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Musik zur Advents- und Weihnachtszeit


Dezember 2013

Kaisersaal im Rathaus zu Frankfurt am Main
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Festliche Klänge jenseits des Trubels

Von Dr. Ingo Negwer

Draußen zwischen Dom und Römer drängen sich die Menschen durch die engen Gassen des Weihnachtsmarkts. Am Sonntagabend ist noch kaum ein Durchkommen zwischen Krippe, Karussell und unzähligen Verkaufsständen. Doch im Kaisersaal, Frankfurts "guter Stube", kehrt Ruhe ein, gespannte Erwartung auf die musikalischen Dinge, die da kommen. - Mit gleich zwei Konzerten zur Adventszeit lud das Forum Alte Musik zum stimmungsvollen Saisonausklang. Am 1. Dezember war zunächst das Vocalensemble am Frankfurter Kaiserdom zu Gast. Zwei Wochen später, am dritten Adventssonntag setzte La Stagione Frankfurt mit seinem schon traditionellen Weihnachtskonzert den festlichen Schlusspunkt.

Szenenfoto

Hinter Butzenscheiben: Weihnachtsmarkt auf dem Römerberg
(Foto: Ingo Negwer)

Das Vokalensemble am Kaiserdom wurde im Sommer 2011 von Dommusikdirektor Andreas Boltz gegründet und widmet sich schwerpunktmäßig der A-Capella-Literatur von der Renaissance bis zur Gegenwart. Im gut gefüllten Kaisersaal bot es zusammen mit Mitgliedern des Neumeyer Consorts geistliche Chor- und Instrumentalmusik von Andrea und Giovanni Gabrieli, Girolamo Frescobaldi, Heinrich Schütz, Johann Sebastian Bach u.a. Dabei glänzte der gut zwanzigköpfige Kammerchor mit exzellenter Stimmkultur und präzise ausgewogenem Klang. Allerdings ging die gemischte, nicht nach Stimmen geordnete Aufstellung bei den polyphonen Werken etwas auf Kosten der Transparenz, wozu die Akustik des Saals ihr Übriges tat. Nichtsdestotrotz erklangen Bachs Motette "Nun Lob mein Seel den Herren" BWV 28, das "Deutsche Magnificat" von Heinirch Schütz sowie Andrea Gabrielis Weihnachtsmotette "Angelus ad pastores ait" in höchst beachtenswerten Interpretationen. "Ein Kind ist uns geboren" und "Verbum caro factum est" aus Schützens "Kleinen geistlichen Konzerten" wurden in ungewohnt chorischer Besetzung ebenfalls überzeugend dargeboten. Felix Koch (Violoncello), Toshinori Ozaki (Theorbe) und Markus Stein (Cembalo) rundeten das Programm mit virtuosen Instrumentalstücken von Frescobaldi, Böddecker, Kapsberger und Storace ab. Schließlich erklang Bachs "Lobet den Herrn" BWV 230 als jubelndes Gotteslob. Das Publikum zollte begeisterten Beifall und durfte in der anschließenden Zugabe, Michael Praetorius' "Es ist ein Ros entsprungen", mit einstimmen.

Szenenfoto

Konzertpause im Kaisersaal: Johanna Seitz (Harfe), Toshinori Ozaki (Theorbe)
(Foto: Ingo Negwer)

Das "Festliche Weihnachtskonzert" am dritten Adventssonntag wurde von La Stagione Frankfurt mit Georg Philipp Telemanns Ouvertüre D-Dur für zwei Traversflöten, Streicher und Basso continuo eröffnet. Das international renommierte Barockorchester und sein Leiter Michael Schneider sind neben dem Neumeyer Consort Artists in Residence der Kaisersaalkonzerte. So gebührt ihnen quasi von Haus aus der krönende Abschluss der diesjährigen Konzertreihe. Frisch und temperamentvoll nahmen sie sich des Spätwerks an, das Telemann 1763 im hohen Alter von 82 Jahren komponierte und einmal mehr unter Beweis stellte, dass er den zu jener Zeit modernen "galanten" Stil der weitaus jüngeren Komponistengeneration bestens beherrschte.

Johann Sebastian Bach verlangt in seiner ca. 1737/38 komponierten Messe A-Dur BWV 234 die gleiche Orchesterbesetzung mit zwei Traversflöten wie Telemann in seiner Ouvertüre D-Dur und pflegt in dieser "lutherischen" Messe, die heute neben der berühmten großen H-Moll-Messe eher ein Schattendasein führt, ebenfalls einen zukunftsweisenden Stil. Im Kaisersaal wurde das Werk in solistischer Besetzung aufgeführt, einer Praxis, die namhafte Experten der Bach-Forschung mit durchaus guten Gründen als authentisch dargelegt haben. Dass diese Aufführungspraxis hinsichtlich der Balance zwischen Stimmen und Instrumenten keine Probleme bereitet, konnte auch das hervorragende junge Solistenquartett unter Beweis stellen: Jasmin Hörner (Sopran), Christian Rohrbach (Altus), Sören Richter (Tenor) und Richard Logiewa (Bass) überzeugten vor allem in den Tutti-Abschnitten der Messe zusammen mit La Stagione durch ein transparentes, aber zu keiner Zeit sprödes Klangbild. Hier wurde intensiv und engagiert musiziert.

Szenenfoto

Jasmin Hörner, Christian Rohrbach, Michael Schneider, Sören Richter, Richard Logiewa (v.l.n.r.), La Stagione Frankfurt
(Foto: Ingo Negwer)

Gleiches gilt auch für das letzte Stück des Abends, der Cantata per la Notte di Natale "Ah, troppo è ver", die Alessandro Stradella um 1675 für eine jener Feiern komponiert hatte, die jeweils am Heiligen Abend im Vatikanischen Palast stattfanden. Die Weihnachtsgeschichte wurde seinerzeit in Rom bildreich und mit durchaus opernhaften Mitteln aufgeführt. Da wütet zu Beginn der gefallene Erzengel Luzifer und ruft die Furien zum Rachefeldzug, ehe Maria, Joseph, die Hirten und "richtigen" Engel die Szene einnehmen und schließlich vom Sieg des Himmels über die Finsternis der Hölle künden. Richard Logiewa als Luzifer, Jasmin Hörner als Engel und erster Hirte, Sören Richter als Hirte sowie Caroline Ballmann in der Rolle der Jungfrau Maria und Christian Rohrbach als Joseph erweckten das seltene Werk zu neuem, sprühendem Leben. La Stagione Frankfurt begleitete die außergewöhnliche Weihnachtsgeschichte temperamentvoll und mit einer facettenreichen, großen Continuogruppe, bestehend aus Harfe, Theorbe, Cembalo und Orgel: Ein wahrlich festlicher Ausklang des diesjährigen Weihnachtskonzerts.

Pünktlich mit dem letzten Akkord erlosch draußen vor dem Römer der große Christbaum. Das Publikum im ausverkauften Kaisersaal feierte die Mitwirkenden mit lang anhaltendem Applaus und bekam zum Dank Bachs "Jesu bleibet meine Freude" als Zugabe dargeboten.




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Ausführende

Konzert am 1. Dezember 2013:

Vocalensemble am
Frankfurter Kaiserdom

Neumeyer Consort

Leitung: Andreas Boltz


Konzert am 15. Dezember 2013:

Jasmin Hörner (Sopran)
Caroline Ballmann (Sopran)
Christian Rohrbach (Altus)
Sören Richter (Tenor)
Richard Logiewa (Bass)

La Stagione Frankfurt

Leitung: Michael Schneider



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