomponisten in ihren Werken ein Denkmal gesetzt haben. Gemeinsam mit dem aus Italien stammenden Barockorchester Il Complesso Barocco hat DiDonato sich das Ziel gesetzt, mit diesen Auszügen Perlen des Barocks, die seit Jahrhunderten im Verborgenen schlummern, dem Vergessen zu entreißen. Nun hat sie diese Tournee erneut in die Philharmonie Essen geführt, wo sie 2010 mit dem Echo Klassik ausgezeichnet wurde.

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Joyce DiDonato als Cleopatra

In einer scharlachroten Seidenrobe, die die britische Stardesignerin Vivienne Westwood exklusiv für DiDonatos Tournee entworfen hat, präsentiert DiDonato die unterschiedlichen Gefühle der "Drama Queens" in den einzelnen Arien, wobei das Wechselbad der Gefühle zwischen sehnsuchtsvoll liebend, verzweifelt und rachsüchtig durch das leuchtende Rot der Robe unterstützt werden soll. Der ausladende Schnitt des Kleides erinnert dabei an ein in der Barockoper typisches Kostüm und wird je nach Charakter der Rolle durch aufwendige Ärmel oder einen Schal variiert. DiDonato macht dabei in jeder einzelnen Partie eine hervorragende Figur auf der Bühne, auch wenn ihr bei ihren Auf- und Abtritten entweder die Schuhe oder die Länge des Kleides kleine Probleme zu bereiten scheinen.

Der Abend beginnt mit dem sehr inniglichen Arioso "Intorno all'idol mio" aus der Oper L'Orontea von Antonio Cesti. Orontea, die Königin von Ägypten, verliebt sich in dieser Oper in den vermeintlichen Schäfer Alidoro, der sich letztendlich als phönizischer Prinz entpuppt, und fleht in der präsentierten Arie die Träume des Hirten an, ihm ihre Liebe zu offenbaren. DiDonato präsentiert die verliebte Orontea mit einem weichen Mezzo und zeichnet die Figur als durch ihre Gefühle geschwächte Königin. Dass sie auch andere Gefühle stimmlich transportieren kann, beweist DiDonato im Anschluss in der Arie der Ottavia aus Monteverdis L'Incoronazione di Poppea, in der sie Neros Untreue beklagt. Ein musikalischer Höhepunkt vor der Pause dürfte die Arie der Irene aus Geminiano Giacomellis Merope darstellen. Auch wenn der Komponist genauso unbekannt sein dürfte wie das Werk, hat man die Arie vielleicht schon einmal gehört, weil Vivaldi sie in sein Opern-Pasticcio Bajazet, wenn auch mit leicht abgeändertem Text, einbaute. In wunderbaren Koloraturen beklagt DiDonato das Schicksal der Prinzessin, deren Ehemann ähnlich untreu ist wie Nero im vorhergehenden Stück. Auch die letzte Arie vor der Pause ist mit Giuseppe Maria Orlandini einem heutzutage größtenteils vergessenen Komponisten gewidmet. In der Schiffbruch-Arie der Berenice aus der gleichnamigen Oper, trotzt DiDonato hier mit aufregenden Koloraturen dem heftigen Sturm, den das Orchester mit großartigen Wogen heraufbeschwört.

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Joyce DiDonato und Dmitry Sinkovsky

Nach der Pause geht es mit Cleopatra weiter, die an einem solchen Abend natürlich nicht fehlen darf. Nach der Arie "Morte col fiero aspetto", aus Johann Adolf Hasses Oper Antonio e Cleopatra, in der Cleopatra dem drohenden Tod trotzt und die DiDonato mit leidenschaftlichem Feuer und regelrechtem Furor präsentiert, geht es mit Händels berühmter Arie "Piangerò la sorte mia" wesentlich ruhiger zu. Auch in der Arie der Ifigenia aus Giovanni Portas Oper Ifigenia in Aulide, in der Ifigenia vor ihrem Opfertod von ihrer Mutter Abschied nimmt, versetzt DiDonato mit ihrem zarten Gesang das Publikum der Philharmonie regelrecht in Trance, so dass man eine Stecknadel fallen hören könnte. Nach dieser Arie verharrt das Publikum sichtlich bewegt in Schweigen, bevor es in frenetischen Applaus verfällt.

Das Orchester Il Complesso Barocco erhält ebenfalls die Möglichkeit zu beweisen, dass es mehr kann, als die hervorragende DiDonato musikalisch zu begleiten. In Vivaldis Konzert für Violine, Streicher und Basso präsentiert sich der musikalische Leiter Dmitry Sinkovsky als regelrechter Teufelsgeiger, und das Orchester, bei dem fast alle Musiker im Stehen spielen, belegt, wieso es zu den international renommiertesten Barock-Ensembles zählt. Nach diesem grandiosen Abend lässt man DiDonato natürlich nicht ohne Zugaben gehen. Wer die CD zum Konzert schon vorher kannte, wusste auch, dass im Konzert nicht alle Nummern präsentiert wurden, die auf der CD zu hören sind. So gab es Galsuindes eindringliche Arie "Lasciami piangere" aus Reinhard Keisers Oper gleich zweimal als Zugabe. Denn auch nach der zweiten Zugabe "Col versar, barbaro, il sangue" aus Orlandinis Berenice, in der die Titelfigur mittlerweile zu einer rachsüchtigen Furie mutiert ist, was DiDonato dadurch glaubhaft macht, dass sie aus dem ihr überreichten Blumenstrauß einzelne Blütenblätter herausreißt, will das Publikum DiDonato noch nicht gehen lassen.


FAZIT

Joyce DiDonato präsentiert mit grandioser Stimme und einmaligem Charme einen Streifzug durch die Barockmusik. Wer diesen Abend nicht live erleben kann, hat die Möglichkeit, diese wunderbaren Arien auf CD (erschienen bei Virgin Classics) zu erleben.



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Ausführende

Joyce DiDonato, Mezzosopran

Il Complesso Barocco

Dmitry Sinkovsky, Violine, Musikalische Leitung


Werke

Antonio Cesti
"Intorno all'idol mio"
Arie der Orontea (Königin von Ägypten)
aus L'Orontea

Domenico Scarlatti
Sinfonia aus Tolomeo ed Alessandro

Claudio Monteverdi
"Disprezzata regina"
Arie der Ottavia (Kaiserin von Rom)
aus L'Incoronazione di Poppea

Geminiano Giacomelli
"Sposa, son disprezzata"
Arie der Irene (Prinzessin von Trebison)
aus Merope

Antonio Vivaldi
Konzert für Violine, Streicher und Basso
continuo d-Moll, op. 8 Nr. 7, RV 242
per Pisendel

Giuseppe Maria Orlandini
"Da torbida procella"
Arie der Berenice (Königin von Palästina)
aus Berenice

Johann Adolf Hasse
"Morte col fiero aspetto"
Arie der Cleopatra (Königin von Ägypten)
aus Antonio e Cleopatra

Georg Friedrich Händel
"Piangerò la sorte mia"
Arie der Cleopatra (Königin von Ägypten)
aus Giulio Cesare

Georg Friedrich Händel
Passacaglia aus Radamisto

Giovanni Porta
"Madre diletta, abbracciami"
Arie der Ifigenia (Prinzessin von Mycenae)
aus Ifigenia in Aulide

Christoph Willibald Gluck
Ballettmusik aus Armide

Georg Friedrich Händel
"Brilla nell' alma"
Arie der Rossane (Prinzessin von Persien)
aus Alessandro

 


Weitere Informationen
erhalten Sie von der

Philharmonie Essen
(Homepage)



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